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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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verschwinden.« Er drehte sich um, und gemeinsam liefen sie den Korridor entlang in Richtung Ausgang. »Also, wie ich schon sagte«, fuhr Pitlit fort, »ihr wurdet abgeführt. Weil ich nicht wusste, was ich machen sollte, bin ich wieder zurück zum Versteck gelaufen. Mann, ich kann euch sagen, danach waren meine Füße platt. Na, jedenfalls war Emm mittlerweile wieder da, der ich alles erzählt habe. Sie ist daraufhin halb ausgeflippt und hat ziemlich über euren Leichtsinn geschimpft und dass sie es euch doch gleich gesagt hätte. Danach hat sie mir verraten, dass sie auf einer geheimen Versammlung der Arbeiterführer gewesen sei und dort mit den anderen Invitros wild diskutiert hat. Deshalb ist es so spät geworden.«
    »Offensichtlich hatte sie Erfolg«, meinte Carya. Nun, da sie sich frei durch das Gebäude bewegen konnte, erkannte sie, dass sie sich offenbar in der Kaserne der Zonengarde befanden, in der sich gegenwärtig allerdings überwiegend aufgebrachte Invitros herumtrieben, die die wenigen, im Gebäude verbliebenen Gardisten zusammenscheuchten, Inhaftierte freiließen und sich bewaffneten.
    »So richtig allerdings erst, als sie am nächsten Morgen noch einmal losgezogen ist. Diesmal durfte ich mitkommen. Wir sind in den Industriebezirk gefahren und haben dort einige Leute getroffen. Denen hat Emm berichtet, dass ihr geschnappt worden seid und dass es jetzt an ihnen läge, die Welt zu retten – so ungefähr jedenfalls. Ich weiß nicht, wie es kam, aber irgendwie hat sich diese Nachricht dann wie ein Lauffeuer verbreitet, und das Ganze nahm unerwartet Fahrt auf. Plötzlich haben einige Invitros ihre Arbeit niedergelegt, danach hieß es, eine Demonstration sei im Gange. Wir sind den halben Nachmittag nur herumgerannt, weil Emm alle sammeln wollte, damit wir gemeinsam handeln könnten und nicht jeder für sich.«
    Sie verließen das Gebäude und gelangten auf den Hof. Mit Staunen nahm Carya zur Kenntnis, dass dieser Aufstand viel größer war, als sie gedacht hatte. Der ganze Hof der Kaserne und auch die Straße dahinter waren voller Menschen. Es mussten Tausende sein. Sie hatten Spruchbänder und Schilder dabei, auf denen sie Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit für die Invitros forderten. Einige skandierten entsprechende Parolen, andere lärmten mit Trommeln und Pfeifen. Das Personal der Kaserne hatte, angesichts der Übermacht vollkommen überfordert, die Waffen gestreckt.
    Neben Carya keuchte Ferrer entgeistert auf. »Ich fasse es nicht. Emm hat anscheinend wirklich alle mobilisiert. Ich wusste ja, dass sie gut reden kann, aber so gut?«
    »Tja, das ist das Ergebnis«, sagte Pitlit und deutete auf die protestierenden Invitros. »Vor zwei Stunden sind wir als Demonstrationszug losmarschiert, wobei wir mit der Zeit immer mehr Leute geworden sind. Die kamen echt aus allen Löchern hervor. Unser Ziel sollte das Ratsgebäude sein. Wie es der Zufall wollte, lag die Kaserne auf dem Weg. Und Emm hielt es wohl für eine gute Idee, hier einen Zwischenstopp einzulegen.« Er grinste vielsagend.
    »Ferrer!«, rief eine Frauenstimme aus der Menge. »Carya!« Als sie sich suchend umschauten, entdeckten sie die Invitro-Frau, die sich auf sie zudrängte. Sie war in eine signalrote Kombination gekleidet – vielleicht um als Anführerin des Zuges erkannt zu werden – und hielt eine Flüstertüte in der Hand.
    Kaum dass Emm sie erreicht hatte, schloss sie Ferrer stürmisch in die Arme. Ihr Gesicht war vor Aufregung gerötet, und auch ihre Stimme zeugte davon, wie aufgekratzt sie war. Dass die Dinge dermaßen in Bewegung geraten waren, schien sie geradezu euphorisch zu machen. »Ihr seid wohlauf!«, rief sie. »Ich bin so froh. Schaut, was hier geschieht. Ich habe euch doch gesagt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt wäre, um unsere Leute noch einmal zu ermuntern, sich endlich gegen ihre Erdenwacht-Herren zu erheben. Kommt mit, wir müssen an die Spitze des Zuges. Es geht zum Ratsgebäude.«
    Sie stürzte sich wieder in die Menge, und Carya, Ferrer und Pitlit folgten ihr. »Was genau habt ihr beim Ratsgebäude eigentlich vor?«, wollte Carya wissen.
    »Ich habe keine Ahnung, was wir machen werden«, erwiderte Emm fröhlich. »Erst mal ist nur eine Kundgebung geplant. Wir wollen nicht länger die Sklaven der Erdenwacht sein. Sie soll uns als frei und gleichberechtigt anerkennen. Und wenn der Rat dazu nicht bereit ist, wird er eben abgesetzt – oder so. Ich lasse es einfach auf mich zukommen.«
    Oh je
, dachte

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