Das Geheimnis zweier Ozeane
finden können. Sie müssen sich davon überzeugen, in welchem Zustand es ist, und uns die Fundstelle anzeigen, wonach wir mit den uns zur Verfügung stehenden technischen Mitteln Ihre Angaben prüfen und das U-Boot vielleicht auch heben werden.“
„Aber kann ich wissen“, versuchte Gorelow zu widersprechen, „an welcher Stelle die Explosion erfolgt ist? Den Ort hatte ich nur schätzungsweise am Wendekreis des Steinbocks ausgemacht. Der Fehler von nur einem Grad würde das zu untersuchende Gebiet um Tausende von Quadratkilometern vergrößern. Wieviel Zeit also würde man für diese Suchaktion brauchen?“
„Soviel, wie sich als nötig erweisen sollte!“ lautete die lakonische Antwort. „Wir verlassen diesen Teil des Ozeans erst dann, wenn wir das U-Boot gefunden haben werden oder wenn wir zu der Überzeugung gelangt sind, daß es sich hier nicht befindet.“
Gorelow schloß die Augen und antwortete nicht. Er war in einem Zustand völliger Ratlosigkeit und wußte nicht mehr, was er sagen sollte. Aber eins war ihm klargeworden: daß mit der Sprengung des U-Bootes die Angelegenheit noch lange nicht abgeschlossen und er einer grausamen, unerbittlichen Macht ausgeliefert war, in deren Händen er sich immer mehr in ein willenloses Werkzeug verwandelte.
Ein Gedanke schoß ihm plötzlich durch den Kopf.
„Wenn so vorzügliche Metallsuchgeräte zu Ihrer Verfügung stehen, Kapitän“, sagte er, seine Erregung nur schwer unterdrückend, „warum setzen Sie sie dann nicht von Bord Ihres Schiffes ein – oder sogar, um die Sache zu beschleunigen, von Bord einiger Schiffe?“
Der Kapitän schüttelte den Kopf.
„Nach der traurigen Erfahrung mit der ,Idzumo ‘ vermeiden wir es, dem U-Boot oder der Stelle, wo es sich befinden könnte, allzu nahe zu kommen. Das Risiko wäre zu groß.“
Gorelows Gesicht bedeckte tödliche Blässe. Völlig ermattet sank er mit geschlossenen Augen ins Kissen zurück. Der herbeigeeilte Dr. Sudzuki bemühte sich lange, seinen Patienten wieder zum Bewußtsein zu bringen.
Wie ein Turm über die Köpfe der kleinwüchsigen Schiffsmannschaft emporragend, ging Gorelow jeden Morgen im Taucheranzug mit schweren, langsamen Schritten zum Fallreep. Jedesmal begleiteten ihn ehrerbietig der Adjutant des Kapitäns, Leutnant Ossima, Major Aidsawa und einige Offiziere. Die Wache am Fallreep erwies ihm Ehrenbezeigungen. Aber Gorelow schritt über das Deck des Kreuzers mit finsterem Gesicht und mit dem Gefühl eines Sklaven, den die Peitsche des Aufsehers zu einer schweren und verhaßten Arbeit antreibt. Zusammen mit Major Aidsawa stieg er das Fallreep hinunter, und beide nahmen in einem Motorkutter Platz, der sie nach etwa drei Stunden an die für den betreffenden Tag vorgesehene Stelle brachte. Hier setzte Gorelow den Taucherhelm auf und tauchte mit einem kleinen Kasten, der das Metallsuchgerät enthielt, zum Meeresgrund. Er schwamm mit voller Geschwindigkeit und mit brennender Stirnlaterne etwa fünfzehn Meter über dem Meeresboden und lauschte auf ein Zeichen des Suchgerätes. Ein ausgedehntes Gebiet, einige Tausend Quadratkilometer groß, mußte abgesucht werden. Dieses Gebiet war von Gorelow gemeinsam mit dem Kapitän in kleinere Flächen, jede ein paar Hundert Quadratkilometer umfassend, aufgeteilt worden, und eine dieser Flächen mußte Gorelow im Laufe eines Tages absuchen. Unter Wasser frühstückte er aus der Thermosflasche, er trank etwas Kakao oder eine kräftige Fleischbrühe, kehrte zum Mittagessen auf das Kriegsschiff zurück, aß Abendbrot wieder auf dem Kreuzer und ging dann nach eingehender ärztlicher Untersuchung erschöpft und todmüde sofort schlafen. Bis zum nächsten Morgen mußte Major Aidsawa die Akkus des Taucheranzuges wieder aufladen, seinen Mechanismus überprüfen, Sauerstoff auffüllen und sich um die Wegzehrung kümmern.
Das wiederholte sich mit ermüdender Eintönigkeit Tag für Tag, aber Gorelow konnte auch nicht die geringste Spur des U-Bootes finden. Er hatte bereits aufgehört, die Tage zu zählen.
Achtzehn Tage nach der Explosion, am 15. August, wurde Gorelow bei seiner Rückkehr aufs Schiff am Fallreep von Kapitän Majeda empfangen. Der Kapitän wartete ungeduldig, bis Gorelow den Taucheranzug abgelegt hatte, und bat ihn sofort in seine Kajüte. Hier forderte er den Ingenieur auf, Platz zu nehmen, und sagte:
„Unsere Funkstation fängt seit gestern abend chiffrierte Funksendungen von einem unbekannten Ort ab. Wir haben festgestellt, daß die Sendungen von
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