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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Farbengemisch der grünen, roten, blauen Auftragszettel leuchtete, die mit vollen Händen weggeworfen worden waren, so reichlich an diesem Tag, daß das große Becken sie nicht mehr faßte.
    Mazaud war zur gleichen Zeit wie Jacoby und Delarocque in das Maklerzimmer zurückgekehrt. Er trat ans Buffet, trank ein Glas Bier, weil brennender Durst ihn verzehrte, und betrachtete den riesengroßen Raum mit seiner Kleiderablage, dem langen Tisch in der Mitte, um den die Sessel der sechzig Makler aufgestellt waren, den Wandbespannungen aus rotem Samt; der ganze Luxus, banal und verblichen, gemahnte an einen Wartesaal erster Klasse auf einem großen Bahnhof. Mazaud betrachtete den Raum mit der erstaunten Miene eines Mannes, der ihn noch nie richtig gesehen hat. Als er dann wortlos ging, schüttelte er Jacoby und Delarocque die Hand, ganz wie sonst auch, aber alle drei erbleichten unter ihrer korrekten Haltung aller Tage. Er hatte Flory gesagt, daß er an der Tür auf ihn warten solle, und dort traf er ihn in Begleitung Gustaves, der vor einer Woche seine Stellung im Maklerbüro endgültig aufgegeben hatte und einfach bloß aus Neugier gekommen war; immer lächelnd, führte er sein flottes Leben, ohne sich zu fragen, ob sein Vater am nächsten Tag noch seine Schulden bezahlen konnte. Flory indessen, bleich und albern kichernd, bemühte sich zu plaudern; er stand ganz unter dem Eindruck des schrecklichen Verlustes von etwa hunderttausend Francs, den er erlitten, und wußte nicht, woher er den ersten Sou nehmen sollte. Mazaud und sein Angestellter verschwanden im Regen.
    Im Saal hingegen herrschte in der Umgebung Saccards Panikstimmung, hier hatte der Krieg seine Verwüstungen angerichtet. Ohne im ersten Augenblick zu begreifen, hatte Saccard dieser wilden Flucht zugesehen, sich der Gefahr stellend. Warum bloß diese Aufregung? Waren es nicht die Truppen Daigremonts, die da eintrafen? Als er dann vernommen hatte, wie die Kurse nachgaben, sich aber trotzdem nicht die Ursache der Katastrophe erklären konnte, hatte er alle Kraft zusammengerafft, um aufrecht zu sterben. Vom Boden kroch ihm eine eisige Kälte in den Schädel, er fühlte das Unwiderrufliche, das war seine endgültige Niederlage. Das leise Bedauern um das Geld, die Wut über die verlorenen Genüsse waren ohne Bedeutung für seinen Schmerz: er blutete nur wegen der Demütigung, die er als Besiegter hinnehmen mußte, und weil Gundermann einen so glänzenden, endgültigen Sieg errungen hatte, der ein weiteres Mal die Allmacht dieses Königs des Goldes befestigte. In dieser Minute war er wirklich imposant, seine kleine Gestalt bot dem Schicksal die Stirn, kein Blinzeln trübte seinen Blick, mit trotzigem Gesicht kämpfte er allein gegen die Welle der Verzweiflung und des Grolls, die er bereits gegen sich anbranden fühlte. Der ganze Saal brodelte und wälzte seine Wogen zu dem Pfeiler hin; Fäuste wurden geballt, Münder stammelten Verwünschungen, doch Saccard hatte ein unbekümmertes Lächeln auf den Lippen, das man für eine Herausforderung halten konnte.
    Zuerst gewahrte er wie durch einen Nebel hindurch den leichenblassen Maugendre, den Hauptmann Chave am Arm wegführte; mit der Grausamkeit eines ganz kleinen Spekulanten, der entzückt, zusieht, wie sich die großen Spekulanten das Kreuz brechen, hielt ihm der Hauptmann immer wieder vor, er hätte es ja vorausgesagt. Dann trat Sédille an Saccard heran; mit verzerrtem Gesicht und dem irren Ausdruck eines Geschäftsmannes, dessen Firma zusammenbricht, gab er ihm zitternd die Hand, wie um als gutmütiger Kerl ihm zu sagen, daß er ihm keineswegs böse sei. Der Marquis de Bohain hatte sich gleich beim ersten Krachen verdrückt und war zur triumphierenden Armee der Baissiers übergelaufen; er erzählte Kolb, der sich ebenfalls vorsichtig heraushielt, welch unangenehme Befürchtungen ihm dieser Saccard schon seit der letzten Generalversammlung eingeflößt habe. Jantrou war bestürzt weggerannt, um den Schlußkurs der Baronin Sandorff zu melden, die in ihrem Kupee sicherlich einen Nervenanfall bekommen würde, wie es ihr an Tagen mit großen Verlusten widerfuhr.
    Vis-à-vis von dem immer noch stummen, rätselhaften Salmon standen wieder der Baissier Moser und der Haussier Pillerault, dieser trotz seines Ruins herausfordernd und mit stolzer Miene, während sich Moser, der ein Vermögen gewonnen hatte, den Sieg durch Sorgen um die Zukunft verdarb.
    »Sie werden sehen, im Frühjahr haben wir mit Deutschland Krieg. Das riecht

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