Das Geheimnis zweier Ozeane
Meeresgrund.
„Unbegreiflich! Vollkommen unbegreiflich …“, murmelte er. „Wo sind sie nur geblieben?“
Pawlik begriff nichts; er stapfte mit dem Zoologen durch die. unzähligen Muscheln, Stachelhäuter und Manteltiere, die den Meeresgrund bedeckten, und blickte ratlos auf seinen gelehrten Freund. Schließlich fragte er:
„Was suchen Sie denn, Arsen Dawidowitsch? Bald werden wir hier alle Muscheln zertreten haben.“
„Was!“ der Zoologe richtete seinen Körper auf. „Hast du noch nichts gemerkt? Ich finde doch hier kein einziges Exemplar dieser wunderbaren Weichtiere mehr. Was soll ich mit dem einzigen, das ich in meiner Hand halte, nur anfangen? Wer wird mir schon glauben, daß es der Vertreter einer neuen Klasse ist? Zudem scheint mir nur wenig Leben in ihm zu sein. Ich sehe schon voraus, daß man meinen Fund als eine zufällige Entartung ansehen wird. Was soll ich nur tun? Weitersuchen können wir nicht, wir verspäten uns sonst …“
Der Zoologe setzte sich auf einen Felsvorsprung und schaute ratlos auf seine kostbare Muschel. Pawlik war auch sehr traurig, nicht so sehr wegen des wissenschaftlichen Mißerfolges, sondern weil ihm der Gelehrte, den er gern mochte, leid tat.
„Wissen Sie was, Arsen Dawidowitsch?“ rief er plötzlich. „Wir wollen uns diese Stelle merken und kehren später mit Skworeschnja, Marat und Zoi hierher zurück und werden dann alles gründlich absuchen. Nicht wahr?“
„Ausgezeichnet!“ sagte der Zoologe befriedigt. „Du hast recht. Wir wollen ein andermal suchen. Und jetzt an die Arbeit. Wir wollen diese Stelle markieren. Die Muschel stecke in deinen Beutel, meiner ist schon bis zum Rande voll. Wenn wir aufs Schiff zurückgekehrt sind, geben wir sie Zoi zur Untersuchung und Beschreibung.“ Sie schichteten einen großen Haufen Steine auf, prägten sich die umliegenden Felsen ein und machten sich auf den Weg.
Einige Minuten gingen beide schweigend nebeneinander. Schließlich fragte Pawlik:
„Arsen Dawidowitsch, meinten Sie das mit dem Pottwal vorhin im Ernst? Wäre er wirklich nicht imstande, unsere Taucheranzüge mit seinen Zähnen zu zerfetzen? Haben Sie nicht gescherzt?“
„Keineswegs, Pawlik. Wir können ja mit unseren Taucheranzügen in größte Tiefen tauchen; tausend, fünftausend, ja sogar zehntausend Meter. Und das ist noch etwas ganz anderes als die Zähne eines Pottwals.“
„Sie scherzen, Arsen Dawidowitsch.“ Pawlik blickte ungläubig auf den Zoologen. „Dort ist doch nur Wasser … weiches Wasser! Aber ein Pottwal! Wenn der zuschnappt! Sie sagten es mir doch selber, daß er solche Zähne hat.“ Pawlik breitete seine Arme aus. „Ein solcher Rachen knackt einen Taucheranzug wie eine Nuß …“
Der Zoologe blickte Pawlik von der Seite an und schmunzelte.
„Du brauchst deine Arme nicht so weit auszubreiten, Kleiner, ein Viertelmeter reicht schon. Aber auch das ist schon gefährlich. Und das Wasser … stimmt schon, es ist weich … Aber weißt du, Jungchen, wieviel ein Kubikmeter Wasser wiegt?“
„Das weiß ich“, sagte Pawlik, „eine Tonne.“
„Siehst du! Eine zehn Meter hohe Wassersäule auf einer Unterlage von einem Quadratmeter wiegt also zehn Tonnen, oder, wie man sagt, der Druck einer derartigen Säule beträgt zehn Tonnen. Somit ist die durch eine solche Säule hervorgerufene Belastung eines Quadratzentimeters Fläche gleich einem Kilogramm. Dieser Druck entspricht dem Druck der atmosphärischen Luft auf einen Quadratmeter.“
„Das weiß ich, Arsen Dawidowitsch. Es ist ein ungeheurer Druck, aber wir spüren ihn nicht, weil die Luft in unserem Körper den gleichen Gegendruck ausübt.“
„Gut. Dann wirst du leicht begreifen, daß der Druck des Wassers größer wird, je tiefer wir tauchen. In hundert Meter Tiefe wird der Druck dieses, wie du sagtest, weichen Wassers gleich hundert Tonnen auf jeden Quadratzentimeter Fläche oder gleich zehn Atmosphären sein. Die Oberfläche des menschlichen Körpers beträgt im Durchschnitt zwanzigtausend Quadratzentimeter, und so erreicht der Wasserdruck auf den ganzen Körper des Menschen in dieser Tiefe etwa zweihundert Tonnen; in fünftausend Meter Tiefe steigt er auf zehntausend Tonnen. Ist dir das klar? Das ist ein so gewaltiger Druck, daß unter ihm nicht nur ein Mensch, sondern auch ein hohler Stahlzylinder plattgequetscht wird. Aber in unserem Taucheranzug würde der Mensch dennoch heil und gesund bleiben.“
„Der Anzug ist also nicht aus Stahl?“ fragte Pawlik.
„Wenn er aus
Weitere Kostenlose Bücher