Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
Unsauberkeit, der alte Schmutz des verkommenen Professors, den es vom Gymnasium in Bordeaux an die Pariser Börse verschlagen hatte und an dessen Haut noch der ekelhafte Dreck klebte, den er zehn Jahre lang aufgesammelt hatte. Außerdem war er trotz der anmaßenden Sicherheit, die ihm sein neuer Reichtum verlieh, noch immer kriecherisch und unterwürfig, hielt sich zurück und hatte wie früher plötzlich Angst vor irgendeinem Tritt in den Hintern. Er verdiente im Jahr hunderttausend Francs und verbrauchte das Doppelte, niemand wußte wie, denn er prahlte mit keiner Geliebten, offenbar quälte ihn irgendein gemeines Laster, die heimliche Ursache dafür, daß man ihn von der Universität gejagt hatte. Hinzu kam der Alkohol, der ihn seit seinen Elendstagen allmählich zugrunde richtete, der das Werk, das in den verrufenen Cafés von einst begonnen hatte, in dem luxuriösen Klub von heute fortsetzte, ihm die letzten Haare abmähte und seinen Schädel und sein Gesicht bleifarben werden ließ, so daß die einzige Zierde sein fächerförmiger schwarzer Bart blieb, der Bart eines gutaussehenden Mannes, der noch zu blenden vermag. Er hatte Saccard, der erneut von der Linie der Zeitung sprach, mit einer Gebärde unterbrochen, mit der gelangweilten Miene eines Mannes, der seine Zeit nicht mit unnützem Pathos verschwenden, sondern über ernsthafte Dinge mit ihm reden wollte, da ja Huret auf sich warten ließ.
    Seit einiger Zeit machte sich Jantrou neue Gedanken über die Werbung. Er dachte zunächst daran, eine Broschüre von etwa zwanzig Seiten über die von der Banque Universelle geförderten großen Unternehmungen zu schreiben, in einem zwanglosen Stil und spannend wie ein kleiner Roman. Mit dieser Broschüre wollte er die Provinz überschwemmen, sie sollte in den entlegensten Landstrichen unentgeltlich verteilt werden. Dann plante er die Gründung einer Agentur, die einen Börsenbericht abfassen und vervielfältigen sollte, um ihn an rund hundert der besten Zeitungen in den Departements zu schicken: sie würden diesen Bericht gratis oder zu einem lächerlichen Preis erhalten, so daß man bald eine starke Waffe in der Hand hätte, eine Macht, mit der alle konkurrierenden Bankhäuser zu rechnen gezwungen wären. Da er Saccard kannte, flüsterte er ihm seine Gedanken auf eine Weise ein, daß dieser sie aufgriff, zu seinen eigenen machte und derart erweiterte, daß er wirklich etwas anderes daraus machte. Die Minuten gingen dahin, beide waren jetzt dabei, die Verwendung der Gelder aus dem Werbefonds für das Quartal festzulegen, welche Zuschüsse den großen Zeitungen zu zahlen waren, wie hoch man das Schweigen des schrecklichen Bulletinredakteurs eines Konkurrenzunternehmens erkaufen sollte, welcher Anteil bei der Versteigerung der vierten Seite eines sehr alten, sehr angesehenen Blattes zu übernehmen war. Und diese Verschwendungssucht, mit der sie das viele Geld zu Reklamezwecken in alle vier Himmelsrichtungen warfen, machte vor allem ihre ungeheure Verachtung für das Publikum sichtbar, die Geringschätzung, mit der sie als kluge Geschäftsleute auf die finstere Unwissenheit der Masse herabblickten, die alle Märchen bereitwillig glaubt und von den verwickelten Börsenoperationen so wenig versteht, daß die schamlosesten Werbemanöver den kleinen Mann auf der Straße verlockten und die Millionen regnen ließen.
    Als Jordan noch fünfzig Zeilen suchte, um auf seine zwei Spalten zu kommen, wurde er von Dejoie gestört, der nach ihm rief.
    »Ach«, sagte er, »ist Herr Jantrou jetzt allein?«
    »Nein, Herr Jordan, noch nicht … Ihre Frau Gemahlin ist aber da und fragt nach Ihnen.«
    Sehr beunruhigt stürzte Jordan hinaus. Seit einigen Monaten, seitdem die Méchain endlich herausbekommen hatte, daß er unter seinem Namen in »LʼEspérance« schrieb, wurde er von Busch wegen der sechs Wechsel zu fünfzig Francs gehetzt, die er einst einem Schneider ausgestellt hatte. Den Betrag von dreihundert Francs, den die Wechsel ausmachten, hätte er noch bezahlt; aber was ihn erbitterte, waren die riesigen Unkosten, diese Summe von insgesamt siebenhundertdreißig Francs und fünfzehn Centimes, auf die die Schuld angestiegen war. Immerhin war er auf einen Vergleich eingegangen und hatte sich verpflichtet, hundert Francs im Monat abzuzahlen; und weil er das nicht konnte, weil sein junger Hausstand dringendere Ausgaben hatte, stiegen die Kosten von Monat zu Monat, die Sorgen fingen von neuem an und wurden unerträglich. Im Augenblick war

Weitere Kostenlose Bücher