Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
Einfahrt des Rathauses drücken, doch es war zu spät, der Bischof hatte Sander bereits gesehen und – was noch viel schlimmer war – wiedererkannt. Er war nicht besonders gut gelaunt, der Bischof. Eben kam er vom Passauer Hof gegenüber der Kirche Maria am Gestade. Hier unterhielt der Offizial des Bistums seinen Haushalt. Na, der war vielleicht beflissen gewesen, als der Bischof höchstpersönlich aufgetaucht war. Sofort gab er ihm die besten Wohnräume und wollte ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen. Gut – das Quartier war zwar zu seiner Zufriedenheit gewesen, es wurde dem Vertreter des Passauer Bistums gerecht, doch das angeschlossene Bad, auf dessen Errichtung er bei seinem Untergebenen schon bei seinem letzten Besuch gepocht hatte, war unzureichend ausgestattet. Er bedauerte vor allem, dass die Badedirnen nicht seinem erlesenen Geschmack Genüge taten. Seiner Meinung nach waren sie zu alt, zu hässlich und obendrein wurden sie seinen besonderen körperlichen Bedürfnissen nicht gerecht. So war er nicht entspannt, nicht genügend ausgeruht und er wusste, dass ihn in dieser Gemütsverfassung ganz alltägliche Dinge ungewöhnlich schnell furchtbar wütend machen konnten. Und diese Alltäglichkeiten ließen nicht lang auf sich warten in Form der Herren von Enns und derer von Wallsee.. Nun, wie gut, dass er den Spross dieses Randeggs hier traf. Der Bischof winkte den überrumpelten Sander zu sich, bedeutete ihm, neben seinem Pferd zu gehen und ihn ein Stück Weges zu begleiten. Müßig zu erwähnen, dass es ihn einen feuchten Dreck kümmerte, ob der Jüngling etwas anderes vorhatte oder vielleicht sogar in eine andere Richtung musste. Folgerichtig wischte er die Einwände und Beteuerungen Sanders, dass er seinen Freund suchen musste, einfach mit einer schlappen Handbewegung beiseite. Als Sander schließlich ergeben neben ihm hertrottete, begann der Bischof zu erzählen. Endlich hatte er ausfindig machen können, wer ihm den toten Gerfalken in der Kartause vor die Nase gehängt hatte. War alles nur eine Frage der Geduld gewesen, unterstützt von ein paar Silberlingen, und schon haben sie geschnattert wie die Gänse am Martinstag. Es war ja so leicht zu durchschauen, dieses Lumpenpack. Und dumm ist es, dieses Geschmeiß, himmelschreiend dumm. Hatte der doch wirklich das Aas des Vogels bei den Sachen dieser kleinen Kanaille, die er sich zum Vögeln mitgenommen hatte, versteckt, als Trophäe, nachdem es ihm, dem Bischof höchstpersönlich vor der Nase gebaumelt war. Und dann, über so viel Blödheit musste er ja fast lächeln, bringt er auch noch die Kleine um die Ecke, als sie plaudern will. Dann knüpft er sie mit Lederbändern zusammen und macht genau dasselbe hier in Wien mit einer Dirne. So ein ausgewachsener Trottel! Macht zweimal dasselbe. Mit Lederbändern. Der Bischof schüttelte den Kopf und bekam nicht mit, dass Sander immer bedrückter neben dessen Pferd ging. Vielmehr setzte er selbstgefällig fort, wie schnell er herausgefunden hatte, dass der Verdächtige Stallknecht bei den Wallseern war. Ganz listig schaute er drein, als er Sander erzählte, dass man Lederbandagen bei ihm gefunden hatte. Die feinen Herren von der Enns wickeln ja Bandagen aus feinstem Leder um die Beine ihrer Reittiere! Ja, die Herren von Enns und ihr Aufwand um die Pferde! Selber schuld. Jedenfalls steckte der Schuft jetzt im Narrenköttl, und da würde er nicht lang bleiben. Denn auf der Gänseweide würde er gehenkt, da kannten die Wiener nichts, ihre Hübschlerinnen waren ihnen das wert!
Sander schluckte und war froh, dass der Bischof nicht den Weg über den Hohen Markt, sondern unter den Lauben zu Sankt Peter und dann den Graben entlang zu Sankt Stephan einschlug. Er dankte Gott, dass der Bischof ihm den neuerlichen Anblick der Kreatur im Käfig unwissentlich ersparte. Daher nahm er anfangs nur sehr unaufmerksam wahr, was der Bischof ihm weiter erzählte. Erst nach und nach wurde er aufmerksamer, als er immer wieder den Namen seines Oheims hörte. Der Patriarch würde schon nichts dagegen haben, hörte er, es seien sowieso nur drei. Ein Weib, zu alt zwar fürs Bett, aber zum Stiefelputzen und für kleinere Dienste durchaus zu gebrauchen, ein Stallbursch, der halt oft seine Nase in den Branntwein steckte und ein junger Bursch, der sich gut auskannte mit allem möglichen Getier und den der Patriarch auch auf die Jagd schicken konnte. Der brachte Hasen, Rebhühner und sonst halt so Kleinigkeiten. Sander sah auf in das
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