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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wiederherstellte, Autoplastiken vornahm, knöcherne Nasengerüste baute, transplantierte Fettgewebe als Unterlagerung benutzte, aus Rippenbögen entnommene Knorpelstücke verpflanzte und Augenwimpern durch einen Millimeter breiten Kopfhautlappen ersetzte, diese geduldige Arbeit an der Neuformung eines Gesichts war vorbei.
    Bei der großen Zahl der täglichen Neuzugänge mußten die ›alten Knaben‹, wie sie Dr. Urban nannte, warten. Es galt jetzt, Leben zu retten, das bloße Weiteratmen zu ermöglichen, die Schmerzen zu dämpfen und das zerfetzte Gesicht zu den notwendigsten Funktionen zu bringen.
    »Als Titelbilder kommt ihr sowieso nicht mehr in Frage«, sagte Dr. Urban zu den bedrückt wartenden alten Patienten des Lazaretts. »Und wenn man die Rente bedenkt, die ihr bekommen werdet! Eigentlich ein gutes Geschäft, was? Die anderen arbeiten sich krumm, und ihr streckt die Händchen aus, und schon klimpert's!«
    Es waren wieder jene Reden Urbans, die wie Messer durch die Herzen der Gesichtsverletzten schnitten. »In warmer Eulenscheiße sollt' man ihn ersticken!« schrie der Wastl Feininger nach einer solchen Tirade Urbans.
    »Wie willste 'n det machen?« Der Berliner hob die Schultern. »Ick hab' hier bloß Käuzchen jesehen, und die kacken uff jeden Fall zu wenig.«
    Niemand lachte. Es war ein grimmiger Humor, der die Galle ins Blut trieb.
    Auch Walter Hertz hatte seine Sorgen, die weniger sein Gesicht als sein Herz betrafen. Er hatte Petra Wolfach nicht mehr gesehen seit jenem Abend in der Villa der Eltern, er hatte sich abgeschlossen und saß allein in der Stube mit Erich Schwabe, wenn die anderen zum Kinobesuch ausrückten oder – an der Spitze der Wastl Feininger – in die Schenke ›Zum Bären‹ zogen, um dort das Dünnbier, von dem Berliner ›Urinol‹ genannt, literweise zu trinken.
    Einmal hatte Petra geschrieben. Nur ein paar kurze Zeilen, so, als habe sie das Papier gegen eine Mauer gedrückt und schnell die Worte hingekritzelt. »Warum kommst Du nicht mehr? Ich kann doch nichts dafür, daß Papa so ist. Du weißt doch, daß ich Dich liebe. Bitte, gib mir Nachricht, wann wir uns sehen können. Schreib mir postlagernd – Deine Petra.«
    »Du solltest nicht so stur sein«, sagte Fritz Adam auf einmal. »Du weißt gar nicht, was eine Liebe wert ist.«
    Aber Walter Hertz schüttelte nur den Kopf und blieb stumm.
    Man hat kein Recht auf Liebe mehr mit einem solchen Gesicht, dachte er. Und man muß sich daran gewöhnen.
    Der einzige Glückliche war Erich Schwabe. Er wurde operiert.
    Ein Knorpel sollte als Nasenwurzel eingepflanzt werden, ein biegsamer Pfropfen, um den man später einen Fernlappen aus der Armhaut transplantieren wollte. Eine neue Nase – die einzige vorspringende Stelle in diesem abgehobelten, wie wegrasierten Gesicht!
    Dr. Mainetti hatte mit Professor Rusch die Operation gründlich vorbereitet. Eine Wehrmachtspressestelle in Würzburg hatte die von Frau Schwabe mitgebrachte Fotografie auf Lebensgröße gebracht. Das genaue Kopfmaß war dabei eingehalten worden. Peinlich genau wurden nun Maße und Form der alten Nase berechnet und damit der Umfang des zu verpflanzenden Knorpelstückes. Man konnte ja nicht wissen, ob der überpflanzte Lappen schrumpfte oder wucherte, und danach richteten sich die weiteren Operationen, die noch notwendig waren. Lisa Mainetti zeichnete im Detail die neue Nase, und nach mehrmaligen Röntgenkontrollen wurde Erich Schwabe zur Operation vorbereitet.
    Famulus Baumann und Assistenzarzt Dr. Vohrer machten die Intubationsnarkose. Es war ein langwieriges, noch primitives Verfahren, eine Quälerei für den Patienten, der sich vorkommen mußte wie in einer modernen Folterkammer.
    Erich Schwabe lernte es in vollem Ausmaß kennen. Baumann deutete auf einen Stuhl, als Schwabe in den OP kam.
    »Setz dich, Kumpel!« sagte er. »Und nun reiß mal das Maul auf, so weit du kannst, und streck die Zunge heraus. Denk an Urban, dann gelingt's prima!«
    Schwabe setzte sich und öffnete den Mund, diese Höhle ohne Lippen und Formen. Die Zunge hing heraus wie bei einem hechelnden Hund. Baumann nickte zufrieden.
    »Prima! Paß mal auf, was wir jetzt Schönes machen.«
    Er hielt die Zunge mit einem Stück Zellstoff fest. Dr. Vohrer beugte sich vor und pinselte den Rachen Schwabes mit Kokain ein. Schwabe schluckte krampfhaft, als müsse er sich übergeben.
    »Laß man«, sagte Baumann. »Kotzen is nich. Hast ja nischt im Magen, und schwanger biste ooch nicht.«
    Im Hintergrund

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