Das Geheimnis zweier Ozeane
einer ortsfesten Station erfolgen, die in südöstlicher Richtung, nicht weiter als fünf- bis sechshundert Kilometer von uns entfernt, liegen muß. Unsere Flugboote haben in den letzten vierundzwanzig Stunden ein riesiges Gebiet über dem Ozean abgesucht, haben aber kein einziges Wasserfahrzeug entdecken können. Wie Sie auch selbst wissen werden, ist dieser Teil des Ozeans so weit von den Schiffahrtslinien entfernt, daß man hier kaum ein Schiff antreffen kann. All dies, zudem auch die völlige Ergebnislosigkeit Ihrer Bemühungen, läßt mich vermuten, daß das U-Boot kein Opfer der Explosion geworden ist, sondern, mehr oder weniger schwer beschädigt, bewegungslos geworden ist, seine Funkstation in Ordnung gebracht hat und jetzt von seinem Stützpunkt aus um Hilfe funkt. Deshalb habe ich mich entschlossen, die Suchaktion vorübergehend zu unterbrechen und der Quelle dieser geheimnisvollen Funksendungen näher zu kommen. Dort werden Sie Ihre Arbeit mit Hilfe einer U-Bootflottille, die ich von unserem nächsten Stützpunkt angefordert habe, wiederaufnehmen. In zwei Tagen wird die Flottille an dem von mir bezeichneten Ort eintreffen und sich uns dort anschließen. Ich bin fest davon überzeugt, daß, falls sich meine Vermutung über die schwere Havarie der ,Pionier‘ bewahrheitet, ihre Kampffähigkeit stark herabgemindert ist. Deshalb nehme ich die Verantwortung für dieses Risiko, das zweifelsohne immer noch vorhanden ist, auch auf mich; ich will es aber eingehen, um das U-Boot in einer für uns so günstigen Situation zum Kampf zu stellen. Wenn die ,Pionier‘ erst Zeit gehabt hat, ihre Schäden zu beseitigen, wenn sie Hilfe bekommt und ihre Schlagkraft wieder erhalten hat, haben wir keine Aussicht mehr auf Erfolg. Wir müssen die Lage voll ausnutzen und diesem verwünschten U-Boot, ohne lange zu fackeln, den Rest geben, solange man dies noch mit der Hoffnung auf Erfolg tun kann. – Ihre Meinung, Mr. Krok?“
Das sonst kühle Gesicht des Kapitäns zeigte Spuren höchster Erregung.
Gorelow schwieg. Er ließ den Kopf auf die Brust sinken und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Schließlich sagte er mit tonloser Stimme:
„Ich kann es mir nicht vorstellen, Kapitän. Ich glaube nicht, daß das U-Boot nach dieser Explosion nicht gesunken sein sollte. – Aber Sie haben recht. Man muß unbedingt feststellen, woher diese Funksendungen kommen. Wir müssen unsere Chancen nützen. Sollte die ,Pionier‘ doch noch Wladiwostok erreichen, dann wird sie die fernöstlichen Meere beherrschen. Nur sie allein! Und niemand weiter!“
Eine halbe Stunde später verließ der riesige Kreuzer – eine stählerne, von Geschützrohren starrende Festung – seinen Standort. Mit Kurs auf Südost durchpflügte er in brausender Fahrt den Ozean.
Siebentes Kapitel
NACH DER EXPLOSION
D
ie Explosion in der Gasrohrkammer war morgens um vier Uhr fünfzehn erfolgt, zwei Stunden vor der Ablösung. Es war Schlafenszeit, und alle dienstfreien Männer auf dem Schiff lagen in ihren Kojen. Mit furchtbarer Gewalt hatte die Explosion das ganze U-Boot bis zum letzten Spant * erschüttert und es fast senkrecht, mit dem Heck nach oben, gestellt. Ein ohrenbetäubendes Getöse erfüllte die Räume des Schiffes. In einem wilden Chaos wirbelte alles, was nicht festgeschraubt war, durcheinander, durchschlug die Scheidewände, krachte und polterte durch die finsteren Gänge und Räume. Das Stöhnen der Verletzten, Angstschreie und das metallische Knirschen der Verstrebungen, das Pfeifen und Heulen ausströmender Gase – dies alles steigerte sich zu einem grausigen Getöse. Die Menschen wurden aus ihren Kojen geschleudert, schlugen gegen die Wände und rollten betäubt über den Fußboden.
Schon in den nächsten Minuten nach der Explosion nahm das U-Boot wieder eine fast horizontale Lage ein und blieb, heftig schlingernd, liegen. Nur das Heck neigte sich etwas nach unten. Die Konstruktion und das Baumaterial des Schiffes hatten auch dieser außerordentlichen Prüfung standgehalten.
Durch die Explosion wurde Kapitän Woronzow aus der Koje geschleudert. Er rollte in den Arbeitsraum und schlug heftig gegen das Bein eines Tisches, der fest am Boden angeschraubt war. Ein stechender Schmerz in der linken Schulter hinderte ihn nicht daran, sich an dem Tischchen festzuklammern. Das bewahrte ihn vor weiteren Stößen in dem stark schlingernden U-Boot. Der Kapitän stand auf und tastete sich in der Dunkelheit über Glassplitter und im Krachen und Poltern
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