Das Geheimnisvolle Haus : Kriminalroman
Pistole.
Mr. Smith wandte sich bei dem Lärm des Kampfes sofort um und eilte dem Detektiv zu Hilfe. Der Gefangene war von kleiner Gestalt, hatte scharfgeschnittene Gesichtszüge und war offenbar Italiener. Ein dünner schwarzer Schnurrbart, buschige, dichte Brauen und lebhafte braune Augen, die jetzt haßerfüllt aufloderten, sprachen für seine südliche Heimat.
Die drei Beamten hatten ihn bald durchsucht und entwaffnet und legten ihm kräftige Handschellen an. Bevor sich die unvermeidliche Menge neugieriger Menschen ansammeln konnte, saßen sie schon in einem Auto und fuhren die Vine Street entlang. Der Mann wurde sofort verhört. Man stellte die üblichen Fragen an ihn, aber er war verstockt und antwortete nicht. Niemand zweifelte daran, daß er die Absicht hatte, Mr. Smith meuchlings zu ermorden. Denn außer der Pistole, mit der er offensichtlich sein Opfer hatte niederschießen wollen, fand man noch ein langes Dolchmesser in seiner Brusttasche. Aber der wichtigste Fund, den man bei ihm machte und der das größte Interesse von Mr. Smith erregte, war ein Blatt Papier, auf dem drei Zeilen in italienischer Sprache standen. Sie wurden sofort übersetzt, und es war daraus zu ersehen, daß dem Mann genaue Instruktionen gegeben waren, wo sich Mr. Smith aufhielt.
»Führen Sie ihn in eine Zelle - ich glaube, wir werden noch hinter diese Sache kommen. Wenn dieser Mann nicht ein von Poltavo gedungener Meuchelmörder ist, dann habe ich mich sehr geirrt!«
Der Gefangene beantwortete keine Frage. Mr. Smith gab es schließlich verzweifelt auf, ihn durch weiteres Verhör zu einem Geständnis zu bringen.
Am nächsten Morgen weckte man den Mann bei Tagesanbruch und bedeutete ihm, sich schnell anzukleiden. Er wurde von zwei Beamten auf die Straße geführt, wo ein Auto wartete, das ihn gleich darauf in schneller Fahrt nach Dover brachte. Zwei Detektive begleiteten ihn auf einen Dampfer und fuhren mit ihm nach Calais. Dort verabschiedeten sie sich freundlich von ihm, überreichten ihm noch hundert Franc und teilten ihm in seiner eigenen Sprache mit, daß er auf Grund eines Befehls des Innenministeriums des Landes verwiesen sei.
Der Mann war froh, wieder auf freiem Fuß zu sein, und benützte den größten Teil des ihm übergebenen Geldes dazu, ein langes Telegramm an Poltavo zu senden.
Mr. Smith, der bestimmt wußte, daß dieses Telegramm kommen würde, wartete in der Empfangsstation der Londoner Hauptpost schon darauf. Man überreichte ihm eine Kopie der Depesche, und er las sie lächelnd.
»Ich danke Ihnen vielmals«, sagte er zu dem Vorstand und reichte ihm das Formular zurück. »Ich gebe es zur Bestellung frei. Ich weiß jetzt alles, was ich wissen wollte.«
Poltavo erhielt die Botschaft eine Stunde später und fluchte nicht wenig über die Unvorsichtigkeit seines Agenten. Das Telegramm war in offener italienischer Sprache abgefaßt, und jeder, der die Sprache beherrschte, konnte es lesen und auch verstehen, wenn er Kenntnis von den Tatsachen hatte, auf die es sich bezog.
Poltavo wartete den ganzen Tag auf einen Besuch der Polizei, und als Mr. Smith gegen Abend bei ihm vorsprach, war er darauf vorbereitet, alles erklären und entschuldigen zu können. Aber er war sehr erstaunt, als man ihn weder um eine Erklärung noch um eine Entschuldigung bat. Die Frage, die Mr. Smith an ihn stellte, berührte eine ganz andere Angelegenheit. Er erkundigte sich nämlich nach Mrs. Doughton und ihrem verschwundenen Vermögen.
»Ich hatte das Vertrauen Mr. Farringtons«, sagte Poltavo, der froh war, daß der Besuch des Detektivs nichts mit der gefürchteten Sache zu tun hatte. »Aber ich war aufs höchste erstaunt, als ich entdeckte, daß der Schrank vollständig leer war. Es war ein böser Schicksalsschlag für die arme junge Dame. Sie ist jetzt mit ihrem Gatten in Paris.«
Mr. Smith nickte.
»Würden Sie so liebenswürdig sein, mir ihre Adresse zu geben?«
»Mit Vergnügen.« Graf Poltavo nahm sein Notizbuch aus einer Schublade.
»Es ist möglich, daß ich morgen selbst nach Paris fahre«, fuhr Mr. Smith fort. »Ich habe die Absicht, das junge Paar aufzusuchen. Es ist zwar nicht sehr korrekt, Jungvermählte auf der Hochzeitsreise zu stören, aber ein Polizeibeamter besitzt Vorrechte!«
Die beiden lächelten sich verständnisinnig an. Poltavo fühlte sich erleichtert, daß der Besuch des Detektivs sich nicht auf seine eigene Person bezog. Er hatte vor diesem hervorragenden Beamten von Scotland Yard einen gewaltigen Respekt,
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