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Das Generationenschiff

Das Generationenschiff

Titel: Das Generationenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Moon
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zusammen.
    »Ihre Stimme tut ihm weh«, sagte Madame Flaubert. Eine leise, bissige Stimme, die dasselbe Schaudern hervorrief. »Haben Sie dieses Zucken nicht gesehen? Sie gehen jetzt besser, oder ich sehe mich gezwungen, mit Ihrer Herrin zu sprechen.«
    Kein Geräusch deutete darauf hin, daß er gehorchte. Ford bemühte sich noch einmal, die Augen zu öffnen, und brachte auf einer Seite die Lider fast auseinander. Dann glitt diese Hand seine Stirn hinunter, und er spürte einen Daumen auf den Lidern.
    »Madame hat mir die Erlaubnis erteilt. Sie hielt es auch für das Beste.«
    Ein regelrechtes Zischen folgte, ein Geräusch, von dem er schon einmal gelesen, das er aber noch nie aus dem Mund einer Frau vernommen hatte. Der Daumen drückte sich fester auf sein Auge. Ford sah funkelnde Lichtwirbel. Dann ließ der Daumen mit einem letzten Ruck locker, der eine Warnung zu sein schien, und die Hand sackte schwer auf seine Schulter.
    »Ich kann mir vorstellen, was sie damit gemeint hat.« Jetzt klang Madame Flaubert fast verdrießlich, eine Frau, die von falschen Verdächtigungen in die Irre geführt wurde.
    »Sie hat … sie hat manchmal solche Gedanken.« Ein leises Kratzen am anderen Ende der Kabine; ein Geräusch, als ob sich jemand in einen Stuhl setzte. »Sie hat nicht vergessen, warum Sie hier sind. Und ich auch nicht.«
    Madame Flaubert rümpfte die Nase. Es klang so vielsagend und so falsch wie ihr Zischen. »Sie vergessen sich, Sam. Ein Diener, der …«
    »Madames Koch.« Die Betonung war unüberhörbar. Madames Koch – ihr und nicht Madame Flauberts loyaler Diener. Und war sie jemand, den er nur auf Geheiß seiner Herrin tolerierte?
    Ford wünschte sich, er hätte klar denken können. Er wußte zuwenig darüber, welche Loyalitäten in solchen Situationen ausschlaggebend waren. In der Flotte hätte nur ein vertrauenswürdiger Unteroffizier eines guten Offiziers mit solchen Untertönen wie Sam gesprochen. Aber er konnte sich seine Tante Q. kaum als guten Offizier vorstellen. Oder vielleicht doch? Und warum war Madame Flaubert an Bord, wenn weder Tante Q. noch ihr treuer Diener sie wollten?
    »Wie auch immer. Sie können kaum etwas dagegen haben, daß ich ihn heilen will.«
    »Solang das alles ist.« Sams Stimme war etwas flacher geworden. Aus Wachsamkeit? Aus Angst?
    »Wer von Gewalt lebt, stirbt an ihrem Entzug«, tönte Madame Flaubert. Ford spürte, wie etwas Zartes sein Gesicht berührte, und war gerade zu dem Schluß gekommen, daß es sich um einen Schal oder einen Schleier handelte, als Madame Flaubert es wieder wegzog. »Ich sehe Schmerz in dieser Aura. Ich sehe Gewalt und Trauer. Ich sehe einen Schatten von Bosheit aus der Vergangenheit und sein ungeborenes Kind der Dunkelheit …« Sie hatte einen eigenartigen, nicht ganz musikalischen Ton angeschlagen, der sich in Fords Kopf zu bohren schien und das Denken unterband. Er konnte förmlich spüren, wie er von dieser Stimme davongetragen wurde, als sei sie ein schwerer Strom von Honig.
    »Was haben Sie vor? Wollen Sie, daß er sich schuldig fühlt?« Sams Stimme brachte ihre zum Verstummen, und Ford hatte das Gefühl, als stürze er aus mehreren Metern Höhe ab. Ein Krampf durchzuckte seinen Fuß; er spürte, wie die Laken an ihm zerrten. Bevor Madame Flaubert sich rühren konnte, massierten Sams starke Hände den Fuß und lösten den Krampf.
    »Fassen Sie ihn nicht an!« rief sie. »Sie behindern den Strom der Heilkräfte, sofern er in ihrer Anwesenheit überhaupt ins Fließen kommt.«
    »Er hat sich zu lange nicht bewegt. Er braucht eine Massage.« Wo Sams Hände ihn massierten, spürte Ford Wärme und hatte das Gefühl, daß er sich fast wieder aus eigenen Kräften bewegen konnte.
    »Unmöglich!« Ihre Hand rutschte von seiner Schulter. Er hörte ein Rascheln, als sie aufstand. »Ich kann nichts bewirken, wenn Sie seine Beine wie Brotteig durchkneten, seine Aura aufrühren, die Zeichen verwirren. Seien Sie so freundlich, mich darüber zu unterrichten, wenn Sie fertig sind! Das heißt, wenn er dann noch am Leben ist.« Ein seltsames Geräusch folgte, ein vielfaches Rascheln, dann fügte sie hinzu: »Ich werde dieses Schutzsymbol bei ihm lassen.«
    Es lag kalt auf seiner Stirn, so kalt, als könne es ihm direkt ins Hirn dringen. Er rang um Atem. Aber sie ging, das Rascheln entfernte sich, und er hörte, daß die Tür geöffnet und geschlossen wurde. Sofort zog eine warme Hand das Ding weg, was immer es auch war, und ein warmer Finger zog ein Augenlid hoch.

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