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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Emissionsserie finanzierte, um deren Aktien sich die Christen der ganzen Welt reißen würden! Und das alles brach in diesem dummen Wahnsinn des Börsenspiels plötzlich zusammen! Bei seiner Abreise hatte er eine wunderbare Bilanz hinterlassen, Millionen über Millionen, eine Gesellschaft, die so rasch zu hoher Prosperität gelangt war, daß sie die Welt in Staunen versetzte; und nun, da er knapp einen Monat später zurückkehrte, waren die Millionen dahingeschmolzen, die Gesellschaft lag zu Staub zerfallen am Boden, es gab nur noch ein schwarzes Loch, über das das Feuer hinweggerast zu sein schien. Seine Bestürzung wurde immer größer, er forderte heftig Erklärungen, er wollte begreifen, welche geheimnisvolle Macht Saccard getrieben hatte, so verbissen gegen das riesenhafte Gebäude vorzugehen, das er errichtet hatte, es Stein für Stein zu zerstören, wo er doch vorgegeben hatte, es vollenden zu wollen.
     Saccard antwortete sehr klar, ohne ärgerlich zu werden. Nach den ersten Stunden der Aufregung und der Zerknirschung hatte er wieder zu sich selbst gefunden, stand fest auf seinen Beinen und hegte eine unbezähmbare Hoffnung. Verrätereien hätten die Katastrophe zu einem schrecklichen Ausmaß geführt, aber noch sei nichts verloren, er wolle alles wiederaufrichten. Und wenn im übrigen die Banque Universelle so rasch und großartig aufgeblüht war, verdankte sie es dann nicht den Mitteln, die man ihm vorwarf? Die Bildung des Konsortiums, die aufeinanderfolgenden Kapitalerhöhungen, die übereilte Bilanz des letzten Geschäftsjahres, die von der Gesellschaft einbehaltenen Aktien und später die törichterweise in solchen Massen aufgekauften Aktien – das gehörte alles zusammen. Akzeptiert man den Erfolg, muß man auch die Risiken akzeptieren. Wenn man eine Maschine überheizt, kann es vorkommen, daß sie explodiert. Im übrigen gestand er keinen Fehler ein, er habe getan – nur mit mehr Intelligenz –, was jeder Bankdirektor tut; und er ließ nicht von seiner genialen Idee ab, seiner gewaltigen Idee, die Gesamtheit der Papiere zurückzukaufen und Gundermann zu zerschmettern. Das Geld hatte ihm gefehlt, das war alles. Jetzt mußte man von vorn anfangen. Eine außerordentliche Generalversammlung war für den kommenden Montag einberufen worden. Saccard behauptete, er sei sich seiner Aktionäre absolut sicher und würde von ihnen die unerläßlichen Opfer erlangen; er war überzeugt, daß sie auf ein Wort von ihm alle ihr Vermögen brächten. Einstweilen würde man von den kleinen Beträgen leben, die die anderen Kreditinstitute und die Großbanken jeden Morgen für die dringendsten Tagesbedürfnisse vorschossen, weil sie einen zu plötzlichen Zusammenbruch befürchteten, der sie selbst ins Wanken gebracht hätte. War die Krise vorbei, würde alles wieder in Gang kommen und in neuem Glanz erstrahlen.
    »Aber«, so wandte Hamelin ein, den diese lächelnde Gelassenheit schon besänftigte, »sehen Sie in dieser Hilfe unserer Rivalen nicht eine Taktik, die Absicht, sich zunächst in Sicherheit zu bringen, unseren Sturz zu verzögern und uns danach noch tiefer fallen zu lassen? Was mich beunruhigt, ist, daß Gundermann seine Hand im Spiel hat.«
    In der Tat hatte sich Gundermann als einer der ersten angeboten, um die sofortige Konkurserklärung zu vermeiden; er war mit dem außergewöhnlichen praktischen Sinn eines Mannes begabt, der, wenn er gezwungen ist, bei einem Nachbarn Feuer zu legen, sich hinterher beeilt, Wassereimer herbeizuschaffen, damit nicht das ganze Viertel abbrennt. Er war über jede Rachsucht erhaben, er kannte nur den Ruhm, der erste Geldhändler der Welt zu sein, der reichste und der klügste, der alle seine Leidenschaften dem beständigen Wachstum seines Vermögens zu opfern wußte.
    Saccard machte eine Gebärde der Ungeduld, erbittert darüber, daß sich der Sieger als so besonnen und klug erwies.
    »Oh, Gundermann, der spielt den Hochherzigen und glaubt, mich mit seiner Großmut erdolchen zu können.«
    Nach einem Schweigen sagte endlich Frau Caroline, die bis dahin stumm geblieben war:
    »Mein Freund, ich habe meinen Bruder zu Ihnen sprechen lassen, wie er es tun mußte in dem berechtigten Schmerz, den er empfunden hat, als er alle diese beklagenswerten Dinge erfuhr … Aber unsere eigene Lage scheint mir klar, und nicht wahr, mir scheint, mein Bruder kann doch unmöglich Unannehmlichkeiten bekommen, wenn die Sache am Ende schlimm ausgeht. Sie wissen, zu welchem Kurs ich verkauft habe, man

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