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Das Geheimnis von Islay Island

Das Geheimnis von Islay Island

Titel: Das Geheimnis von Islay Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morna Helen; Mulgray Mulgray
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Scheiben blitzte, ein Treppengiebeldach und die schottische Fahne mit dem Andreaskreuz, die schlaff an einem Mast hing. Nach einem Rechtsschwenk der Auffahrt gelangte ich auf einen großen Wendekreis vor dem Haus.
    »Imposanter Bau, was, Mieze?«
    Der ursprüngliche Burgfried oder Wohnturm aus grauem Sandstein war im Verlauf der Jahrhunderte ergänzt und »verschönert« worden, bis in viktorianischer Zeit ein pseudomittelalterliches Fantasiegebilde daraus entstanden war. Die beiden im rechten Winkel an den Haupttrakt anschließenden Seitenflügel waren von Treppengiebeln bekrönt, während kegelförmige Türmchen aus allen Ecken und Winkeln des Gebäudes sprossen. Eindrucksvolle, bodentiefe Fenster mit steinernen Mittelpfosten verrieten die Repräsentationsräume im Erdgeschoss, und ein Säulenportal bot eintreffenden Gästen vor schlechtem Wetter Schutz.
    Ich musste Gorgonzola wohl oder übel im Wagen lassen, um mit meinem neuen Arbeitgeber zu sprechen. Da ich zweifellos beobachtet wurde, konnte ich sie nicht einmal aus dem Korb befreien. Weil unmöglich vorauszusehen war, wie lange es dauern würde, bis ich zurückkam, konnte ich nichts anderes für sie tun, als das Auto im Schatten zu parken und das Fenster an der dem Haus abgewandten Seite so weit herunterzukurbeln, dass sie viel frische Luft bekam. Ich zupfte schnell die Jacke zurecht, damit sie die Luftzufuhr nicht behinderte, flüsterte leise »Immer noch im Dienst, Gorgonzola« und schritt, wie ich hoffte, mit dem würdevollen Gang einer Butlerin über den Kies.
    Die Eingangstür öffnete sich, und ein unsicher wirkender junger Mann mit einer starken Brille in schwarzem Rahmen eilte die Stufen herunter.
    »Ms Dorward, Sie sind eine Frau!« Er rang nervös die Hände. »Wir haben mit einem Mann gerechnet.«
    »Tatsächlich?« Meine Überraschung war nicht gespielt. Auch wenn Gerry mich gemahnt hatte, keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen, war ich davon ausgegangen, dass die Personalvermittlungsagentur Sir Thomas darüber informiert hatte, dass er es mit einer Frau zu tun haben würde.
    Ich fasste mich schnell. »Mir war nicht klar, dass dieser Umstand ein Problem darstellen könnte.« Mein Ton war frostig.
    »Ähm … nein, nein.« Nervös strich sich der junge Mann mit der Hand durchs Haar. »Keineswegs. Sir Thomas ist heute Nachmittag draußen am Fluss. Ich gebe ihm Bescheid, sobald er zurückkommt.« Er reichte mir eine ausgesprochen schlaffe Hand. »Willkommen auf Allt an Damh . Das heißt ›der Hirschbach‹, wissen Sie. Ich bin John Waddington, Sir Thomas Cameron-Blaiks Sekretär. Ähm … ähm … Sie werden sicher Ihre Unterkunft beziehen wollen, bevor ich Sie durchs Haus führe und Sie mit den Angestellten bekannt mache. Sie sind im Gärtnerhaus untergebracht.« Wahrscheinlich kam ihm der Gedanke, ich rechnete mit einem heruntergekommenen Nebengebäude und würde gleich auf dem Absatz kehrtmachen, denn er fügte hastig hinzu: »Natürlich ist es nach höchsten Standards renoviert.«
    Ich nickte gnädig, um deutlich zu machen, das sei ja auch das Mindeste.
    »Wenn Sie dort durchfahren«, er zeigte auf einen Torbogen zu unserer Linken, »finden Sie das Cottage nicht weit von den Stallungen. Kommen Sie doch um fünf Uhr rüber, dann führe ich Sie herum, danach empfängt Sie dann Sir Thomas und macht Sie … ähm … mit Ihren … ähm … Pflichten vertraut.«
    Als ich in meinen Wagen gestiegen war und davonfuhr, sah ich in den Rückspiegel. Noch immer stand Waddington am Fuß der Treppe und starrte mir hinterher.
    Das auffälligste Merkmal an der Gärtnerhütte, einem unscheinbaren Gebäude mit Schieferdach, war ein außergewöhnlich hoher Schornstein mit einer Kappe, die sich träge im Wind drehte. Wohl in edwardianischer Zeit hatte man Rhododendronsträucher gepflanzt, um das niedrige Gebäude vor dem Blick der Herrschaften im Hauptgebäude abzuschirmen. Im dunklen Blattwerk waren zwischen den verblühten Samenköpfchen schon die nächsten frischen Knospen zu sehen. Die Sträucher waren inzwischen zu kleinen Bäumen herangewachsen und erfüllten ihre Aufgabe besser denn je.
    Sobald ich sicher im Cottage war, stellte ich den Weidenkorb auf einen Stuhl und löste die Riemen.
    »Diese Büsche sind die idealen Jagdgründe für Katzen, Gorgonzola«, sagte ich beschwingt. »Du wirst dich hier ausgesprochen –«
    Ich hätte mir meine Worte sparen können. Sie war zur Tür hinausgeflitzt und unter den Büschen verschwunden. Kein Grund zur Sorge. Die

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