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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Gardner. Und ihre Adresse?»
    «Wimbledon, Surrey Road 8. Der Jüngste, Brian, ist in Australien. Nach seiner Adresse müssen Sie entweder seinen Bruder oder seine Schwester fragen.»
    «Besten Dank. Würden Sie es mir verübeln, wenn ich Sie bitte, mir zu sagen, wie Sie den gestrigen Nachmittag verbrachten?»
    «Ich machte einige Einkäufe», erwiderte sie, offenbar sehr verwundert. «Dann ging ich ins Kino, kam gegen sechs heim und legte mich bis zum Abendessen aufs Bett, da ich von der schlechten Luft im Kino Kopfschmerzen bekommen hatte. Möchten Sie sonst noch etwas wissen?»
    «Nein, Mrs Gardner, das genügt mir. Ich werde nun Verbindung mit Ihrem Neffen und Ihrer Nichte aufnehmen. Hat Mr Kirkwood Sie bereits von der Tatsache in Kenntnis gesetzt, dass Captain Trevelyan Sie und die drei jungen Pearsons als Erben bestimmt hat?»
    Langsam stieg das Blut in das strenge Frauengesicht.
    «Oh, das ist gut», sagte sie ruhig. «Sie ahnen nicht, wie schwer ich es oft hatte – immer sparen und haushalten und sich jeden Wunsch versagen zu müssen.» Plötzlich zuckte sie zusammen, da oben eine nörgelnde Männerstimme laut wurde.
    «Jenny, Jenny, komm doch! Ich brauche dich.»
    «Entschuldigen Sie mich», sagte sie hastig.
    Als sie die Tür öffnete, drang der Ruf deutlicher und noch gebieterischer an Narracotts Ohr.
    «Jenny, wo steckst du? Ich brauche dich, Jenny.»
    Der Inspektor war Mrs Gardner gefolgt und stand nun in der Diele, als die hohe, dunkelgekleidete Frauengestalt zur Treppe rannte.
    «Ich bin schon da, mein Lieber!»
    Eine Krankenschwester, die treppabwärts kam, trat zur Seite, um sie vorbeizulassen.
    «Bitte, gehen Sie zu ihm. Er ist sehr erregt, und niemand versteht ihn besser zu beruhigen als Sie, Mrs Gardner.»
    Inspektor Narracott stellte sich der Pflegerin in den Weg.
    «Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich, Schwester?»
    Bereitwillig folgte sie ihm in das Wohnzimmer.
    «Die Nachricht von der Ermordung seines Schwagers hat meinen Patienten in hochgradige Erregung versetzt», erzählte sie, indem sie eine tadellos sitzende Manschette zurechtzupfte. «Wie eine Irrsinnige kam diese Gans, die Betty, hereingestürmt und schrie ihm die Neuigkeit ins Gesicht!»
    «Ich bin untröstlich», sagte der Inspektor, «denn ich fürchte, es war meine Schuld.»
    «Keineswegs», wehrte die Pflegerin ab. «Ihnen sind schließlich die Verhältnisse hier im Haus fremd!»
    «Ist Mr Gardner sehr krank?»
    «Es ist ein trauriger Fall, obwohl Mr Gardner in gewissem Sinn gar nicht krank zu nennen ist. Infolge eines Nervenschocks büßte er gänzlich den Gebrauch seiner Gliedmaßen ein, aber eine sichtbare Verkrüppelung oder Entstellung ist nicht vorhanden.»
    «Hatte er vielleicht gestern Nachmittag ein aufregendes Erlebnis?»
    «Gestern Nachmittag?» wiederholte die Pflegerin betreten. «Nicht dass ich wüsste.»
    «Waren Sie den ganzen Nachmittag bei ihm?»
    «Nicht unausgesetzt. Denn Captain Gardner wollte gern zwei Bücher aus der Leihbibliothek haben und hatte vergessen, seine Frau darum zu bitten. Um ihm einen Gefallen zu tun, ging ich zur Bibliothek und besorgte gleichzeitig noch ein paar andere Kleinigkeiten für ihn – Geschenke, mit denen er seine Frau überraschen wollte. Zur Belohnung sollte ich auf seine Kosten im Café Boot Tee trinken, denn Schwestern tränken lieber einen Tee mehr als einen weniger, scherzte er. Es war schon nach vier Uhr, als ich das Haus verließ, und da die Läden kurz vor Weihnachten alle überfüllt sind, kehrte ich erst nach sechs zurück. Aber mein Patient schien mich nicht vermisst zu haben, denn er sagte, er habe die meiste Zeit geschlafen.»
    «War Mrs Gardner auch schon zurückgekommen?»
    «Ja. Ich glaube, sie hatte sich hingelegt.»
    «Hängt sie sehr an ihrem Gatten?»
    «Sie betet ihn an. Wirklich, ich glaube, diese Frau wäre um seinetwillen zu allem fähig. Es ist rührend und das völlige Gegenteil von dem, was ich an anderen Krankenbetten erlebt habe. Vor einem Monat zum Beispiel…»
    Aber der Inspektor entzog sich der drohenden Schilderung des Skandals vom vergangenen Monat mit bewunderungswerter Geschicklichkeit. Er blickte auf seine Uhr und stieß einen lauten Schreckensschrei aus.
    «Barmherziger Himmel, ich werde den Zug versäumen…! Ist es weit bis zum Bahnhof, Schwester?»
    «Bis zum St. David’s nur drei Minuten. Oder fahren Sie von Queen Street ab?»
    «Ich muss rennen wie ein Wiesel», sagte Narracott. «Richten Sie Mrs Gardner aus, ich bedaure meinen

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