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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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wird nicht sagen können, daß er die Hausse angeheizt hat, um einen größeren Gewinn aus seinen Papieren zu ziehen. Und wenn es im übrigen zur Katastrophe kommt, so wissen wir, was wir zu tun haben … Ich teile keineswegs, muß ich gestehen, Ihre starrsinnige Hoffnung. Nur haben Sie recht, man muß bis zur letzten Minute kämpfen, und mein Bruder will Sie nicht entmutigen, seien Sie dessen gewiß.«
    Sie war bewegt und wieder voll Nachsicht für diesen Mann, der eine so zähe Lebenskraft hatte; indessen wollte sie ihre Schwäche nicht zeigen, denn sie konnte sich über sein verwerfliches Treiben, von dem er bei seiner diebischen Leidenschaft eines gewissenlosen Freibeuters nie würde lassen können, keiner Täuschung mehr hingeben.
    »Sicher«, erklärte nun seinerseits Hamelin, müde und mit seinem Widerstand am Ende, »ich will Sie nicht lähmen, wenn Sie kämpfen, um uns alle zu retten. Zählen Sie auf mich, falls ich Ihnen nützlich sein kann.«
    Und in dieser letzten Stunde, angesichts der schrecklichen Bedrohung, beschwichtigte Saccard die beiden abermals, eroberte sie zurück und verließ sie mit den geheimnisvollen, verheißenden Worten:
    »Schlafen Sie ruhig … Ich kann noch nicht sprechen, aber ich habe die absolute Gewißheit, vor Ende nächster Woche alles wieder flottzumachen.«
    Diesen Satz, den er nicht weiter erklärte, wiederholte er allen Freunden des Hauses, allen Kunden, die verstört und erschreckt angelaufen kamen, um ihn um Rat zu fragen. Seit drei Tagen nahm der Galopp quer durch sein Arbeitszimmer in der Rue de Londres kein Ende: die Beauvilliers, die Maugendres, Sédille, Dejoie, einer nach dem andern. Er empfing sie sehr ruhig in soldatischer Haltung, flößte ihnen durch mitreißende Worte neuen Mut ein; aber wenn sie von Verkaufen sprachen, und sei es mit Verlust, wurde er ärgerlich, beschwor sie, nicht eine solche Dummheit zu begehen, und verpflichtete sich auf Ehre, den Kurs von zwei- und sogar dreitausend Francs wiederzuerlangen. Trotz der begangenen Fehler brachten ihm alle weiterhin einen blinden Glauben entgegen: man sollte ihnen Saccard nur lassen, mochte er sie abermals bestehlen, er würde schon alles in Ordnung bringen und sie am Ende alle reich machen, wie er es geschworen hatte. Wenn vor Montag nichts dazwischenkam, wenn man ihm die Zeit gab, die außerordentliche Generalversammlung einzuberufen, so zweifelte niemand daran, daß er die Banque Universelle heil aus den Trümmern bergen würde.
    Saccard hatte an seinen Bruder Rougon gedacht, das war die allmächtige Hilfe, von der er sprach, ohne sich näher erklären zu wollen. Als er Daigremont, dem Verräter, gegenübergestanden und ihm bittere Vorwürfe gemacht hatte, erhielt er von ihm nur die eine Antwort: »Aber mein Lieber, nicht ich habe Sie im Stich gelassen, sondern Ihr Bruder!« Offensichtlich war dieser Mensch im Recht: er hatte das Geschäft nur unter der Bedingung gemacht, daß Rougon daran beteiligt wäre, man hatte ihm Rougon ausdrücklich versprochen; kein Wunder also, daß er sich in dem Augenblick zurückgezogen hatte, da der Minister nicht nur nicht mit von der Partie war, sondern mit der Banque Universelle und ihrem Direktor auf Kriegsfuß lebte. Das war zumindest eine Entschuldigung, gegen die sich nichts einwenden ließ. Betroffen mußte Saccard seinen ungeheuren Fehler einsehen, das Zerwürfnis mit dem Bruder, der allein in der Lage war, ihn zu verteidigen, ihn so unantastbar zu machen, daß niemand wagen würde, seinen Ruin zu vollenden, solange man den großen Mann hinter ihm wußte. Und für seinen Stolz war es eine der schwersten Stunden, als er sich entschloß, den Abgeordneten Huret zu bitten, für ihn zu vermitteln. Er bewahrte dabei eine drohende Haltung, weigerte sich noch immer, zu verschwinden, und forderte Rougons Hilfe, als stünde sie ihm zu, weil Rougon mehr als ihm daran gelegen sein mußte, den Skandal zu vermeiden. Am nächsten Tag, als er Hurets versprochenen Besuch erwartete, erhielt er lediglich einen Brief, in dem ihm in unklaren Worten bedeutet wurde, er solle nicht ungeduldig werden und auf einen guten Ausgang hoffen, später, wenn die Umstände es gestatteten. Er begnügte sich mit diesen wenigen Zeilen und betrachtete sie als ein Neutralitätsversprechen.
    Aber in Wirklichkeit hatte Rougon den energischen Entschluß gefaßt, ein Ende zu machen mit diesem brandigen Glied seiner Familie, das ihn seit Jahren störte, weil er ewig irgendwelche unsauberen Affären befürchten

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