Das Geheimnis von Compton Lodge
sagte, es sei sehr aufschlussreich, dass es keinerlei Hinweis auf den Admiral gab. Das war ein klares Indiz dafür, dass man ihn hatte verschwinden lassen. Sie waren ebenfalls im Garten. Ihnen ist doch sicherlich die ungewöhnliche Tatsache aufgefallen, dass man im Erdgeschoss Fensterläden angebracht hat. Nicht unbedingt üblich, würde ich meinen. Lassen Sie uns noch eine abschlieÃende Zigarette rauchen. Ich denke unsere Arbeit ist getan, vielleicht erreichen wir noch den Zug nach London am frühen Nachmittag.«
XVIII. Zurück in der Baker Street
Zwei Wochen später läutete es an der Tür, als ich mich gerade im Lehnstuhl vor dem Kamin niedergelassen hatte. Es dauerte nicht lange, bis Mrs. Hudson hereinkam und Inspektor Bradstreet ankündigte.
»Danke. Wenn Sie so freundlich wären, ihn einzulassen.«
Sie nickte und verschwand aus der Tür, in der bereits mein Besucher stand und mich wohlwollend musterte.
»Kommen Sie herein, Inspektor. Bei diesem Wetter sollte man nicht einmal einen Hund vor die Tür jagen. Darf ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee, Tee, Brandy?«
»Einen Tee und einen Brandy, bitte.«
Ich informierte Mrs. Hudson bezüglich des Tees und schenkte meinem Gast einen Brandy aus.
»Wo ist Holmes?«, wollte er wissen.
»Er liegt im Bett und schläft.«
»Dass Butler seinen Onkel auf dem Gewissen hatte, konnte ich im ersten Moment nicht glauben. Als ich dann aber die Unterlagen der Bruderschaft gelesen habe, war für mich die Tat zumindest nachvollziehbar.«
»Die Tatsache, dass man einen hohen kirchlichen Würdenträger ermordet hat, wies für mich sogleich auf eine Vendetta oder eine familiäre Geschichte hin.«
Ich zuckte zusammen, denn Holmes war unbemerkt aus seinem Zimmer gekommen und stand direkt hinter uns.
»Es war doch allzu offensichtlich. Mir war recht schnell klar geworden, dass der Admiral nicht einfach verschwunden sein konnte. Als es Sir Edward gesundheitlich schlechter ging, hat er seinen Freund gebeten, die Abläufe das Erbe betreffend zu übernehmen. Die testamentarische Verfügung war dergestalt, dass der persönliche Vertreter des Erblassers in seiner Befugnis, das Erbe zu verteilen, frei war. Der Admiral schien dem Wunsch seines Freundes Genüge tun zu wollen, das Erbe der Anglikanischen Kirche zu übereignen. Als jedoch nach dem Tod von Sir Edward deutlich wurde, dass allein Cousin Walter für den Raub verantwortlich zeichnete, war der Admiral wohl der Meinung, dass Ihrem Bruder, aber vor allem Ihnen, Watson, zumindest ein gewisser Anteil des Erbes zustand. Ich gehe davon aus, dass gewisse hochrangige Personen innerhalb der Kirche damit nicht einverstanden waren. Nach dem Verschwinden des Admirals tauchte dann ein Dokument auf, aus dem eindeutig hervorging, dass er Sir Edwards Vermögen der Kirche zugesprochen hatte. Ich habe es eingesehen und bin mir sicher, dass die Unterschrift gefälscht wurde. Watson hätte also durchaus eine Handhabe gegen die Kirche, aber wie er mir versichert hat, hegt er kein Interesse, die Angelegenheit zu verfolgen.«
»Wie haben Sie es eigentlich bewerkstelligt, an die Schlüssel der Kathedrale zu kommen?«, wechselte der Inspektor das Thema.
»Der Erzbischof war in die letzten Schritte meiner Nachforschungen eingeweiht. Von ihm hatte ich sowohl die Schlüssel zur Krypta als auch zum Seitenportal des Gotteshauses. Ãbrigens deutete ich in meiner Nachricht an Butler an, dass dieses Portal nicht verschlossen sein würde. Dennoch habe ich in diesem Punkt versagt, denn ich war überzeugt davon, diese Tragödie verhindern zu können.«
»Es wäre ohnehin passiert, der Junge hatte seinen Entschluss gefasst«, versuchte ich ihm zu entgegnen. Holmes lächelte wenig überzeugt.
»Während Watsons ausgiebigem Strandspaziergang mit Butler konnte ich die Unterlagen, die dieser aus der Aktentasche und aus dem Schreibtisch seines Onkels entwendet hatte, einsehen. Daraus ging klar hervor, dass man das Problem Admiral Butler beseitigt hatte. Die Ermordung von Sir Edwards Erbverwalter hätte wahrscheinlich ein schlechtes Licht auf die Kirche als einzig Begünstigte geworfen. Also entschied man sich dafür, ihn verschwinden zu lassen. Als dann aber im Laufe der Zeit Stimmen laut wurden, dass etwas bei der Ãbernahme von Compton Lodge durch die Kirche nicht mit rechten Dingen zugegangen sei, erfand man die Geschichte
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