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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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sich gewahrte, begann er in seiner Muttersprache teils verwundert, teils verärgert zu fluchen. Nachdem er sich so weit gefaßt hatte, fragte er nur: »Wo habt ihr eigentlich gesteckt?«
    Hierauf berichtete ihm Charlie mit geraden und einfachen Worten, wie Sheng seine Leute zur Rettung der Weißen angeführt hatte und wie die Brücke gesprengt worden war, wie es keinen Ausweg gegeben und wie sie niedergemetzelt worden, ausgenommen einige wenige, die entkommen konnten; wer jedoch außer ihnen noch entkommen war, das wußte niemand.
    Die blauen Augen des Amerikaners waren hart und sein Kopf erhoben, während er lauschte, und er sprach kein Wort. Als Charlie sah, daß er keine Erwiderung erhielt, fragte er: »Wo sind unsere Truppen?«
    »Sie sind nach Lashio aufgebrochen«, versetzte der Amerikaner auf englisch. »Ich habe Ihren General darauf aufmerksam gemacht, daß sein Plan töricht ist. Er will seine Leute auf einer schmalen Front in einer lächerlichen Tiefe aufstellen. Die Japsen werden ihn bestimmt kriegen, aber er wollte nicht auf mich hören.«
    Charlie übersetzte diese Worte für Sheng ins Chinesische. Der Inder, der bei ihnen war, konnte nur glotzen, denn er begriff nichts; Sheng aber erfaßte sogleich, was der Amerikaner meinte, und er wußte, daß jener recht hatte. Widerwillig bemerkte er: »Sagt dem Amerikaner, daß ich fürchte, er habe recht. Wir wollen uns dann beeilen und unserm General dasselbe sagen. Vielleicht ist es noch nicht zu spät.«
    »Ich verstehe, was Ihr sagt«, erklärte der Amerikaner.
    Er betrachtete Sheng scharf mit seinen blauen Augen, Sheng gab den Blick mit seinen schwarzen Augen zurück, und die beiden fanden Gefallen aneinander.
    »Ich habe Euch schon einmal gesehen«, bemerkte der Amerikaner.
    »O ja«, bestätigte Sheng.
    »Ihr seid der Nanking-Berg-Mann«, fuhr der Amerikaner in seinem rohen Chinesisch fort. »Ich wünschte, Ihr wäret General und nicht der andere. Ihr habt mehr Verstand.«
    Darauf mochte Sheng nicht antworten, denn er konnte nicht zugeben, daß sein Vorgesetzter geringer sei als er selbst. Er sagte nur ruhig zu Charlie: »Wir wollen rasch gehen.«
    So machten sie sich nach einem Dank, den der Amerikaner ohne Artigkeit entgegennahm, eiligst auf den Weg.
    Als sie zu der Stelle kamen, wo sie den Engländer zurückgelassen hatten, fanden sie ihn in einer Wurzelbiegung des großen Feigenbaums schlafend liegen. Ihrem Vorhaben begegnete er mit Widerstand.
    »Wir sollten nach Indien ziehen«, knurrte er Charlie an. »Das ist die einzige Hoffnung, uns zu retten.«
    »Indien!« rief Charlie entsetzt. »Wissen Sie denn überhaupt, daß wir von Indien durch Berge getrennt sind?«
    Aber der Engländer wollte seine Ansicht nicht ändern. »Wenn ich nach Indien gelangen könnte, wäre alles in Ordnung«, beharrte er. »Dort habe ich Bekannte.«
    Weil er aber hilflos war in dem feindlichen Land – denn die Burmesen schossen auf jeden Engländer, den sie sahen –, blieb ihm nichts anderes übrig, als mit ihnen zu ziehen, zumal er sich vor dem Alleinsein fürchtete. So ging er mit ihnen, und sie benutzten kleine Pfade, vermieden alle Dörfer, und wenn sie auf den Landstraßen in der Ferne jemanden daherkommen sahen, schlugen sie sich seitwärts in die Felder oder in den niedrigen Urwald, der die Landstraßen säumte, wo keine Felder waren.
    Nachdem sie so einige Tage gewandert waren, erkannten sie an mancherlei Zeichen, daß sie sich hinter irgendeinem feindlichen Heer befanden, klein oder groß, wer hätte das sagen können? Immerhin mehrten sich die Anzeichen, daß die Gegner vor ihnen waren. Die Dörfer waren halb verbrannt; wo sie unbeschädigt waren, da flatterte eine feindliche Flagge, und die Bevölkerung zeigte Entzücken und Frohlocken über die Niederlage der Weißen, die sie beherrscht hatten.
    Als Sheng dies wahrnahm, sagte er zu Charlie: »Wenn wir die Gegner nicht auf irgendeine Weise umgehen, wird die Schlacht vorüber sein, bis wir den General erreichen; und wenn der Amerikaner recht hat, kommen wir dann zu spät.«

21
    Der General hatte seine Einheiten seinem Plan entsprechend formiert. Tag und Nacht war er wortkarg und unwirsch, denn er konnte nicht vergessen, was der Amerikaner gesagt hatte, und doch wollte er nicht anerkennen, daß er selber unrecht hatte. Mit großer Sorgfalt verteilte er seine Soldaten an der schmalen Front, die er gewählt; und wenn ihn des Nachts Unsicherheit überkam, stärkte er sich an dem Gedanken, daß der Amerikaner

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