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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Signora Bacchettona.« In ihrer Stimme liegt deutliche Abscheu.
    »Die Invitros, ganz richtig.« Das Gesicht der Lehrerin verzieht sich zu einer absurden Fratze des Hasses. »Die Invitros sind eine Plage für unsere Gesellschaft«, keift sie plötzlich schmerzhaft schrill. »Ihre bloße Existenz ist ein Vergehen gegen den Willen Gottes und das Wunder seiner Schöpfung.«
    Ein Donnern stört die tiefe Stille. Plötzlich fängt die Welt an zu zittern und zu beben. Von irgendwoher dringt ein Heulen, und die Notleuchten glimmen auf wie rötliche Glut.
    Aidalon lehnt sich auf seinem Platz zurück. »Zu Ihnen braucht man eigentlich nicht viel zu sagen: Hochverrat, Mord, versuchter Mord, Diebstahl, Sachbeschädigung, Zusammenarbeit mit und Anstiftung einer Widerstandszelle … Die Liste Ihrer Vergehen ist lang.«
    »Und doch ist sie nicht annähernd so lang wie die Ihre«, entgegnet Carya mit leiser, aber fester Stimme.
    »Schweigen Sie!«, fordert der Großinquisitor mit scharfer Stimme. »Wie können Sie es wagen, hier zu stehen und auch noch das hohe Gericht zu beleidigen?«
    Das Zittern wird stärker. Die Stimme eines Automaten spricht zu ihr, aber Carya versteht nicht, was sie sagt. Alle Anzeigen flackern und blinken hektisch. Ein Warnsignal kündet vom ungeplanten Abweichen ihrer Flugroute.
    »Er wollte nur ein Kind mit der Frau, die er liebte. Aber wir Menschen, wir Schöpfer der Invitros, haben ihnen dieses Geschenk versagt.«
    »Wir hier in Arcadion haben nichts mit den Invitros zu tun! Sie sind ein Relikt der alten Zeit, das Erbe einer früheren, verderbten Menschheit.«
    Carya ballt die Fäuste. »Sie irren. Die Menschheit ist heute noch genauso …«
    »Still!«, donnert der Großinquisitor. »Ich bin nicht hier, um philosophische Diskussionen zu führen, schon gar nicht mit einer Hochverräterin. Dies ist ein Gericht. Und vor dem Gesetz sind Sie schuldig!«
    Oben ist unten, unten ist oben. Die Kapsel bockt und wird herumgewirbelt, als wäre sie ein loses Blatt im Wind. Carya wird in ihrem Sicherheitsharnisch umhergeschleudert. Eine unsichtbare Kraft, schwer wie ein Motorwagen, presst auf ihre Brust und macht das Atmen beinahe unmöglich.
    »Ich hatte bereits so ein seltsames Gefühl, als ich dich in Orly auflas«, gesteht Cartagena. »Dieses Gefühl wurde zur Gewissheit, als du mir von dem vor zehn Jahren abgestürzten Raketenflugzeug erzählt hast. Du warst das Mädchen, das wir damals verloren haben.«
    »Verloren?«, fragt Carya. »Ich habe zur Erdenwacht gehört?«
    Cartagena gluckst. »
Gehören
ist der richtige Ausdruck. Ja, du gehörtest der Erdenwacht. Wir haben dich erschaffen, dich ›programmiert‹. Du bist eine Invitro, Carya, gezüchtet, um die perfekte Attentäterin zu sein.«
    Das Licht geht aus, geht wieder an. Irgendwo heulen Triebwerke und versuchen, das Raketenflugzeug zu stabilisieren. Ein furchtbares Krachen ertönt, gefolgt von einem metallischen Kreischen. Die Kapsel wirbelt herum, überschlägt sich, wirft Carya in ihrem Gurtwerk hin und her.
    Erneut schreit Tobyn auf, erstickt und abgehackt, während der Maskierte sein blutiges Handwerk verrichtet.
    »Bitte …« Rajaels Stimme ist kaum noch ein Flüstern. »Hilf ihm …«
    »Tobyn!«, schreit Carya.
    Der Kopf von Rajaels Freund ruckt herum.
    Die Welt verliert alle Farbe, wird langsam grau und schmal. Sie hat das Gefühl, als blicke sie in einen tiefen Abgrund.
    »Rajael liebt dich!«
    Dann schießt sie.
    Direkt vor ihr leuchtet ein großer roter Knopf. Alles andere ist grau, aber er glüht in tiefem Rot.
    Mit einem Schrei wirft sie sich Cartagena entgegen. Sie wird ihn umbringen, bevor er sie mit seiner fremdartigen Pistole töten kann. Dessen ist sie sich sicher.
    Doch er drückt nicht ab. Er macht überhaupt keine Anstalten, sich zu wehren. Stattdessen sagt er nur ein Wort: »Nemesis.«
    In ihrer Angst schlägt sie darauf.

Kapitel 23
    Carya bäumte sich auf der Pritsche auf und erbrach ihr Abendessen. Sie wollte sich gerade zurücklehnen, als sich ihr Magen erneut verkrampfte und ein zweiter Schwall klatschend auf dem gefliesten Boden des Labors landete.
Das gute Lamm.
Keuchend rang sie um Atem. Ihr ganzer Körper schien ein einziger angespannter Muskel zu sein. Ihre Augen tränten vor Anstrengung. Sie fühlte sich hundeelend.
    »Alles okay, ganz ruhig. Es ist vorbei, Carya.« Emm tauchte vor ihr auf, ein feuchtes Tuch in der Hand, und wischte Carya damit das Gesicht ab. »Es ist vorbei«, wiederholte sie in tröstendem

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