Das Geheimnis von Digmore Park
Pfarrer wohl auf seinen Versehgängen in kalten Nächten trug. „Hat dieser Mantel auch eine Kapuze?“
Zufrieden stellte er fest, dass der Geistliche nickte. Mit einem Griff holte er den Mantel vom Haken: „Den nehmen wir mit“, erklärte er, als sei dies das Selbstverständlichste auf der Welt, und weil er schon so mutig war, fügte er hinzu: „Es wäre hilfreich, Reverend, wenn Ihr Geldbeutel gut gefüllt wäre. Ich bin sicher, wir werden einiges an Münzen brauchen.“
Die Überraschung des Geistlichen wandelte sich in Empörung. „Was bist du denn für ein unverschämter Bursche!?“, rief er aus. „Denkst du denn allen Ernstes, ich werde auch noch dafür bezahlen , einem Sterbenden Beistand zu leisten? So etwas habe ich nicht nötig! Es spielt keine Rolle, ob der Herr von Adel ist oder nicht. So nimm doch deine Finger von meinem Arm!“
Charlie zuckte zurück. Er hatte dem Geistlichen beruhigend die Hand auf den Arm legen wollen, doch anscheinend hatte er mit dieser Geste das Gegenteil erreicht.
„Keine Sorge“, stammelte er schnell, „Sie erhalten Ihr Geld ja wieder. Und noch viel mehr als das. Vertrauen Sie mir.“
Der Pfarrer schüttelte den Kopf, und zuerst hatte es den Anschein, als wollte er seinen Kutscherrock wieder ausziehen. Zum Glück hatte die Haushälterin eine Vorliebe für den Burschen gefasst, und zusammen gelang es ihnen, den Pfarrer doch noch zu überzeugen, nach Southampton aufzubrechen. Sein Fahrstil war schneidig, und so erreichten sie den Hafen schneller, als Charlie dies anfangs gedacht hatte. Doch lange nicht so schnell, wie Frederick Dewary es sich gewünscht hätte.
Es klopfte an der Kammertür. Dewary riss sie auf und hieß die Ankommenden mit einem nicht gerade freundlichen „Na endlich!“ willkommen.
Sein Bursche stand grinsend auf der Schwelle, der Pfarrer war oben an der Treppe aufgehalten worden. Die Wirtin stand ihm mit in die Hüften gestemmten Armen gegenüber und begehrte zu wissen, was ein Pfaffe in ihrem Haus verloren habe – in einem Tonfall, den der Reverend nicht unwidersprochen hinnehmen wollte.
„Ich bin hier, um einem Sterbenden Beistand zu leisten, gute Frau.“ Während die gute Frau noch nach Luft schnappte, setzte er hinzu: „Wobei ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, warum ein Mann seines Formats sich ausgerechnet dieses heruntergekommene Etablissement für seinen letzten Weg ausgesucht hat.“
„Sterben?! In meinem Haus stirbt niemand! Das wüsste ich doch, wenn hier jemand sterben würde, schließlich bin ich die Wirtin!“
„Im Gegensatz zu Vertretern meines Berufsstandes wissen Wirtinnen nicht immer alles“, belehrte sie der Reverend in seinem besten nasalen Tonfall. Dieser Grad von Arroganz brachte die Wirtin erst recht dazu, ungläubig zu schnauben. Charlie hielt es für angebracht zu vergessen, dass der Pfarrer ihm verboten hatte, seinen Unterarm anzufassen. Er packte ihn an eben diesem und zog ihn in den Raum. Laut krachte die Tür hinter ihm ins Schloss, bevor das Klacken des Schlüssels verkündete, dass zugesperrt worden war.
„He, was soll denn das schon wieder, Bursche? Wie kommst du dazu, den Raum abzusperren?“
Den Pfarrer beschlich ein ungutes Gefühl. Hier war nichts so, wie es sein sollte. Die Betten waren zerwühlt, doch leer. Ein Mann stand am Fenster. In welche Falle hatte man ihn da gelockt? Er beschloss, dass Angriff die beste Verteidigung war. „Her mit dem Schlüssel!“
Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte sich in einen Kampf mit dem Diener eingelassen, der triumphierend den Schlüssel vor seinen Augen schwenkte. Doch der Mann am Fenster hielt es für an der Zeit einzugreifen.
„Warum hat das so lange gedauert? Ich habe dich kutschieren gelehrt, Simon. Da habe ich erwartet, du würdest ein schnelles Tempo anzuschlagen in der Lage sein.“
Der Pfarrer, so unerwartet mit dem Vornamen angesprochen, vergaß den Schlüssel und fuhr herum. „Was zum Henker …?!“
Der Mann am Fenster hatte sich umgedreht, und Simon Bishop starrte ihn an. Diesen Mann hatte er noch nie zuvor gesehen! Diesen Mann hatte er noch nie zuvor gesehen? Er trug einen Vollbart. Keiner, den er kannte, trug einen Vollbart. Doch, langsam dämmerte es ihm, dass er diesen Mann sehr wohl kannte. Solch dunkelblaue Augen hatte sonst niemand. „Dewary?“
Das breite Grinsen, das nun in das Gesicht seines Herrn trat, wärmte Charlies Seele. Er hatte ihn seit Wochen nicht mehr so lächeln gesehen. Anscheinend war der
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