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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Leibeigenen und in diesem Jahr auch die Handwerker sind«, ergänzte Amunhotep, »auf den Feldern.«
    »Und ich glaube, dass es nicht einmal die Felder des Gottes sind, sondern die hoher Beamter und des Oberbaumeisters«, ergänzte Netnebu und senkte beschämt den Blick.
    »Was ist dir über Unterschlagungen von Baumaterial bekannt?«
    »Eigentlich nichts, aber das hat nicht viel zu sagen. Ich bin Vorlesepriester und habe nichts mit der Registrierung oder Überwachung des Tempeleigentums zu tun. Da musst du dich schon an den Schatzmeister oder an Djefahapi selbst wenden.«
    »Djefahapi, euer Oberpriester«, sinnierte Amunhotep mehr zu sich selbst. »Was ist dieser Djefahapi eigentlich für ein Mensch? Ich habe ihn bisher nur ein Mal getroffen. Er versuchte, den freundlichen alten Mann herauszukehren, aber seine Augen waren kalt und leer.«
    »Amunhotep, du bringst mich in eine verzwickte Lage.« Netnebu wirkte verstört. »Du weißt, dass es sich nicht geziemt, über seinen Herrn schlecht zu reden.«
    »Dann rede doch gut über ihn«, empfahl Amunhotep schlicht, und ratlos kratzte sich Netnebu das Genick.
    »Er ist zwar alt, hält aber die Zügel fest in der Hand, was vor allem Ipuwer ärgert, unseren Schatzmeister. Ipuwer hofft, dass Djefahapi bald sein Amt niederlegt und sich zur Ruhe setzt, damit er endlich der Herr über Abydos ist, aber der Oberpriester denkt nicht daran.«
    »
Der Herr über Abydos?
« Amunhotep hatte die Augenbrauen hochgezogen und sah seinen Freund verstört an. »Ich dachte immer, das wäre der Pharao.«
    »Natürlich, aber du weißt doch: Ist der König weit weg und lässt sich nicht sehen, vergessen das die Menschen schnell.«
    »Deshalb hält sich Ramses auch wieder öfter in Theben auf als seine Vorgänger, um der Amun-Priesterschaft näher zu sein. Er will sie mit seiner Anwesenheit daran erinnern, wer der Herr der Beiden Länder ist.«
    »Mit deinem Großvater und dessen Söhnen an der Spitze braucht sich Pharao wohl keine Sorgen zu machen«, stellte Netnebu lächelnd fest.
    »Das mag sein, aber noch einmal zurück zu Djefahapi. Ist er ein ehrlicher und königstreuer Mann?«
    »Nach außen sicher, aber wie es innen aussieht, dass entzieht sich meiner Kenntnis. Der Oberpriester kann sich perfekt verstellen. Wenn man ihn länger kennt, weiß man jedoch, dass man sich vor ihm in Acht nehmen muss. Wer sich gegen ihn auflehnt und ihm nicht gehorcht, hat mit empfindlichen Strafen zu rechnen. Zum Glück kann er mit uns höheren Priestern nicht so verfahren, ansonsten hätte er uns wohl auch schon des Öfteren mit Stockhieben bestraft.«
    Amunhotep glaubte, sich verhört zu haben. Und da gab es Stimmen in Opet-sut, die Ramsesnacht zu viel Strenge vorhielten. Er räusperte sich.
    »Was ist mit dem Rest der höheren Priesterschaft?«, fragte er, und Netnebu grinste.
    »Über den Vorsteher des Lebenshauses und unseren Oberarzt kann ich nichts sagen. Vielleicht sind sie darin verwickelt, ich glaube es aber ehrlich gestanden nicht. Ipuwer hingegen schielt seit Langem nach dem Amt des Oberpriesters und ist fest davon überzeugt, dass er es erhalten wird, wenn Djefahapi endlich einmal abgetreten ist.«
    »Glaubst du, dass er etwas mit den Veruntreuungen zu tun haben könnte?«
    »Schwer zu sagen, Amunhotep. Immerhin ist Ipuwer der Verwalter der Domänen des Gottes sowie seiner Reichtümer und zudem verantwortlich für die Bauarbeiten. Wenn er nicht blind ist, hätte ihm etwas auffallen müssen. Doch vergiss bitte nicht, was ich sagte: Der Herr von Abydos ist Djefahapi, und an den traut sich nicht einmal Ipuwer heran.«
    »Und deshalb bist auch du niemals auf die Idee gekommen zu fragen, wo sich die Handwerker und die Leibeigenen befinden?«
    Hilflos irrte Netnebus Blick durch den Raum und blieb an der Wandnische mit der Lampe aus gebranntem Ton haften. »Einmal habe ich unseren Oberschreiber gefragt, ob er wüsste, warum nur so wenige Handwerker am Tempel des Pharaos bauen. Er meinte nur, ich solle mich um meine Angelegenheiten kümmern, das wäre besser für mich.«
    Amunhotep verschlug es die Sprache. »Er hat dir gedroht?«
    »Man könnte es so ausdrücken. Ich habe dann auch nicht weiter nachgeforscht.« Entschuldigend glitt Netnebus Blick zurück zu seinem Gast.
    »Warum hast du niemandem diese Vorkommnisse gemeldet?«
    »An wen hätte ich mich wenden sollen?« In Netnebus Stimme schwang Verzagtheit, aber auch eine gehörige Portion an Unmut, dass er von Amunhotep zur Rechenschaft gezogen wurde.

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