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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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gegangen war und der Haushofmeister ihr alles gezeigt hatte, hatte sie vor Überraschung einen Freudenschrei ausgestoßen, als sie zum Badehaus kamen. Vor der Tür saß, wie im Haushalt des Kaufmanns Senbi, der elfjährige Piay. Satra hatte nicht gewusst, dass man den verurteilten Knaben ebenfalls nach Abydos geschickt hatte. Als Piay sie erblickt hatte, war er aufgesprungen und freudestrahlend auf sie zugelaufen, um sie zu umarmen. Er war überglücklich gewesen, sie zu sehen.
    Als sie das Badehaus erreichte, stand Piay auf und öffnete ihr die Tür.
    »Ist warmes Wasser da?«, fragte Satra. »Der Herr will baden.«
    Der Junge lachte und bejahte.
    Satra lächelte freundlich zurück und ging an ihm vorbei zum Badestein, um das Wasser in den Ausguss zu schütten, von wo es nach draußen in einen Auffangbehälter floss und zum Bewässern der Grünflächen verwendet wurde.
    »Gibt es bald etwas zu essen?«, erkundigte sich Piay und rieb sich den Bauch. »Ich habe schon wieder Hunger.«
    Satra schmunzelte. Seit einiger Zeit schien Piay unersättlich zu sein und konnte Unmengen an Nahrung in sich hineinstopfen. Wahrscheinlich machte sein Körper gerade einen Wachstumsschub durch.
    »Falls bei mir etwas übrig bleibt, bringe ich es dir«, versprach sie lächelnd und verließ das Badehaus. Sie hörte noch, dass der Junge sich bei ihr bedankte; dann war sie durch den kurzen Flur verschwunden und strebte dem Ausgang zu, um sich zu den Küchen zu begeben, die außerhalb des Anwesens neben den Werkstätten der Tempelhandwerker lagen.
    Es war noch immer brütend heiß, obwohl Re in seiner Barke bereits tief am Himmel stand. Zügigen Schritts eilte Satra dem Küchentrakt zu und warf dabei einen verstohlenen Blick auf die im Bau befindlichen Häuser.
    Die Männer waren fleißig gewesen. Als sie vor nicht ganz einer Woche zum ersten Mal hier vorbeigekommen war, hatten die Arbeiter gerade mit dem Mauern der Wände begonnen. Heute waren diese bis auf halbe Höhe fertiggestellt. Jetzt sahen sie noch recht unansehnlich aus; es würden aber schmucke Häuser sein, nachdem man die Fassaden verputzt und weiß gestrichen hätte.
    Satra hatte den Küchentrakt erreicht und meldete sich bei einem Aufseher. Dieser erteilte einem Gehilfen den Befehl, ihr das mit einem weißen Leinentuch abgedeckte Tablett mit den Speisen für den Oberpriester zu geben. Satra nahm es dankend und lief zurück zu Amunhoteps Haus, wo sie das Abendmahl auf einem Tisch in der Haupthalle kredenzte. Dann schlenderte sie zurück ins Schlafgemach, um darauf zu warten, dass der Oberpriester vom Baden und Massieren zurückkam und sich ankleiden wollte.
    Amunhotep war genauso streng wie Senbi. Er war aber gerecht, was Satra ihm hoch anrechnete. Bis jetzt war sie noch nicht ein einziges Mal bestraft worden. So etwas war ihr aus dem Haushalt des Händlers gänzlich unbekannt. Sie hatte, zugegebenermaßen, Amunhotep aber auch noch keinen Grund zur Klage gegeben; Senbi hätte dennoch einen gefunden, um sie zu schikanieren und verprügeln zu lassen.
    Satra seufzte bei dieser Erinnerung.
    Zudem rechnete sie Amunhotep wohlwollend an, dass er sie nicht im Haus einsperrte. Sie durfte nach getaner Arbeit mit seiner oder Hekaibs Erlaubnis das Grundstück verlassen und sich im Garten aufhalten. Mindestens dreimal täglich kam sie in den Genuss, zum Essenholen durch den kleinen Park zu den Tempelküchen spazieren zu dürfen. Das alleine war für sie nach einem Jahr der Gefangenschaft wie das Geschenk eines gütigen Gottes.
    Hekaib hatte ihr ein Kleid geben wollen, eines, wie es normalerweise Dienerinnen trugen, aber Satra hatte ihn gebeten, ihr einfach ein Hemd und ein Lendentuch zuzugestehen, weil sie sich darin besser bewegen konnte. Die Kleider waren ziemlich eng und lang und wurden von zwei Trägern gehalten. Zudem hatte sie noch nie etwas für Kleider übrig gehabt. Hekaib hatte zwar verständnislos mit den Schultern gezuckt, ihr aber nach Rücksprache mit Amunhotep das Gewünschte zukommen lassen.
    Einzig an den kupfernen Armreif konnte sich Satra nicht gewöhnen. Er drückte und scheuerte, und ihre Haut darunter war völlig wund, sodass ihr der Arm wehtat.
    Mit angehaltenem Atem horchte sie, ob jemand in der Nähe war, und streifte ihn ab. Ein paar winzige Stellen hatten zu bluten begonnen. Vorsichtig betastete sie sie, aber die Blutmenge war so gering, dass sie nicht einmal Rückstände auf ihrem Finger hinterließ.
    Als sie ein Geräusch vernahm, schaute sie hoch und

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