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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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sie im Stockfinsteren auf ein Hindernis stießen und kenterten, durften sie sich glücklich schätzen, wenn sie bloß ihre Besitztümer verloren.
    Sie durchstöberten die Häuser, aber außer ein paar vermoderten Möbeln, die in von Schimmel und Moos bedeckten Räumen ihrem schleichenden Zerfall harrten, war nichts zu finden. Mit knurrendem Magen legten sie sich in dem Zimmer zur Nachtruhe, das am wenigsten schlimm aussah. Und wieder dauerte es lange, bis Carya Schlaf fand.
    Mit dem ersten Licht des neuen Tages fuhren sie weiter flussabwärts, in der Hoffnung, möglichst bald auf Zeichen von Zivilisation zu stoßen. Am Himmel hingen Wolken, und es roch nach Regen. Caryas Magen fühlte sich an wie ein harter, schmerzhafter Knoten. »Wenn wir nicht bald auf eine Siedlung stoßen, gehe ich an Land und esse das Nächstbeste, was ich finden kann, und wenn es Gras auf einer Wiese ist«, murmelte sie.
    Diese Erfahrung blieb ihr zum Glück erspart. Tatsächlich dauerte es keine zwei Stunden, bis auf einmal Häuser zuerst auf der rechten Uferseite, dann auch auf der linken auftauchten. Kurz darauf stieß Jonan Carya an und deutete auf einen Vorgarten. Wäsche hing dort zum Trocknen. Wenig später erblickten sie die ersten Menschen, die sich soeben zu ihrem Tagewerk aufmachten.
    Sie ruderten zu einem unbenutzten Anlegesteg und vertäuten dort das Boot, bevor sie ihr Hab und Gut wieder ausluden. Eine Wache ließen sie nicht zurück. Keiner von ihnen glaubte, dass hier jemand ein so schäbiges Ruderboot stehlen würde. Außerdem waren sie auch gar nicht sicher, ob sie weiter den Fluss entlangfahren würden. Sie mussten sich zunächst einmal orientieren.
    Sie fanden recht schnell heraus, dass sie in Mâcon angelangt waren, was sie kurzzeitig in Hochstimmung versetzte, denn es bedeutete, dass sie auch ohne Navigator eine der wichtigen Wegmarken auf ihrer Reise zur Schwarzen Zone erreicht hatten. Während sie durch die Straßen gingen, fiel ihnen allerdings eine merkliche Unruhe unter der Bevölkerung auf. Viele Menschen trugen besorgte Mienen zur Schau. Einige schienen größere Einkäufe getätigt zu haben, was Carya und die anderen auf der einen Seite hoffnungsfroh stimmte, denn offenbar gab es irgendwo einen Markt, andererseits aber die Frage aufwarf, was der Grund für diese Panikkäufe war.
    Sie fragten sich bis zu einem Marktplatz durch, auf dem tatsächlich mehrere Bauern der Umgebung Lebensmittel feilboten. Dazu kamen ein paar fahrende Händler, die ein breites Angebot an Waren in ihren Auslagen hatten. Carya ließ ihren Blick über die Lastkutschen schweifen, aber sie stellte rasch fest, dass es sich nicht um Mustards Karawane handelte. Der Zufall wäre auch zu schön gewesen.
    Einem der Händler verkauften sie ihren Einkaufswagen voller Fundstücke. Der Erlös war so gering, dass sie nach kurzer Diskussion übereinkamen, zusätzlich ein paar Medikamente loszuschlagen, um wenigstens Geld für vier Decken und Proviant zusammenzubekommen. Für die kleinen Ampullen aus Deniers Bestand erzielten sie einen deutlich besseren Preis, sodass sie sich kurz darauf mit einem Satz Decken und ein paar Münzen zu den ansässigen Bauern hinüberbegaben, um ihre Vorräte aufzufrischen.
    »Darf ich Sie etwas fragen?«, wandte sich Carya an einen Käsehändler, einen stämmigen Mann, der einfache Kleidung und eine Schiebermütze trug. In seinen Auslagen gab es nicht mehr viel zu holen, aber alles war besser als nichts – oder kaltes Kaninchen.
    »Sicher«, erwiderte der Mann mit nicht allzu großer Begeisterung.
    »Warum herrscht in der Stadt so eine angespannte Stimmung? Haben die Leute vor etwas Angst?«
    Der Bauer hob den Kopf und musterte Carya aus dem Schatten seiner Mütze heraus. »Haben Sie es noch nicht gehört?«
    »Was gehört?«
    »Dass es Krieg geben wird.«
    Jonan, der einen Laib Brot unterm Arm trug, trat zu ihnen. »Dort, wo wir herkommen, gingen Gerüchte um. Wissen Sie mehr darüber?«
    Der Bauer rieb sich die schwieligen Hände. »Na ja, es handelt sich eindeutig um mehr als bloß ein Gerücht. Gestern kam ein Kontingent von Truppen aus Paris hier vorbei. Sicher zweihundert Soldaten mit Transportern und Fuhrwerken. Es hieß, sie wollten nach Grenoble … oder Genève, ich bin mir nicht ganz sicher. Dorthin, wo unsere Grenztruppen stationiert sind.«
    »Der Kaiser sammelt bereits seine Truppen …« Jonan wechselte einen besorgten Blick mit Carya. Die Dinge entwickelten sich fast noch schneller, als sie angenommen

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