Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
verschränkte die Jüngere ihre Finger ineinander und blickte zu Boden: »Es sind, wenn ich so sagen darf, ein paar Ungereimtheiten zu mir durchgedrungen. Beginnen wir einmal mit dem Einfacheren.« Damit begann Beatrix, von den Ränkespielen der einzelnen Grafen und Landesherren zu erzählen. Von den Herren von Wallsee, den Passauern und den Herzögen von Rosenberg, die sich mit den Schaunber-gern verbündet hatten.
»Ach was, unser lieber Oheim Graf Ulrich von Schaunberg?«, Katharina richtete sich auf und lächelte grimmig, »wenn ich den nicht schon zur Genüge kenne. Der hat es immer verstanden, sich lieb Kind zu machen und sich offiziell als Berater von Leopold und Albrecht hinzustellen. Insgeheim hat er dann die Herrschaften Frankenberg und Attersee und wie sie alle heißen erworben und meine Brüder gegeneinander ausgespielt. Das, was ihm jetzt passiert ist, geschieht ihm ganz recht!«, ereiferte sich Katharina.
»Was ist ihm denn passiert?«, fragte Beatrix ahnungslos.
»Ich habe es gerade von einem Minoritenbruder erfahren, untergeschoben hat er ihnen einen Mönch. Irgendwer hat sich als Mitglied des Ordens ausgegeben und unlautere Geschäfte mit Reliquien betrieben, und das schon einige Zeit und mit … mit … na, das möchte ich jetzt gar nicht sagen …«
»Hofmeister Finkenstein«, beendete Beatrix den Satz.
»Wie ich sehe, bist du gut informiert, Schwägerin«, sagte Katharina mit einem erstaunten Nicken.
»Nicht so gut, wie ich gern möchte«, setzte Beatrix zerknirscht fort. »Ich schlage mich schon des Längeren mit einem jungen Adeligen herum, der lange Zeit in Italien verbracht hat.«
»Was meinst du mit herumschlagen, werte Schwägerin?«, fragte Katharina mit Augenzwinkern und erkannte mit Wonne, wie eine leichte Röte die Wangen der jungen Frau überzog.
»Aber was, Katharina. Mein Vater kennt die Familie des jungen Mannes gut, eine Augsburger Kaufmannsfamilie, Alexander von Randegg heißt er, hat sich im Waffendienst in Triest einen guten Namen gemacht. Jedenfalls«, damit legte sich die Stirn der Herzogin in Falten, »er erzählte mir vom Auftrag seines verstorbenen Onkels, des Patriarchen von Aquileia, nach einem Erben von Tirol zu suchen.«
»Meine Brüder sind die Erben von Tirol, erst Rudolf und jetzt Albrecht und Leopold.« Katharinas Stimme verlor mit einmal ihre Liebenswürdigkeit und wurde schneidend und hart. Jetzt konnte sich Beatrix ihre Schwägerin sehr gut als unbeugsame Äbtissin vorstellen und verstand, dass diese Frau, die ihr scheinbar bescheiden und harmlos gegenübersaß, über mehr Macht verfügte, als sie es als junge Herzogin überhaupt erahnen konnte. Katharina, die das erschrockene Gesicht der Schwägerin sah, meinte schon etwas milder gestimmt: »Entschuldige meinen Ton. Weißt du, es ist nur so, dass ich heute schon einmal auf diesen geheimnisvollen Erben angesprochen wurde. Im Zusammenhang mit dem geheimen Gang vom Keller und mit der Köchin. Ich habe das als Spinnerei abgetan, aber jetzt sehe ich das in einem anderen Licht«, damit kramte sie in den Taschen ihrer weiten Nonnentracht und brachte drei Seiten Pergament, eng und zierlich beschrieben, zum Vorschein.
»Bevor ich dir das zu lesen gebe, möchte ich dir noch sagen, dass mir der Name Randegg ebenfalls schon ein Begriff ist.«
»Wie das denn?«, fragte Beatrix erstaunt.
»Nun, irgendwie ist er auf meine Vorliebe für Rebhuhn aufmerksam geworden, jedenfalls hat er mir seinen Knecht mit ein paar schönen Exemplaren vorbeigeschickt. Sie werden eben in der Küche gerupft und zubereitet!«
Mit einem »Seltsam, was der alles weiß« vertiefte sich Beatrix in die drei Briefe, ließ danach die Lektüre sinken und sah Katharina unsicher an. »Was hältst du davon, können die Briefe echt sein?«
»Ob sie wirklich aus der Feder der Gräfin stammen, ist eigentlich unerheblich, du weißt genauso gut wie ich, Beatrix, dass Dokumente in Zeiten wie diesen gefälscht sein können – und mit Erfolg!« Damit spielte Katharina auf ihren vor 18 Jahren verstorbenen Bruder Rudolf den Stifter an, der beseelt von dem Gedanken war, Wien zu ähnlich großer Bedeutung zu verhelfen, wie sein Schwiegervater Karl es mit Prag getan hatte. Weder die Erhebung der Kirche Sankt Stephan zur Metropolitankirche noch die Gründung der Universität waren dem gleich einem König auftretenden Rudolf genug – nein mithilfe der Fälschung eines Dokuments, das weithin als Privilegium Minus bezeichnet wurde, setzte er sich im Rang
Weitere Kostenlose Bücher