Das Geheimnis von Mikosma: Geblendet
Tor war verschwunden. Eine Elfe, die eine Kerze in der Hand trug, nahm das Mädchen in Empfang und geleitete es nach draußen . Leandra konnte es kaum erwarten , ihren zwei Freunden von diesem merkwürdigen Gespräch zu erzählen. Sie lief die weißen Marmorstufen hinunter und sprang in den bereits geöffneten Aufzug. Mit Erleichterung stellte sie fest, dass Luca und Henry bereits unten auf sie warteten. Als die gläsernen Türen aufgingen, sahen sie Leandra mit großen Augen an.
»Das kann doch nicht sein! Was machst du denn schon hier? Wir sind doch gerade erst aus dem Aufzug gestiegen! Hast du vor Alphata gekniffen und bist abgehauen?«
Henry blickte sie entsetzt an.
»Aber nein! Dieser Lehrerin entkommt niemand, glaubt mir! Sie hat mich in ihr Sprechzimmer gebeten. Alles kam mir vor wie eine Ewigkeit!«, antwortete Leandra verwundert.
»Hier scheinen die Uhren wirklich etwas anders zu ticken. Was hat sie gesagt?«, fragte Luca ungeduldig.
»Sie sprach von Vorzeichen, und dass diese so wären, wie damals«, sagte Leandra nachdenklich. »Aber bitte fragt mich jetzt nicht, was das zu bedeuten hat. Das weiß ich auch nicht. Ich habe keinen Mut gehabt, sie danach zu fragen.«
Sie schwieg eine Minute und tat so, als dächte sie krampfhaft nach.
»Ach ja«, sagte sie dann. »Alphata meinte zudem, dass ihr auf mich aufpassen sollt«.
Damit hatte Leandra mitten ins Schwarze getroffen, denn als sie diese schmeichelnden Worte hörten, hoben die beiden Jungen die Brust und machten sich besonders groß.
»Das ist doch Ehrensache!«, antworteten sie gleichzeitig.
»Wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich vor dem ge meinsamen Mahl mit den Magiern noch schnell in andere Kleider hüpfen«, bat Leandra lächelnd, trat in ihre Mitte und hakte sich bei ihren Freunden unter.
Auf dem Nachhauseweg grüßten die drei einige bekannte Gesichter, die sie von der Gruppenarbeit in der Schule kannten. So langsam fühlten sie sich heimisch unter all diesen Kindern. Leandra war heilfroh, als sie ihr Häuschen von Weitem erkannte und beschleunigte ihren Schritt. Als sie jedoch die Treppenstufen zu ihrem Zuhause betreten wollten , merkte Leandra, dass etwas nicht stimmte. Es war zu ruhig im Inneren.
»Was wird uns denn jetzt wieder erwarten?«, murmelte sie leise, während Luca die Haustüre öffnete.
Nachdem Leandra das Zimmer betreten hatte, blickte sie in die fragenden Augen ihrer Mitbewohner. Auch Tamina befand sich in ihrer Mitte und wischte sich mit einem seidenen Taschentüchlein eine Träne aus den Augen.
»Was ist passiert?«, frage Leandra erschrocken.
Alle Kinder sahen zur kleinen Fee.
Diese schnäuzte sich zuerst damenhaft die Nase, flatterte dann auf Leandra zu und sprach mit weinerlicher Stimme: »Es geht um Erlas, deinen Wicht. Es ist etwas Schreckliches passiert!«
»Das kann man wohl sagen«, antwortete Leandra forsch. »Trotz seines Versprechens, mir stets beizustehen, hat er mich hängen lassen.«
Tamina sah sie verdutzt an.
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst, aber Erlas liegt schwer verletzt auf der Krankenstation bei Doktor Medikatus. Einige Elfen fanden ihn mit Knochenbrüchen und blauen Flecken in seinem Zuhause. Wenn sie nicht zufällig vorbeigekommen wären, würde Erlas nicht mehr leben!«
Nach diesen Worten heulte Tamina laut auf und fing an, bitterlich zu weinen. Dabei drückte sie ihr Taschentuch fest auf ihre Augen. Leandra schüttelte ungläubig den Kopf. Was soll Erlas passiert sein? Das konnte doch nicht wahr sein! Da Henry die Situation entkrampfen wollte, bat er die anderen Mitbewohner, auf ihre Zimmer zu gehen. Diese merkten, dass sie nun nicht mehr gebraucht würden und folgten seinem Wunsch. Leandra trat auf Tamina zu und diese setzte sich völlig entkräftet auf ihre Schulter.
»Das tut mir sehr Leid«, sagte Leandra leise. »Wie konnte das passieren?«
Tamina schüttelte den Kopf. Erst jetzt beruhigte sie sich ein wenig und schnäuzte noch einmal kräftig ihre Nase.
»Erlas selbst kann noch nicht sprechen. Er ist bewusstlos. Solch eine grausame Bluttat hat es hier schon lange nicht mehr gegeben«, antwortete Tamina.
Leandra blickte ihre Freunde ahnungsvoll an. Dann streichelte sie der kleinen Fee sanft mit ihrem Finger über die Schultern und bat sie, sich ein wenig hinzulegen, was diese dankbar befolgte. Sie flatterte mit schweren Flügeln auf ihren Spiegel zu und verschwand darin.
»Wir müssen ihn vor dem Essen besuchen«, sagte Henry leise. »Vielleicht erfahren wir dann, was
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