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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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hinten und vorn zu sparen und jeden Pfennig dreimal umzudrehen. Sie machte sich nichts vor, sie wusste, wo dieses Loch war, das jedes Ersparte gierig verschlang. Sicher war es nicht zum Wohl aller in der gemeinsamen Kasse, nein. Vielmehr war die Meisterin dieses gefräßige Ungeheuer, das ihren Schützlingen und gar sich selbst nichts vergönnte und stattdessen alles ihrem Geldsäckel einverleibte. Johanna wusste zu gut, dass Schwester Cäcilie eher der Habgier als irgendeinem Heiligen oder gar dem lieben Gott zu Diensten stand.
    Diese alte Truthenne, dachte Johanna belustigt und stellte sich wieder einmal den faltigen Hals, den unsteten Blick und die lange, dünne, verrunzelte Nase von Cäcilie vor. Aber gar kein Laster sollte sie haben? Damit war Johanna wieder bei der ihr eigenen Art, die Menschen zu nehmen, wie sie waren, mit Fehlern, mit Unzulänglichkeiten. Wenn die dürre Cäcilie so auf das Geld gierte, dann war das für Johanna in Ordnung. Sollte sie es doch haben. Aber sie war schlau genug, es ihr nicht umsonst zuzuspielen. Wie viele Sonderrechte hatte ihr die Tatsache, dass sie immer wieder findig genug war, neue Einnahmequellen zu erschließen, schon eingebracht! Und sie war sich sehr sicher, dass sie noch viele, viele Einfälle haben würde. Es gab ja inzwischen nichts mehr, was unter der Erde oder auf den Bäumen wuchs, was Johanna nicht unter Zugabe von Kräutern und Gewürzen in Essig einlegte! Jawohl, der Essig hatte ihr Glück gebracht! Dadurch, dass Sankt Hieronymus keinen eigenen Ausschank betreiben durfte, waren die Nonnen gezwungen, ihren Wein an die Wirte zu verkaufen, die sie natürlich gewaltig im Preis drücken konnten. Nun verwendeten sie den Ertrag aus den Weingärten selbst, und Johanna stellte, sobald es wärmer wurde, die großen offenen Tontöpfe, bis an den Rand gefüllt mit Wein im Wirtschaftshof auf, sodass die Sonne ihr Werk vollbringen konnte und den Alkohol im Rebensaft nach und nach zu Essig werden ließ. Dabei achtete Johanna darauf, dass sie besten Wein für die Tontöpfe bekam, nicht den übriggebliebenen Fusel, den andere Essighersteller verwendeten. Das Ergebnis konnte sich wirklich sehen lassen. Kein trüber, scharfer, saurer Trank, sondern klarer, feinster, starker mit dem herben Aroma der Trauben durchsetzter Essig. Die Wiener rissen sich darum, um ihre Lebensmittel für die schlechte Jahreszeit damit haltbar zu machen. In den ersten Jahren war im Herbst bereits der ganze Essig verkauft. Doch Johanna wollte mehr, nicht nur das Grundprodukt verkaufen. So nach und nach begann sie, die eigene Ernte einzulegen, viel mehr, als sie für den Bedarf des Klosters brauchte. Sie begann mit den Gurken, dem Knoblauch und dann mit dem Obst. Zwetschken, Birnen, Kirschen und Marillen kamen alle in den Essig. Und siehe da, jene Wiener, die zur Erntezeit geschlafen oder keine Vorräte horten konnten, rissen ihr die Ware direkt aus der Hand. Mittlerweile hatte ein Großteil der Büßerinnen Arbeit gefunden in der Herstellung von saurem Eingelegtem. Das allein zählte, da konnte der Barthel noch so jammern über die Verschwendung des guten Tropfens! Sie gab allen damit zu essen, den Frauen und Kindern ebenso, denn Wein, in Unmaßen genossen, brachte sowieso nur Unglück über die Familien, davon war Johanna fest überzeugt! Aber das durfte man in Wien, wo in fast jedem Haus ausgeschenkt wurde, ja nicht zu laut sagen!
    Da konnten sie alle die Essiggurkerl-Hannerl nennen, da stand sie drüber, das war ihr gleich. »Also dann nichts wie an die Arbeit«, kommandierte sie sich selbst, strich über ihr graues Habit, hievte sich von der Bank und – stand mit nur einem Schuh da!
    Wie war das mit der Reinigungskraft meines Essigs? Nun konnte sie schon wieder lächeln und machte sich daran, den weggeschleuderten Pantoffel im Hof zu suchen und den Hundedreck abzuwaschen. Doch sie konnte es sich nicht verkneifen, beim Hinausgehen ein »Hundsviecha elendige, Dreckschleudern nixnutzige« von sich zu geben. Fast schien es so, als wäre sie es sich schuldig, diese raue Schale zu pflegen, um den Blick auf ihr ach so weiches Gemüt abzulenken.

    *

    Das Wetter war schlecht und kalt, so wie schon seit Tagen. Immer wieder nieselte es, und der Frühling wollte sich ganz und gar nicht durchsetzen. Ein rauer Wind blies der Reisegruppe, die sich auf ihrer letzten Etappe vor Wien befand, ins Gesicht. Jeder der Mitreisenden versuchte, das Beste aus der Situation zu machen. Fest eingewickelt in ihre Reiseumhänge,

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