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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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sich um seinen Haushalt zu kümmern und ihm als treue Hausdame zu Einsparungen zu verhelfen, obwohl sich beider Vermögenslage geändert hatte. Und ihre lächelnde Ruhe, ihre stets gleichbleibende Stimmung war nur getrübt durch die Gewissensfrage, was aus Victor werden solle, durch ihre Unschlüssigkeit, ob sie dem Vater die Existenz seines Sohnes noch länger verheimlichen dürfe. Man war mit Victor im »Werk der Arbeit«, wo er nur Unheil anrichtete, sehr unzufrieden. Die sechs Probemonate waren verstrichen; sollte sie das kleine Monstrum vorführen, bevor sie es von seinen Lastern gereinigt hatte? Zuweilen litt sie richtig darunter.
    Eines Abends war es so weit, daß sie sprechen wollte. Saccard, den die knausrige Einrichtung der Banque Universelle zur Verzweiflung brachte, hatte den Verwaltungsrat bewogen, das Erdgeschoß des Nachbarhauses zu mieten, um die Büroräume zu vergrößern, bis er den Vorschlag wagen konnte, das prachtvolle Palais seiner Träume zu bauen. Erneut ließ er Verbindungstüren durchbrechen, Zwischenwände niederreißen, weitere Schalter aufstellen. Und als Frau Caroline vom Boulevard Bineau zurückkehrte, verzweifelt über Victors Schandtat, der einem Kameraden beinahe das Ohr abgebissen hatte, bat sie Saccard, mit ihr in die Wohnung hinaufzugehen.
    »Mein Freund, ich habe Ihnen etwas zu sagen.«
    Als sie aber nach oben kamen und sie ihn so vor sich sah, wie er die eine Schulter voll Gips hatte und ganz entzückt war über einen neuen Vergrößerungsplan, den er sich gerade ausgedacht hatte, nämlich auch den Hof des Nachbarhauses zu überglasen, fand sie nicht den Mut, ihn mit ihrem erbärmlichen Geheimnis aufzuregen. Nein, sie würde noch warten, der abscheuliche Taugenichts mußte sich doch einmal bessern. Gegen fremden Kummer war sie machtlos.
    »Ach, lieber Freund, es war wegen dieses Hofes. Ich hatte gerade denselben Gedanken wie Sie.«

Sechstes Kapitel
    Die Redaktion der »Espérance«, der in Bedrängnis geratenen katholischen Zeitung, die Saccard auf Jantrous Anraten gekauft hatte, um sie für den Start der Banque Universelle arbeiten zu lassen, befand sich in der Rue Saint-Joseph in einem dunklen und feuchten alten Haus, wo sie das erste Stockwerk des Hofgebäudes einnahm. Vom Vorzimmer ging ein Korridor ab, in dem ewig die Gasbeleuchtung brannte; links war das Arbeitszimmer Jantrous, des Direktors, dann ein Zimmer, das sich Saccard vorbehalten hatte, während rechts auf den Sitzungsraum der Redaktion das Arbeitszimmer des Sekretärs und die Büros der verschiedenen Ressorts folgten. Auf der anderen Seite des Treppenabsatzes waren die Verwaltung und die Kasse untergebracht, die ein kleiner Gang, der hinter der Treppe vorbeiführte, mit der Redaktion verband.
    An jenem Tag schrieb Jordan im Redaktionszimmer, wo er sich zeitig eingefunden hatte, um nicht gestört zu werden, einen Lokalbericht zu Ende, als es vier Uhr schlug; er ging hinaus zu Dejoie, dem Bürodiener, der trotz des strahlenden Junitages draußen bei weit aufgedrehter Gasflamme saß und begierig die soeben eingetroffenen Börsennachrichten las, von denen er als erster Kenntnis nahm.
    »Sagen Sie, Dejoie, ist nicht vorhin Herr Jantrou gekommen?«
    »Ja, Herr Jordan.«
    Der junge Mann zögerte, ein kurzes Unbehagen hielt ihn einige Sekunden zurück. In den schwierigen Anfang seiner glücklichen Ehe waren alte Schulden hereingeschneit; obwohl er Glück gehabt und diese Zeitung gefunden hatte, die Artikel von ihm brachte, war er in gräßlicher Verlegenheit, zumal sein Gehalt gepfändet wurde und er an diesem Tag einen neuen Wechsel zu bezahlen hatte, wollte er nicht seine paar Möbel versteigert sehen. Schon zweimal hatte er den Direktor, der sich hinter dem ihm übergebenen Pfändungsbefehl verschanzte, vergeblich um einen Vorschuß gebeten.
    Dennoch faßte er sich ein Herz und näherte sich der Tür, als der Bürodiener sagte:
    »Herr Jantrou ist aber nicht allein.«
    »Ach, wer ist denn bei ihm?«
    »Er ist mit Herrn Saccard gekommen, und Herr Saccard hat mir ausdrücklich aufgetragen, nur Herrn Huret vorzulassen, den er erwartet.«
    Jordan atmete auf, durch diese Frist erleichtert, denn es war ihm so peinlich, um Geld zu betteln.
    »Gut, dann schreibe ich noch meinen Artikel fertig. Sagen Sie mir Bescheid, wenn der Direktor frei ist.«
    Aber als er gehen wollte, hielt ihn Dejoie mit lautem Jubelschrei zurück.
    »Wissen Sie schon, daß die Universelle-Aktien auf siebenhundertfünfzig stehen?«
    Mit einer Gebärde

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