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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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schönen Stoffballen geschickt, weil er heiraten will.«
    Lächelnd meinte Elsbeth: »Aber Kindchen, das ist doch erst im Frühjahr, bis dahin ist noch viel Zeit und wir müssen die Kleider ja auch erst nähen, heute stecken wir sie nur ab, probieren sie an und schauen, ob wir genug für alle haben.«
    Gretlin fuhr unbeirrt fort: »Aber die ganze Stadt wird auf den Beinen sein, wir werden beim Einzug mit dabei sein, ich kann es gar nicht erwarten, den Brautwagen zu sehen und …«
    Stirnrunzelnd unterbrach Elsbeth Gretlin und fragte barsch:
    »Was heißt hier, wir werden beim Einzug dabei sein?«
    »Aber Elsbeth, wir alle werden doch den Herzog in der Stadt willkommen heißen, ihm Blumen streuen, deswegen habt ihr dann ja die schönen Kleider an, die wir jetzt schneidern werden.«
    »Genau, Gretlin, wir Frauen haben dann die schönen Kleider an, aber nicht du. Wir werden am Einzug teilnehmen, nicht du!« Als sie die plötzliche Traurigkeit sah, die sich auf dem vor ein paar Sekunden noch so fröhlichem Gesicht des Kindes sah, zerschnitt es ihr das Herz. Sie seufzte: »Du weißt doch, Mädchen, dass ich dich da heraushalten möchte. Das ist nicht dein Platz! Du kannst hier von der Dachkammer zusehen, ich werde es Merckel sagen, der hat gewiss nichts dagegen«, meinte sie betont munter.
    »Aber Elsbeth, das ist nicht dasselbe! Was sehe ich denn von hier, beim Widmerturm muss ich sein«, maulte Gretlin und wandte sich an die nächste Frau, die mit ihrem langen, bis zum Knie reichenden Ärmelzipfel nicht zurande kam und kurzerhand einen Teil des aufgesteckten Ärmels abschnitt.
    »Aber Elsbeth, jetzt lass der Kleinen doch auch einmal ein wenig Freude«, fast lautlos war eine gemütlich wirkende, etwas zu behäbige Frau um die 30 zu Elsbeth getreten. »Außerdem, warum denn jetzt zetern über Dinge, die erst in vielen Wochen geschehen werden?«
    »Nein, Dorthe«, erwiderte diese heftiger als beabsichtigt. »Das muss ich ihr doch beizeiten schon sagen. Sonst sind die Vorfreude zu groß und die Enttäuschung zu heftig. Außerdem: Das ist nicht ihr Platz!«
    »Was ist denn ihr Platz?«, fragte Dorthe und band sich seelenruhig einen schäbigen braunen Gürtel um die schwammige Taille, obwohl er so überhaupt nicht zum blauen Stoff des Kleides passte. Doch alle kannten Dorthe und ihren Gürtel, hatte sie doch einen kleinen Dolch darin verborgen, der schon so manchen hitzigen Freier in Schach gehalten hatte.
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich die Verantwortung für sie habe. Ich muss auf sie aufpassen!«
    »Aber jetzt lass sie heute doch davon träumen, mit uns auf dieses Fest zu gehen. Da ist doch nichts dabei. Du kannst sie doch nicht immer wie unser aller Dienstmädchen behandeln, sie bemuttern oder hier einsperren.«
    Zweifelnd sah Elsbeth zu Gretlin hinüber, die schon wieder guter Dinge war und gerade über das kecke Strumpfband lachte, das ein Mädchen, das kaum zwei Jahre älter war als sie selbst, unter ihr Knie drapierte. Was machte es da schon aus, dass das Knie so dreckig war, dass sich bereits schwarze verkrustete Ringe gebildet hatten!
    »Du kannst sie nicht von allem fernhalten, Elsbeth. Sie wird erwachsen und sie bekommt ja sowieso mehr mit, als du dir vorstellen kannst!«
    Damit entfernte sich Dorthe und ließ Elsbeth zweifelnd zurück. Nachdenklich sah sie zur jungen Gretlin, die wie eine kleine Frühlingselfe unter all den braunen Maikäfern herumflatterte, dort eine Schleife band, hier eine widerspenstige Falte im Stoff glattstrich, da eine weitere Bahn abschnitt, dort eine Gürtelschließe zusammenkettete. Sie biss sich auf die Unterlippe und fuhr sich mit der Hand müde über ihr verhärmtes Gesicht. Wie gern hätte sie ihr auch ein neues Kleid gekauft. Aber keines in diesem dunklen Blau. Heller müsste es sein, blassblau, so wie die Augen des Mädchens, und luftiger müsste der Stoff fallen. Aber was dachte sie da, sie konnte mit ihrem Verdienst den Frauenwirt gerade noch beschwichtigen und ihn widerwillig dazu bringen, sie beide in der engen, kleinen Kammer wohnen zu lassen, obwohl nur sie selbst, Elsbeth, arbeitete. Immer wenn sie Kundschaft hatte, musste sich das Mädchen am Gang unsichtbar machen, sich in den Ecken und Winkeln des schmutzigen Hauses verstecken. Was war das für ein Leben? Resignierend sah sie in die Runde der Frauen und Mädchen. Die Spannung und Vorfreude, die den heutigen Morgen begleitete, verarbeitete jede auf ihre Weise. Die einen saßen mehr oder weniger

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