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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erzählt, der Krieg hat uns den Papi weggenommen.«
    Schwabe preßte die Lippen fest aufeinander. »Komm«, sagte er schwer atmend. »Ich zeige dir das Reh.« Er nahm Barbaras Hand und ging mit ihr schnell in den Park.
    Am Fenster des Chefzimmers standen Lisa und Frau Kartuscheck. Sie sahen zu Schwabe und Barbara hinab und warteten, was geschah.
    »Er ist ganz verrückt nach dem Kind«, sagte Frau Kartuscheck. »Ich hätte nicht gedacht, daß es so schnell geht.«
    »Ich schon.« Lisa schloß das Fenster. »Schwabe ist ein ausgesprochen weicher, sensibler Mensch. Und weil er das von sich selbst weiß, umgibt er sich mit dem Panzer der Gefühllosigkeit. Unsere kleine Barbara wird ihm bestimmt bald zeigen, wie absurd das alles ist.«
    »Ich habe Angst vor dem Augenblick, wo er es durchschaut«, meinte Frau Kartuscheck. Lisa schüttelte den Kopf.
    »Ich nicht. Wenn es soweit ist, wird er sich ein Leben ohne das Kind nicht mehr denken können.«
    »Und was dann?«
    »Abwarten!« Lisa zündete sich eine Zigarette an, aber ihre Hand war durchaus nicht so ruhig, wie ihre Worte. »Es wird sich alles einspielen. Im Augenblick können wir nur zusehen.«
    Im Park in der Nähe des Sees stand das zahme Reh und kaute Eicheln, die Schwabe gesammelt hatte. Es hob kurz den Kopf, als es die Witterung der Menschen aufnahm, äugte zu Barbara hin, die ihm fremd war, und fraß dann weiter. Barbara blieb stehen und klatschte vor Freude in die Hände.
    »Wie schön«, rief sie. »Ist das Bambi?«
    »Wieso Bambi?« fragte Schwabe verständnislos.
    »Nicht Bambi? Wie heißt es denn?«
    »Anette.«
    »Warum Anette und nicht Bambi?«
    »Warum soll es denn Bambi heißen?«
    »Alle kleinen Rehe heißen Bambi, weißt du das nicht, Onkel Erich?« Barbara sah Schwabe fast strafend an. Ein ausgewachsener Onkel, der Bambi nicht kennt. »Du kennst Bambi wirklich nicht?«
    »Nein, Babs.«
    »Ich habe ein Bilderbuch, das bring' ich dir morgen mit, ja? Du wirst sehen, alle Rehe heißen Bambi. Mami sagt das auch.«
    »Wenn die Mami das sagt, wird es sicherlich stimmen.« Erich Schwabe trat auf das zahme Reh zu und streichelte es. Es wandte den Kopf, stieß mit der Stirn gegen die Brust Barbaras und leckte ihr dann schnell über die Hand. Barbara quietschte vor Freude.
    »Es hat mich gern«, rief sie. Schwabe atmete tief und schnell. Er hatte den Drang, das Mädchen an sich zu reißen, zu küssen, herumzutragen, in den Armen zu wiegen … Es könnte mein Kind sein, dachte er und hatte das Gefühl, innerlich zu verbrennen. So könnte es auch aussehen, blond wie Ursula. Mein Gott – ich könnte mit dem Kopf gegen die Bäume rennen, ich könnte mir den Schädel einschlagen, so furchtbar ist das, so unerträglich …
    »Wer sollte dich nicht gern haben, Babs«, sagte er mit rauher Stimme. Barbara blickte von dem Reh auf – sah ihn an.
    »Bist du heiser, Onkel?«
    »Ja.«
    »Komm, ich hab' Pfefferminz. Mami sagt, dann bekommt man keinen rauhen Hals.«
    »Du hast eine kluge Mami«, sagte Schwabe stockend.
    Barbara kramte in ihrer Schürzentasche. Sie zog eine Wäscheklammer hervor, ein Stück Bindfaden, zwei zerknitterte Glanzbildchen und einen am Ende zerkauten, stumpfen Bleistiftstummel. Ganz zuletzt kamen die Pfefferminzbonbons zum Vorschein, eine klebrige, aufgerissene Rolle.
    »Da, Onkel«, sagte Barbara strahlend und hielt Schwabe die Rolle hin. »Nimm dir zwei.«
    Schwabe steckte die beiden Pfefferminztabletten in den Mund. Um seine Augen zuckte es. Mensch, heul nicht, sagte er sich. Er schrie sich innerlich an: Reiß dich zusammen. Du kannst doch hier nicht losweinen. Ein Onkel, der weint, verliert doch allen Respekt.
    Aber der Drang in ihm war stärker. Er spürte, wie seine Augen zu schwimmen begannen. Da drehte er sich weg und wischte mit beiden Handrücken über sein zuckendes Gesicht.
    »Was hast du, Onkel?« fragte Barbara. Sie streichelte das Reh und hob Eicheln auf, die sie ihm hinhielt.
    »Mir ist eine Fliege ins Auge geflogen, Babs«, antwortete Schwabe gepreßt. »Ich hab' sie gleich ausgerieben.«
    »Mami hat das auch mal zu mir gesagt«, sagte Barbara und kraulte dem Reh zwischen den Ohren das Fell. »Aber in Wirklichkeit hat sie richtig geweint, ich hab's gesehen, Onkel Erich.«
    Mein Gott, mein Gott, dachte Schwabe. Dieses Kind zerreißt mich völlig, aber es ist ein herrlicher, ein einmaliger Schmerz.
    Mit dem zahmen Reh gingen sie zur Gärtnerei zurück und zum Gewächshaus, in dem das Glasbild vom Froschkönig hing.
    »Wie schön«,

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