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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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verschmolzen mit den ihren zu einem Kuss.
    Carya spürte wie eine Welle heißer Liebe in ihr aufwallte. Sie presste ihren Körper an den seinen und umschlang ihn mit beiden Armen.
    »Autsch. Ah. Vorsicht«, entfuhr es Jonan, und er zuckte zurück.
    »Oh, entschuldige«, stammelte Carya, als ihr bewusst wurde, dass sie seine verletzte Seite erwischt hatte. Sie legte ihm besorgt die Hand auf die Brust. »Alles okay?«
    Er nickte, wenn auch ein wenig gequält. »Nicht so schlimm. Nur eine Fleischwunde.« Erneut trat ein Lächeln auf sein Gesicht, als er Carya wieder in den Arm nahm. »Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Ich habe mich in eine verrückte Attentäterin verwandelt, und du wolltest mich aufhalten«, soufflierte sie.
    »Ach, richtig.« Erneut küsste er sie, und diesmal passte sie auf, als sie den Kuss erwiderte. Eine Weile lang standen sie in inniger Umarmung auf dem Dach des einsam daliegenden Einkaufsmarktes und genossen es, die Welt und all ihre Probleme für einen Moment zu vergessen. Die Sonne verschwand vollends hinterm Horizont, und erste Sterne wurden am Himmel über ihnen sichtbar. Eine sanfte Brise strich um ihre Beine und brachte die Sträucher um sie herum zum Rascheln. Es war ein Moment des Friedens.
    Schließlich lösten sie sich voneinander und blickten sich tief in die Augen. »Ich liebe dich«, flüsterte Jonan. »Und die Erdenwacht kann sich auf den Kopf stellen: Daran wird sich nichts ändern.«
    »Ich liebe dich auch«, erwiderte Carya lächelnd und strich ihm über die stoppelige Wange. Seit sie von Mustards Handelskarawane im Stich gelassen worden waren, hatte Jonan keine Möglichkeit gehabt, sich zu rasieren. Der Bartschatten ließ ihn, zusammen mit der Lederjacke und dem wachsenden Haar, zunehmend verwegen aussehen. Seine Freunde in Arcadion hätten ihn sicher nicht wiedererkannt.
    Jonan öffnete gerade den Mund, als wollte er noch etwas sagen, da fiel Carya hinter ihm etwas ins Auge. »Schau«, rief sie und drehte ihn um. »Eine Sternschnuppe.« Sie deutete auf den glühenden Streifen am Himmel. »Schnell, wünsch dir was.«
    Er kniff die Augen zusammen. »Ich … ich wünschte mir, es wäre eine Sternschnuppe«, sagte er langsam. Sein Blick folgte dem feurigen Schweif am dunklen Firmament, und jetzt merkte auch Carya, dass er bereits viel zu lange leuchtete, um eines der schnell vergehenden Himmelsphänomene zu sein.
    Der Streifen kam näher und zog dann sicher mehrere Dutzend Kilometer nördlich an ihrer Position vorbei. Carya glaubte, ein ganz schwaches Fauchen zu vernehmen. »War das ein Raketenflugzeug?«, fragte sie ungläubig. Unwillkürlich wanderte ihre Hand zu dem Schlüssel, den sie als Anhänger um den Hals trug.
    »Sieht beinahe so aus«, antwortete Jonan. »Zumindest will mir nichts anderes einfallen, das mit so einer Feuerspur und so schnurgerade über den Himmel zieht.«
    »Ob es aus der Schwarzen Zone kommt?«
    »Woher sonst?«
    Carya kniff die Augen zusammen. Die Erscheinung war mittlerweile kaum noch zu sehen. »Was denkst du, wohin es unterwegs ist?«
    Jonan machte ein düsteres Gesicht. »Tja, wenn du mich fragst, fliegt es nach Paris.«

Kapitel 9
    Die Nacht verbrachte Carya in unruhigem Schlummer. Tausend Gedanken beschäftigten sie. Denier ging ihr nicht aus dem Sinn, der auf eine Weise den Tod gesucht hatte, die es ihm erlaubte, noch ein paar Mistkerle mitzunehmen. Noch immer fand sie sein Opfer mutig und selbstsüchtig zugleich.
    Denn sie musste auch an Elje denken, die nun ohne Vater dastand. Bislang hielt sich das Mädchen ungewöhnlich tapfer, hatte offen keine Träne vergossen. Aber im Laufe des Abends hatte Elje sich von den anderen abgesondert und war hinter einem Verkaufstresen für Fleischwaren verschwunden. Von dort war sie bislang nicht zurückgekehrt. Gelegentlich hörte man ein leises Schniefen aus der Ecke. Carya, Jonan und Pitlit ließen sie in Ruhe.
    Und schließlich grübelte Carya über das Raketenflugzeug nach, das Jonan und sie auf dem Dach beobachtet hatten. Was hatte es damit auf sich? Welche Mission führte es in Richtung Paris? War ein neuer Sondergesandter an Bord, der Nachfolger für Magister Milan oder Botschafter Cartagena? Und hatte er neue Intrigen im Gepäck? Die Ungewissheit machte Carya nervös.
    Irgendwann schlief sie doch auf ihrem Lager aus Pappkartons ein, den Kopf auf die zusammengerollte Jacke gebettet, und als sie durchgefroren und steif nach ein paar Stunden aufwachte, vermisste sie einmal mehr schmerzlich die

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