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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grigori Adamow
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der Seepapageien, ihre Backen und großschuppigen Kiemendeckel waren mit einer Schicht weißen Korallenstaubes bedeckt. Es sah so aus, als ließen sich wohlbeleibte, reichgekleidete Herren ihre feisten, dick eingeseiften Wangen von flinken Friseuren rasieren. Die Lippfische schabten vorsichtig den Korallenstaub von den Backen ihrer reichen Verwandten, der Seepapageien, und verspeisten ihn anscheinend mit großem Genuß.
    In Pawliks Lachen, in die russisch-ukrainische Schimpfkanonade des wütenden Skworeschnja mischte sich die Stimme des Zoologen:
    „Warum lachst du so, Jungchen?“
    Und als Pawlik nicht antwortete, rief er voller Besorgnis:
    „Pawlik! Wo steckst du?“
    Pawlik schaute sich um. Er war allein. Durch seine unbewegliche Haltung beruhigt, war das Leben um ihn wieder erwacht. Wie lange hatte er schon so verzaubert und bewegungslos in diesem prächtigen Garten gestanden? Eine Minute oder eine Stunde? Wo war Arsen Dawidowitsch? Wie sollte er ihn jetzt in diesem Dickicht wiederfinden? Wie kam er allein aus diesem Dschungel heraus?
    „Arsen Dawidowitsch!“ rief er mit zitternder Stimme in die grenzenlose grüne Weite. „Arsen Dawidowitsch!“
    „Sprich, Pawlik!“ hörte er die Antwort. „Sprich nur, ich höre zu! Wo bist du? Schalte Skworeschnja ab, es stört.“
    „Ich bin im Korallenwald, ich war zurückgeblieben, Arsen Dawidowitsch, nur eine Minute lang. Wohin soll ich jetzt gehen?“
    Er schluchzte plötzlich laut auf.
    „Hab keine Angst, Kleiner! Bleib ruhig dort stehen, wo du jetzt bist! Ich bin in der Nähe. Es können nicht mehr als fünf Minuten verflossen sein, seit wir uns getrennt haben. Schau dich um, Pawlik. Ich bin direkt durchs Korallendickicht gegangen. Vielleicht siehst du meine Spuren: abgeknickte Zweige von Bäumchen und Büschen … Schau dich aufmerksam um!“
    „Ich … ich kann nichts bemerken, Arsen Dawidowitsch“, sagte Pawlik, sich hilflos umschauend, „sie sehen alle gleich aus … die Büsche und Zweige … alle sehen wie abgeknickt aus … ich kann nichts sehen … Arsen … Arsen Dawidowitsch …“
    Die letzten Worte sprach Pawlik fast flüsternd. Seine Lage erschien ihm hoffnungslos.
    „Nun, das ist nicht so schlimm, Kleiner! Hab keine Angst! Rühr dich nur nicht vom Platze! Ich laufe zuerst zu Skworeschnja, um ihm zu helfen, und eile dann sofort zu dir. In einer Viertelstunde bin ich zurück.“
    „Gut, Arsen Dawidowitsch.“
    „Beweg dich nicht, dir wird nichts passieren! Zieh dir aber auf alle Fälle deine Handschuhe an.“
    Bei diesen Worten krampfte sich Pawliks Herz zusammen.
    „Gut, Arsen Dawidowitsch … ich ziehe sie an.“
    „Vergiß nicht, wie man damit umgeht. Bei Gefahr also den Strom einschalten, den Gegner mit beiden Händen umfassen und die Handflächen fest an seinen Körper pressen. Ich bin schon auf dem Wege zu Skworeschnja und spreche mit dir im Laufen, damit du dich nicht ängstigst. Wenn du etwas Verdächtiges erblickst, sage es mir!“
    Während der Zoologe ihm so Mut zusprach, nahm der Junge ein Päckchen vom Gürtel und öffnete es mit zitternden Händen.
    Zwei seltsame weiße Gummihandschuhe kamen zum Vorschein. Sie hatten nur drei Finger; je einer war für den Daumen und den Zeigefinger bestimmt, der dritte für die übrigen Finger. Auf der gewölbten Handfläche befand sich ein dickes Metallplättchen. Die Stulpen reichten weit bis über die Handgelenke. Pawlik knöpfte sie am Ärmel des Taucheranzuges fest.
    „Den Gegner mit beiden Händen umfassen … die Handflächen an seinen Körper pressen“, wiederholte er.
    Er schaute sich um. Feinde? Wer mochten sie sein? Wohl schreckliche Ungeheuer … eine Barracuda … ein Hai … Einen Hai umfassen …?
    Er hörte kaum dem Zoologen zu und beobachtete mit stockendem Herzschlag jeden Schatten, der im grünlichen Halbdunkel auftauchte.
    Verschiedenfarbige, zart pulsierende Medusen schwammen einzeln oder in ganzen Zügen vorbei. In riesigen Schwärmen segelten mit breiten Flossen kleine Ruderschnecken durchs Wasser; sie trugen hauchdünne, fast durchscheinende Gehäuse. Flinke Garnelen machten Jagd auf Schnecken.
    In der Ferne tanzte ein blaues Fünkchen hin und her, schnellte hoch, fiel abwärts und mischte sich unter andere rote, blaue, grüne Funken. Plötzlich waren es Hunderte, Tausende dieser vielfarbigen, nach allen Seiten sprühenden Funken. Jetzt war Pawliks ganze Umgebung von Millionen und Milliarden blitzender, aufleuchtender Pünktchen durchfurcht. Dieser tolle Wirbel winziger

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