Das Geheimnis von Digmore Park
Zeichen, ihm den braunen Umhang zu reichen. „Da, nimm meinen Mantel und zieh dir die Kapuze tief ins Gesicht. Zum Glück bin ich mit der geschlossenen Kutsche gekommen, sodass wir nach Winchester fahren können, ohne Gefahr zu laufen, dass du von jemandem erkannt wirst. Obwohl du derzeit ohnehin kaum Ähnlichkeit hast mit dem stets schmucken, auf modischen Schnickschnack bedachten Major Dewary, den die Leute kennen.“
Frederick empörte sich zum Schein: „Auf modischen Schnickschnack bedacht? Hältst du mich für einen verdammten Dandy? Ich bin in erster Linie Offizier, ein Mann von Ehre …“
„Und der langen Worte, wie mir scheint“, ergänzte Simon Bishop trocken. „Wenn wir noch heil ankommen wollen, bevor die Dunkelheit hereinbricht, dann ist es höchste Zeit, sich auf den Weg zu machen.
5. Kapitel
Major Dewary ergriff den braunen Umhang, zögerte jedoch, ihn anzuziehen. „Es tut gut, dich zum Freund zu haben, Bishop. Aber hältst du es wirklich für klug, wenn ich dein Angebot annehme? Sobald bekannt ist, und ich nehme an, dass sich dies in Kürze bis zum Friedensrichter herumspricht, dass ich die Armee verlassen habe, wird man hier in England nach mir suchen. Tauche ich weder auf Digmore Park noch in London auf, sind meine Freunde die erste Adresse, wo man nach mir suchen wird. Du magst mich in einem Hinterzimmer deines Pfarrhauses verstecken, man wird mich dort finden.“
„Ich hab’s mir überlegt, Major“, schlug Charlie vor, „ich bring Sie zu meiner Schwester. Sie lebt nicht weit von hier auf der anderen Seite des Hafens. Sie betreibt dort, wie ich Ihnen erzählt habe, das kleine Wirtshaus ‚Zum lachenden Kapitän’. Dort gibt’s zwar keine Zimmer so wie hier, aber irgendwie werden wir schon einen Platz für Sie finden.“
Der Offizier erwog diesen Gedanken, verwarf ihn jedoch schnell wieder. „Man weiß, dass du mein Bursche bist, Charlie. Also wird man nach dir suchen. Es ist verboten, einem gesuchten Verbrecher Unterschlupf zu gewähren. Ich möchte deine Familie keinesfalls in meine missliche Lage mit hineinziehen.“
Obwohl der Diener noch protestierte, klang es eher halbherzig. Er sah seine Schwester schon vor sich, wenn er mit dem Ansinnen zu ihr kam, einen gesuchten Mörder zu verstecken. Wie üblich würde sie nicht viele Worte machen, sondern ihn mit wüsten Beschimpfungen aus dem Haus jagen, ganz gleich, ob es sich um seinen Herrn handelte oder nicht und er von dessen Unschuld überzeugt war.
„Also, ihr seht, es bleibt mir nichts übrig, als hier auszuharren. Fahr du nach Digmore Park, Bishop. Und du, Charlie, hast hier nicht länger mehr etwas verloren. Nutze die Zeit für einen Besuch bei deiner Schwester. Doch halte dich zu meiner Verfügung. Wie lautet die Adresse, an der ich dich finden kann?“
Simon Bishop hatte sich in die Unterhaltung zwischen dem Major und seinem Diener nicht eingemischt. Denn eben war ihm eine Idee gekommen, eine Idee, die geradezu genial zu sein schien. Doch war sie es auch? Er grübelte einen Moment, während Charlie unter heftigen Protesten, dass er seinen Herrn nie und nimmer allein lassen würde, widerwillig die Adresse herausrückte.
„Kennst du die Familie Porter von Portland Manor südlich von Winchester? Bist du schon einmal persönlich dort gewesen?“, fragte Simon Bishop seinen Freund.
Major Dewary, von diesem unvermittelten Themenwechsel überrascht, hatte Mühe, ihm zu folgen: „Familie Porter? Ah, ich kann es mir vorstellen, du meinst den Earl of Portland. Ja, dem Mann bin ich ein-, zweimal begegnet. Eine wahre Sportskanone. Seine Lordschaft hat ein Gespann Grauer, dem im Lande kein anderes gleichkommt. Warum fragst du? Hast du vor, seine Lordschaft um Hilfe zu bitten?“
„Der Lord Portland, von dem du sprichst, ist tot.“
„Oh, das tut mir leid zu hören.“
„Der neue Lord Portland heißt Billy, vielmehr William, ist siebzehn Jahre alt und zurzeit in Eton.“
„Dann weiß ich allerdings nicht, wozu er uns nützlich sein könnte.“
„Billy ist uns zu gar nichts nütze. Ich spreche von Elizabeth Porter. Sie sucht einen neuen Stallmeister.“
„Lady Portland sucht einen neuen Stallmeister?“, wiederholte Dewary, nur um sicherzugehen, dass er seinen Freund richtig verstanden hatte.
„Nein, nicht Lady Portland, sondern Elizabeth Porter, Billys Schwester. Sie leitet Portland Manor so lange, bis ihr Bruder volljährig ist. Und sie war erst gestern bei mir mit der Bitte, ihr einen neuen Stallmeister zu
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