Das Geheimnis von Vennhues
anfordern. Wenn Bodenstein in der Nähe sein sollte, dann darf er uns nicht durch die Lappen gehen.«
Heike runzelte verwundert die Stirn, stellte aber keine weiteren Fragen.
»Also gut«, sagte sie. »Ich werde mich darum kümmern.«
Hambrock sah auf seine Uhr. Es war kurz vor vier. Er wandte sich an die Runde.
»Alle anderen können Feierabend machen für heute. Solange wir Peter nicht haben, können wir ohnehin nicht mehr viel machen. Wir treffen uns morgen früh um acht wieder zum Dienstgespräch im Präsidium. Bitte seid pünktlich.«
Es dauerte keine Viertelstunde, da waren fast alle Dienstwagen vom Parkplatz verschwunden. Im Schankraum blieben nur schmutziges Geschirr und zerknüllte Papierbögen zurück. Hermann Esking räumte die Kaffeetassen von den Tischen und wischte mit einem feuchten Lappen nach.
Hambrock trat hinaus auf den Platz und blickte nachdenklich zum Birkenhain hinter der Kirche. Die Dämmerung setzte ein, und die Luft kühlte sich merklich ab. Der Himmel klarte auf. Im Radio hatten sie für die kommende Nacht Temperaturen von deutlich unter null Grad vorhergesagt.
»Fährst du nicht mit den anderen zurück?« Heike war hinter ihm aufgetaucht. Sie folgte seinem Blick zu dem Birkenhain.
»Nein«, sagte Hambrock. »Ich bleibe heute Nacht hier. Du kannst also den Astra nehmen. Ich möchte lieber in der Nähe bleiben. Vielleicht fällt mir noch etwas ein. Oder man findet Peter, und dann wäre ich vor Ort.«
»Du glaubst tatsächlich, dass er sich in Vennhues aufhält?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Hambrock. »Ich habe einfach ein besseres Gefühl, wenn ich hierbleibe.«
»Also gut.« Ihr schien etwas einzufallen. »Ach, bevor ich es vergesse: Marina Hobe hat versucht, dich zu erreichen. Vielleicht ist es besser, wenn du sie gleich zurückrufst.«
»Ach, herrje.« Hambrock verzog das Gesicht. »Hat sie irgendetwas gesagt? Geht es um das Treffen mit dem Oberstaatsanwalt?«
»Keine Ahnung. Sie hat nur gesagt, dass sie deinen Rückruf erwartet.«
Heike verabschiedete sich und machte sich auf den Weg zur Kreispolizei. Hambrock blieb allein auf dem Kirchhof zurück.
Er zog sein Handy hervor. Bevor er die Staatsanwältin zurückrief, wollte er ein anderes Telefonat führen. Denn dieser Anruf schien ihm weitaus wichtiger zu sein.
Er musste es lange klingeln lassen, doch schließlich meldete sich eine Stimme am anderen Ende. Es war Erlend.
»Hallo, hier ist Bernhard.« Sie antwortete nicht, und er fügte hinzu: »Bernhard Hambrock. Du erinnerst dich?«
»Ich bin mir nicht sicher.« Es lag spürbare Kühle in ihrer Stimme. »Könnten Sie den Namen buchstabieren?«
»Elli, es tut mir Leid. Ich weiß, dass wir uns kaum noch zu Gesicht bekommen. Aber wenn diese Ermittlung vorbei ist, dann wird alles anders, das verspreche ich dir.«
Sie seufzte. »Ich glaube, das hast du mir schon einige Male versprochen. Aber egal. Kommst du denn heute Abend zum Essen? Ich habe frischen Fisch besorgt und eingelegten Ingwer. Für unseren Sushi-Abend, weißt du?«
Hambrock räusperte sich umständlich. »Also, das ist eigentlich der Grund, weshalb ich anrufe. Weißt du, es ist nämlich so …«
»Du bleibst in Vennhues«, stellte sie fest.
»Elli, wir holen das nach mit dem Sushi-Essen. Ganz bestimmt. Sobald die Ermittlungen abgeschlossen sind, nehme ich mir ein paar Tage frei. Und die sind dann nur für uns, egal was passiert.«
Am anderen Ende herrschte Schweigen.
»Und wenn ich dann erst einmal frei habe«, sagte Hambrock schnell, »dann werde ich in dieser Zeit nichts anderes tun, als für dich zu kochen und zu backen. Ich werde dir die Füße massieren, dir schöne Sachen kaufen und deine Mutter in Groningen anrufen. Ich werde dich ehren und preisen und dir zu Füßen liegen …«
»Schon gut, schon gut«, unterbrach sie ihn mit einem Lachen. »Dieses Mal bist du davongekommen. Ich werde ganz einfach meinen jungen Assistenten zum Essen einladen. Der ist eh ganz heiß darauf, mal etwas Privates mit mir zu unternehmen.«
Hambrocks Mund wurde trocken.
»Der ist doch schwul«, sagte er.
»Es wäre schön, wenn so die Welt funktionierte, nicht wahr?« Ellis Stimme war honigsüß. »Doch diese Einschätzung sagt leider nur etwas über deine Vorurteile aus. Du irrst nämlich, mein Lieber. Nur weil jemand sich für Mode interessiert und besser aussieht, als du es in deinen besten Tagen je getan hast, bedeutet das noch lange nicht, dass er schwul ist. Ganz im Gegenteil. Wir werden bestimmt einen
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