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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bekannten«, sagte die Putzfrau. »Ich muß es mitnehmen, weil die Mutter im Krankenhaus liegt. Und der Vater … Na ja, ich erzähle Ihnen das ein andermal. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, könnte die Kleine hier bei Ihnen im Garten spielen, solange ich arbeite … Sie heißt Barbara.«
    »Barbara«, sagte Schwabe leise. »Aber nein, es macht mir nichts aus. Im Gegenteil. Sie kann ruhig hierbleiben, und ich zeige ihr die Blumen und die Käfer und die Vögel und was es hier alles gibt im Garten. Nicht wahr, Barbara?«
    »Ja, Onkel«, sagte die Kleine und streckte Schwabe die Hand hin.
    »Sie hat schon Freundschaft mit Ihnen geschlossen, sieh einmal an«, rief die neue Putzfrau. »Ihr werdet euch gut vertragen, was?«
    »Sicherlich.« Schwabe legte den Schlauch hin und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Dann gab er dem Mädchen die Hand.
    »Ich bin der Onkel Erich«, sagte er, merkwürdig stockend.
    Die kleine Barbara nickte. »Komm, lauf mit mir zum Wasser«, rief sie und lief schon weg zum Teich. »Komm, Onkel Erich, komm.«
    Und Erich Schwabe schob den Hut in den Nacken und lief ihr nach. Zufrieden ging die Putzfrau zum Block B zurück.
    Die junge Sonne brach gleißend durch die Baumwipfel. Es wurde wirklich ein schöner Sommertag.

21
    Nach drei Stunden holte die Putzfrau – sie hieß Frau Emmi Kartuscheck und kam aus Nikolai in Oberschlesien – die kleine Barbara wieder von Erich Schwabe ab.
    Sie fand die beiden in dem Gewächshaus, das Schwabe aufzubauen begann. Drei Schlosser, die in der Klinik lagen, halfen ihm, das Gerüst aus Stahlrohr aufzurichten. Alles andere war für den gelernten Glaser eine Freude und ein Hineinarbeiten in eine verschüttete Vergangenheit. Schwabe maß und schnitt die Gläser zu, setzte sie ein, verkittete sie, strich sie mit weißer Farbe, konstruierte drehbare Entlüftungsklappen und eine Berieselungsanlage, indem er über die Treibhausbeete dünne Eisenrohre zog und diese mit winzigen Löchern anbohrte. Wenn er dann das Wasser andrehte, wurden die Beete nach allen Seiten gleichmäßig besprüht, so, als regne es in ganz feinen Strahlen.
    Als Frau Kartuscheck in das Gewächshaus kam, saßen Schwabe und Barbara vor einem der Beete und betrachteten eine kleine, hellgrüne Pflanze.
    »Das wird einmal ein schöner, großer, leuchtender Weihnachtsstern«, sagte Schwabe und schob mit dem Zeigefinger vorsichtig etwas Erde über einige Wurzeln. Barbara schüttelte den Kopf und lachte.
    »Ein Stern ist doch am Himmel, Onkel.«
    »Die Blume, die aus diesem jungen Pflänzchen wird, nennt man so.«
    »Wer nennt sie so?«
    »Der Volksmund.«
    »Was ist Volksmund?«
    Schwabe kratzte sich den Kopf. »Paß mal auf«, sagte er. »Es gibt einen Vogel, der heißt Sperling. Aber die Leute sagen zu ihm auch Spatz, Mösch und … na ja, und das ist Volksmund. Verstehst du?«
    »Nein, Onkel.«
    Frau Kartuscheck kam durch die engen Gänge des Treibhauses und lachte. »Die fragt Ihnen Löcher in den Bauch«, sagte sie und drückte Barbara an sich. »Und was für Fragen. Das kommt vielleicht davon, daß sie immer unter Erwachsenen war. Ihre Mutter weiß manchmal gar nicht mehr, was sie antworten soll. Und ich auch nicht.«
    »Darf ich morgen wieder mit, Tante Emmi?« fragte Barbara, ehe Schwabe etwas sagen konnte. »Der Onkel kann so schön erzählen. – Von Weihnachtssternen, die in der Erde wachsen, und vom Volks … – wie hieß das, Onkel Erich?«
    Frau Kartuscheck hob wie um Verzeihung bittend die Schultern. »Ich muß sie morgen wieder mitbringen. – Solange ihre Mutter krank ist, wissen wir gar nicht, wohin mit ihr«, sagte sie. »Wenn sie Ihnen nicht allzu lästig fällt mit den vielen Fragen – darf ich morgen wieder? Natürlich kann ich sie im Block B im Gemeinschaftszimmer spielen lassen, aber …«
    Erich Schwabe sah auf das blonde Lockenköpfchen, in die großen blauen Augen und auf den lachenden, kleinen Mund. Es war ihm, als presse man sein Herz mit zwei glühenden Zangen zusammen. Seine Kehle wurde trocken, und er mußte mehrmals krampfhaft schlucken, um überhaupt sprechen zu können.
    »Jederzeit«, sagte er mühsam. »Sie können Barbara jederzeit bringen. Ich bin ja immer hier. Auch wenn Sie Besorgungen machen wollen oder sonst irgend etwas vorhaben. Bringen Sie sie immer zu mir, ja? Ich … ich habe Kinder gern.«
    »Warum haben Sie dann nie geheiratet?« fragte Frau Kartuscheck. Schwabe wandte sich ab und grub mechanisch mit beiden Händen in einem der Beete.
    »Das Leben

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