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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Mann war eindeutig schlanker, und sein Gang passte nicht.
    Zielstrebig hielt er auf sie zu, und als er eine der Laternen passierte, erkannte sie ihn. Es handelte sich um Ferrer, den Gefährten von Emm. Wortlos trat er neben sie und legte den Zeigefinger an die Lippen. Er setzte sich neben sie auf die Bank und öffnete seinen Beutel. Eine Minute später trug Carya wieder eine Schutzmanschette über ihrem Armband, und ein kleiner, schwarzer Kasten stand neben ihnen auf der Bank.
    »Hallo, Carya«, begrüßte Ferrer sie, als sie endlich frei reden konnten. »Schön, dich zu sehen. Gehe ich recht in der Annahme, dass du nicht hier draußen sitzt, um den Mond anzuheulen?«
    Wenn du wüsstest
, dachte Carya. »Ja, ich habe mich entschieden. Ich bin dabei.«
    »Was hat dich umgestimmt – wenn ich fragen darf?«
    »Die Aussicht, den Rest meines Lebens in diesem Tal zu verbringen.«
    Ferrer grinste. »Die meisten Leute jenseits der Berge würden sich für diese Gnade ein Bein abhacken – vorausgesetzt sie wüssten von uns. Aber ich verstehe, was du meinst. Auf so außergewöhnliche Leute wie uns wirkt selbst ein Paradies wie dieses eng und bedrückend.«
    »So in etwa«, bestätigte Carya.
    »Dann komm.« Er stand auf. »Du kannst schließlich nicht die ganze Nacht hier unter dem Baum sitzen, auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass die Erdenwacht um diese Uhrzeit so genau auf ihre Überwachungsgeräte schaut, solange du keinen Alarm auslöst.«
    Sie gingen den Weg zurück, den Ferrer gekommen war, und erreichten nach wenigen Minuten einen unauffälligen Personenwagen, der am Ende einer Straße neben einer übermannshohen Mauer parkte, die, wie es aussah, ein privates Anwesen eingrenzte. Sie fuhren das Tal hinauf in Richtung Westen, die Richtung, die Carya und Pitlit bislang noch nicht erkundet hatten.
    »Wie lange werden wir unterwegs sein?«, wollte Carya wissen.
    »Nicht lange«, antwortete Ferrer. »Vielleicht eine Viertelstunde.«
    »Und wohin fahren wir?«
    »Zu einem der zwei großen Brutzentren der Erdenwacht. Ziyi arbeitet dort, und dort wird sie auch die Prozedur durchführen.«
    Erstaunt blickte Carya vom Beifahrersitz zu ihm hinüber. »Sind da nicht noch andere Menschen unterwegs? Und gibt es da nicht Wachen und Kameras und solche Dinge?«
    »Um Wachen oder Kameras brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Wozu sollte es die im Brutzentrum geben? Wir sind in diesem Tal eine eingeschworene Gemeinschaft. Bei uns betreibt niemand Industriespionage oder so etwas. Und die anderen Mitarbeiter umgehen wir einfach. Ziyi hat einen privaten Forschungsbereich, der von uns sozusagen kontrolliert wird. Ich habe heimlich ein paar Vorwarnsysteme eingebaut, sodass uns gemeldet wird, wenn uns jemand zu stören droht.«
    »Du kannst ziemlich gut mit Technik umgehen, was?«
    Ferrer zuckte mit den Achseln. »Dafür wurde ich geschaffen. Bloß muss bei meiner Programmierung was schiefgelaufen sein. Ich empfinde es nicht als Erfüllung, tagein tagaus in der Fabrik auf meinem Platz zu sitzen und Feinelektronik zu warten oder zu reparieren. Ich will mehr vom Leben! Aber das geht nicht, solange der Rat hier das Sagen hat.«
    Sie näherten sich einem großen Komplex, der aus einer Gruppe flacher, kastenförmiger Gebäude bestand. Die weiß getünchte Fassade wurde durch lange Reihen spiegelnder Fenster durchbrochen. Scheinwerfer an der Dachkante erhellten das Gelände.
    Bevor sie hineinfuhren, hielt Ferrer am Straßenrand an und holte eine Tasche hervor, die er auf dem Rücksitz des Wagens verstaut hatte. Er öffnete sie und zog einen grauen Overall mit orangefarbenen Zierstreifen heraus. »Hier, zieh den an. Damit verwandelst du dich in eine Laborassistentin, die niemand weiter beachten wird. Ich mache es genauso.«
    Sie stiegen aus und kleideten sich im Schutz des Wagens rasch um. Carya steckte außerdem ihre bislang im Zopf getragenen Haare hoch, damit sie kein unnötiges Aufsehen erregten. Ihre abgelegte Kleidung packten sie in die Tasche, die Ferrer im Kofferraum verschwinden ließ. Danach fuhren sie weiter, auf das Gelände des Brutzentrums. Es gab kein Tor und keinen Zaun, was sehr praktisch war, denn so konnte Ferrer ihr Fahrzeug einfach um das Hauptgebäude herumlenken und am Seiteneingang eines benachbarten Bauwerks parken. »Benimm dich ganz unauffällig«, schärfte er Carya ein, als sie den Wagen verließen. »Niemand hier kennt dich. Niemand wird auf dich achten. Halte dich einfach an mich.«
    Ferrer drückte auf einen

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