Das Geheimnis von Compton Lodge
vom Fluch, der auf dem Anwesen liege. Und das machte sich wiederum die Bruderschaft zunutze. Ich bin überzeugt, dass dieser Vorschlag von ihr stammte. In jedem Fall«, Holmes nahm ein schmales Bündel Papiere vom Kaminsims und gab es Bradstreet, »sollte das hier auch noch an Scotland Yard gehen.«
Der Inspektor nahm es in die Hand und warf einen kurzen Blick darauf.
»Ohne Ihre bemerkenswerten Fähigkeiten abwerten zu wollen, aber das sind Methoden, die wir nicht einsetzen dürfen. Vielleicht haben Sie auch deswegen manchmal mehr Erfolg als wir.«
»Vielleicht, Bradstreet, vielleicht.«
Holmes zog seinen mausgrauen Morgenmantel zu. Dann wandte er sich zum Kamin, entnahm dem persischen Pantoffel Tabak, stopfte seine Pfeife und setzte sich zu uns.
»Warum hing eigentlich dieses merkwürdige Landschaftsbild in der St. Martinâs Church?«, wollte ich von meinem Freund wissen.
»Sie müssen versuchen, die oft absonderlich anmutenden Rituale von Geheimbünden zu begreifen, das Bewahren von Traditionen, ihr Vermächtnis, das geistige Erbe. Die St. Martinâs Church war über Jahrhunderte der Treffpunkt der Bruderschaft gewesen. Nachdem Compton Lodge ihr Sitz geworden war, legten die Mitglieder eine Spur in Form eines Bildrätsels, wodurch man zu ihnen finden konnte. Ganz so, als hinterlege man einen geheimen Schlüssel, der, selbst im Falle des Niedergangs des Geheimbundes, einen Hinweis auf ihr Vermächtnis geben würde.«
»Es sieht ganz so aus, als gehe es in diesem Fall immer wieder um das Erbe, in welcher Form auch immer«, stellte ich fest.
»Ganz richtig, Watson. Bleibt nur noch eine Frage unbeantwortet«, begann Holmes erneut.
»Cousin Walter und der Pfarrer!«, bemerkte ich.
»Exakt, mein Lieber. Ich hatte also durch die Unterlagen in dem geheimen Zimmer einen genauen Einblick in die Untersuchung dieses Falls, die wohl von Inspektor Kingslay innerhalb der Kirche durch die Bruderschaft durchgeführt wurde. Den Pfarrer zu enthaupten, nachdem man ihn entlarvt hatte, war ein klares Signal an die Helfershelfer. Sie erinnern sich doch sicherlich an diese alte Geschichte, als man zwei tote männliche Leichen im Meer treibend gefunden hat. Kein Kopf, keine Hände, keine FüÃe. Seien Sie versichert, dass dies die beiden Komplizen waren.
Der erste Verdacht übrigens, ein Kirchenmann könne an dem Raub beteiligt gewesen sein, kam dadurch auf, dass es besonderer Fähigkeiten bedurfte, das Tor zur Krypta zu öffnen, denn es war äuÃerst robust und gut gesichert. Sie erinnern sich sicherlich, dass ich damals in der Kathedrale darauf hingewiesen habe, werter Freund? Dazu beging Pfarrer Minster einen folgenschweren Fehler. Nachdem Walter geflohen war und er nicht weiter wusste, hat er schlieÃlich, nach eineinhalb Jahren, den wertvollen Schatz des Nachts in einem Sack auf die Stufen des Bischofssitzes gelegt. Watson, Sie haben sogleich das Bild erkannt, es sah aus wie ein Findelkind. Ein so stark christlich behaftetes Motiv stammte wahrscheinlich von einem Kirchenmann. Als Minster schlieÃlich ein halbes Jahr später um Versetzung aus Canterbury bat, heftete sich die Bruderschaft an seine Fersen.«
»Eigentlich hätte er den Goldschatz auch gleich in ein Weidenkörbchen legen können«, bemerkte Bradstreet grinsend. Wir brachen in lautes Gelächter aus.
Als sich der Inspektor verabschiedet hatte, saÃen wir eine Weile schweigend da, bis Holmes meinen Gedanken unterbrach.
»Aber natürlich wissen Sie das.«
Ich schreckte hoch.
»Weià ich was, Holmes?«
»Na, wo Sie dem Farnkraut begegnet sind. Sie haben doch gerade daran gedacht, oder etwa nicht? Ich habe Sie vor vielleicht fünf Minuten auf die Blätter hier starren sehen. Es sind dieselben Papierbogen, auf die ich auch Ihren Krankenbericht geschrieben hatte. Dann wanderte Ihr Blick durch das Zimmer und hat an der strauchartigen Pflanze neben der Eingangstür verharrt. Sie haben sich an Ihre Bemerkung über das Farnkraut erinnert, und daran, dass es Ihnen bei unserem Abenteuer nicht begegnet ist.«
Ich war verblüfft.
»Das stimmt, alter Junge. Nicht zu glauben.«
»Und wollen Sie nicht wissen, wo es uns begegnet ist?«
»Heraus mit der Sprache!«
»Bei unserem Besuch im Klostergarten.«
Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn.
»Tatsächlich, Sie haben Recht.«
»Was bedeuten könnte,
Weitere Kostenlose Bücher