Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
ihren Mann Albrecht und ihren Schwager Leopold, die die österreichischen Länder regierten.
Mittlerweile ging sie schon auf und ab und spielte bereits mit dem Gedanken, einfach unverrichteter Dinge zu gehen und die Äbtissin des Klarissenklosters ein andermal zu besuchen. Wenn das nur so einfach gewesen wäre, die Schwester ihres Gatten zu besuchen! Wie viele geheime Anfragen waren nötig, um bei der Äbtissin ein Gespräch unter vier Augen zu erlangen! Doch ihr Anliegen war zu wichtig, zu groß war ihre Unruhe, und Katharina, bei der alle wichtigen Fäden zusammenzulaufen schienen, war die Richtige, um ihre Bedenken zu zerstreuen oder sie zu beraten, was zu tun sei. Endlich hörte sie leise Schritte, die vom kleinen Kreuzgang herkamen, der im Norden an die Kirche anschloss und mit dieser nur durch ein kleines verstecktes Tor verbunden war. Eine große, hagere Gestalt in der dunklen Tracht der Klarissen eilte durch die Kirche und lief behände und schneller als gedacht die Empore hinauf. Mit einer leisen Stimme, die klang, als hätte man sie schon des Längeren nicht mehr zur vollen Lautstärke erhoben, flüsterte die oben bei den Maßwerkfenstern Angekommene: »Beatrix, ich bitte dich vielmals um Entschuldigung. Ich habe dich so lang warten lassen.« Damit umschloss sie beide Hände der wartenden und frierenden Frau mit ihren angenehm warmen Fingern und sah sie unter ihrer Nonnenhaube aus freundlichen grauen Augen an.
»Aber macht nichts«, winkte Beatrix, die gerade einmal halb so alt wie Katharina war, ab, und die Äbtissin lächelte, denn die vor Kälte zitternde Gattin ihres Bruders war bekannt für ihre Bescheidenheit, und es war offensichtlich, dass es für die junge Frau schönere Orte als eine bitterkalte Empore in einer leeren Kirche gab.
»Ich hatte Besuch aus einem befreundeten Kloster«, erzählte Katharina lächelnd, setzte sich selbst auf das Fenstersims und deutete Beatrix, sich ebenfalls niederzulassen.
»Vom Orden der Klarissen?«, fragte Beatrix höflich.
»Nein, nein«, lächelte Katharina noch breiter als zuvor, »um es geradeheraus zu sagen, von der Köchin des Büßerinnenklosters zu Sankt Hieronymus!«
»Die bekommt bei Ihnen, werte Schwägerin, die Gelegenheit zu einer Aussprache?«, damit schüttelte Beatrix ihren hübschen Kopf und dachte an die vielen Verwicklungen, die sie selbst durchlaufen musste, um eine paar Worte mit der Äbtissin, die ja immerhin zu ihrem engsten Familienkreis zählte, sprechen zu können.
»Nun«, Katharina merkte die Verwirrung von Beatrix, »die Köchin kam sozusagen durch den Hintereingang.«
»Den Hintereingang?«
»Ja, wie du weißt haben wir von meinem Bruder einen Keller geschenkt bekommen, wo wir unseren Eigenbauwein ausschenken dürfen.«
»Ja, Rudolf bedachte die Klarissen ja mit vielen Stiftungen«, nickte Beatrix und deutete in die Richtung des Flügelaltares.
»Wahrlich. Friede seiner Seele.« Damit bekreuzigte sich Katharina ganz in der Rolle der Äbtissin, um gleich darauf ihre Augen schelmisch nach oben zu richten und Beatrix noch leiser ins Ohr zu flüstern.
»Jedenfalls gibt es eine ebenerdige Verbindung von unserem Keller in der Kärntnerstraße in den kleinen Kreuzgang.«
Staunend betrachtete Beatrix Katharina, die wie ein freches Mädchen kicherte.
»Und über diesen Weg kann ich leicht und ungesehen meine Fäden zu Eurer Welt da draußen knüpfen, ganz wie es mir beliebt!«
»Unter den strengen Augen der Minderen Brüder?«, wagte Beatrix einzuwenden. Sie wusste von ihrem früheren Besuch, dass der kleine Kreuzgang als eigener Bereich für die Minderen Brüder vorgesehen war, die in langer Tradition die Seelsorge der hohen Damen innehatten. Damit war auch die Existenz von zwei Klosterhöfen gerechtfertigt. Im größeren waren nur die Nonnen der Klarissen zugelassen, im kleineren auch die Minoritenbrüder. Dass man diese scheinbar unumstößliche Regel ganz einfach durch einen geheimen Gang durch den Keller von der Kärntnerstraße umgehen konnte, das war Beatrix neu und zeigte ihr einmal mehr, wie anders die Mentalität der Wiener im Vergleich von der der Nürnberger war. »Nein« war noch lange nicht wirklich nein, »unmöglich« gab es nicht und »vielleicht« konnte so ziemlich alles heißen. Was für eine Stadt!
Katharina war indessen ernster geworden und blickte Beatrix interessiert an: »Lassen wir diese Geschichten. Was wolltest du von mir wissen, liebste Schwägerin, was macht dir dein Herz schwer?«
»Nun«, damit
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