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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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es nur einen wirklichen Kummer im Haus gegeben, und das war die Tatsache, daß Lao Tas Frau keine Kinder bekam. Sie konnte nie vergessen, daß sie fast zehn Jahre älter war als Lao Ta, und in ihrer Ungeduld glaubte die Frau mehrmals, daß sie ein Kind trüge; dann verkündete sie es sogleich und mußte später eingestehen, daß sie sich geirrt hatte. Als dies zum drittenmal geschah, wurde Ling Sao ärgerlich, und sie sagte: »Erzähle mir nicht mehr, daß du ein Kind in dir hast, bis dein Bauch dick ist und ich es selber sehen kann.«
    Darauf sprangen Lao Tas Weib die schnell bereiten Tränen aus den Augen, und Ling Sao, die das sah, fuhr verdrossen fort: »Auch dann mag es noch nicht soweit sein; ich habe nämlich Frauen gekannt, die so voll Winde waren, daß sie sich alle täuschten; bei ihnen kam es sogar zur Geburt, aber da brachten sie nichts als einen Windbeutel hervor.«
    Als die Frau dann endlich wirklich mit einem Kind ging, wollte Ling Sao es nicht glauben, bis das Kind geboren war. Ach, daß dies Kind ein sehr kleines und runzliges Mädchen sein mußte! Ling Sao mißfiel es auf den ersten Blick, und so gab es einen neuen Kummer im Haus. Jade aber stellte sich im geheimen auf die Seite des kleinen Mädchens und machte Ling Saos Abneigung soweit wie möglich wieder gut. Die Wahrheit war, daß Ling Sao von jeher vor Gesundheit so gestrotzt und so prächtige Kinder geboren hatte, daß sie sich schämte, ein so kleines und gelbes Geschöpf aus ihrem Blute hervorgehen zu sehen.
    »Iß!« Und wenn die Kleine aus Angst vor ihrer Heftigkeit weinte und deshalb nicht essen konnte, dann gab es Ling Sao einen Stich ins Herz, und sie wurde noch wütender. Jade aber nahm das Kind in ihr Zimmer, als es älter wurde, lockte es mit einem Ei oder mit Nudeln, die in Bohnenöl gekocht waren, oder sonst einer Leckerei, und weil sie lächelte und freundlich war, aß die Kleine bisweilen.
    Die ganze Zeit behielt Jade unter ihrem ruhigen Gesicht und hinter ihren sanften Augen ihre Gedanken, die sie mitunter sogar vor Lao Er, ihrem Gatten, verbarg. Und diese Gedanken kreisten fortwährend um Mayli und Lao San oder Sheng, wie er ihres Wissens jetzt genannt wurde. So war es gewesen seit dem Tag vor vielen Tagen, als Lao Er ihr gesagt hatte, sie dürfe nicht davon träumen, dieses Haus jemals wieder zu verlassen und fortzugehen, um das Land zu befreien.
    »Es ist unsere Pflicht, hier bei unserem Vater zu bleiben und das Land zu hüten«, hatte er zu ihr gesagt. »Und wir müssen auch geduldig warten, bis der Tag der Freiheit hierherkommt.«
    Deshalb blickte sie auf Mayli und Sheng mit der steten, unwandelbaren Hoffnung, daß sie und andere gleich ihnen eines Tages das Volk von den Fesseln des Feindes befreien würden. Wenn jene nicht die Freiheit brachten, dann gab es nur die Aussicht, daß ihre prächtigen Söhne als Sklaven und Besiegte aufwuchsen. Sie konnte sie jetzt mit versteckten Nahrungsmitteln füttern, konnte alles tun, damit sie stark und aufrecht wurden, aber was nützten starke, aufrechte Männer, wenn sie Sklaven bleiben mußten? Immer wieder hob die nachdenkliche Frau die Augen zum sternenbestickten Nachthimmel oder blickte über die grünen Felder, und ihr Herz schwoll und schmerzte vor Sehnsucht nach Freiheit. Dann schrie es zuinnerst in ihr, wo niemand außer ihr es hören konnte: »Wenn wir nicht befreit werden, möchte ich meine Söhne lieber jetzt in ihrer Kindheit töten!«
    Eines Tages nun erhielt Jade Maylis Brief, in dem stand, daß Sheng ausgezogen war, die Weißen zu retten, daß er nicht zurückgekehrt und daß niemand wußte, wo er sich befand; und sie las auch, was Mayli zuletzt geschrieben hatte. »Wir sind im Rückzug begriffen«, las sie und las es nochmals. »Diejenigen, die wir zu befreien kamen, haben uns verraten.«
    Zum Glück war Jade, als sie dieses las, allein. Der Sommer begann heiß zu werden, und die andern hatten sich nach dem Mittagessen zum Schlafen niedergelegt. Sie aber war durch die Freiheitssehnsucht in ihrem Herzen immer schlaflos. So pflegte sie, während die andern schlummerten, im Schatten der Bambusbüsche im Hof zu sitzen. Sie nähte gerade an einer Schuhsohle, als der Brief ihr von einem vorbeikommenden Bauern gebracht wurde, der ihn von einem geheimen Postmann erhalten hatte. Als sie den Brief gelesen hatte, weinte diese Frau, die ihren Tränen sonst nie erlaubte, in ihre Augen zu steigen und über die Wangen zu rinnen. Wenn diejenigen geschlagen und verraten waren, von denen

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