Das geschenkte Leben
hängen. Am einfachsten wäre es, du würdest dich auf Zehenspitzen vor den umgekehrten Hintergrund stellen … Nein, auch nichts. Hintern und Busen würden hängen …«
»Mein Busen hängt nicht!«
»Reg dich nicht auf. Dein Busen ist in Ordnung, aber Fleischmassen hängen nun mal, und der Künstler sieht es. Jeder sieht es, wenn auch vielleicht nicht bewußt. Irgend etwas wirkt falsch, auch wenn man nicht genau weiß, was. Das Auge läßt sich nicht täuschen. Es muß wie ein richtiges Tauchen aussehen, oder es ist schlecht.«
»Nun«, sagte sie zweifelnd, »wenn du eine Trittleiter borgen und die Matratze unter deinen Hintergrund ziehen würdest, könnte ich vielleicht in die Kissen springen.«
»Lieber nicht. Nein, ich habe die bessere Idee. Du springst hoch, nicht runter! Kapiert?«
»Wie das?«
»Ganz klar. Hintergrund verkehrt herum – du springst in die Luft. Wie eine Korbballspielerin vor dem Ziel. Ich schieße eine Totserie, tausendstel Sekunde. Wir können sieben-, achtmal wiederholen, bis alles stimmt. Nachher stellst du das Foto auf den Kopf – liebliche Nixe taucht zum Meeresboden.«
»Oh, ja. Natürlich.«
Er begann wieder zu grübeln. »Zuviel für einen Abend. Heute Probebemalung, morgen Hintergrund. Vielleicht heute noch ein paar Probesprünge vor irgendeinem Hintergrund. Dann früh ins Bett, früh auf, und ich bemale dich richtig. Wenn du morgen nach Hause kommst, ist der Hintergrund fertig, und wir machen die richtigen Aufnahmen.«
»Fein«, sagte sie. »Aber warum willst du mich zweimal bemalen? Ich könnte auf der Klappliege schlafen, und bei meinem ruhigen Schlaf würde die Farbe nicht viel schmieren. Dann brauchst du sie morgen früh nur auszubessern.«
Er schüttelte den Kopf. »Zu schwierig. Ich muß erst ausprobieren, wie ich den richtigen Effekt erreichen kann. Auf Anhieb geht das bei mir nicht. Außerdem würde ich dich nicht in Farbe schlafen lassen; bin sowieso dagegen, daß du den ganzen Tag mit Körperbemalung rumläufst.«
»Meine Haut verträgt es.«
»Denkst du. Wenn wir nicht bremsen, wirst du in zehn Jahren wie ein Affenhintern mit Sonnenbrand aussehen. Körperbemalung ist gut und schön – für einen Abend. Dann gründlich abwaschen und einölen und die Haut ein paar Tage in Ruhe lassen. Jeder kann sehen, was den Mädchen passiert, die sich zuviel bemalen. Pickel, Mitesser, Juckreiz, schließlich Ekzeme. Sehr unangenehm und häßlich. Manche sind auch schon erstickt. Keine Hautatmung. Übermorgen mußt du dir für deinen Boß was anderes ausdenken. Das ist amtlich.«
»Ja, Sir.«
»Also wasch dich, während ich die Pizza wärme.«
Einige Minuten später drehte sie die Dusche ab und rief durch die Tür der winzigen Badekabine: »Was hast du gesagt?«
»Pizza ist fertig. Übrigens, der dicke Sam war da.«
»Schneide mir ein Stück ab, ja? Was wollte er? Geld?«
»Nein. Das heißt, ich gab ihm einen Fünfer. Aber er wollte uns für Sonntag einladen. Ganztägige Meditation in Gigis Wohnung.«
Sie kam mit dem Handtuch ins Zimmer. »Ganztägig, hm? Nur wir vier? Oder seine ganze Klasse?«
»Weder noch. Ein Kreis von sieben. Magische Zahl.«
»Partnertausch?«
»Vielleicht. Er sagte es nicht. Bewußtseinserweiterung, sagte er.« Joe zuckte die Achseln. »Sie haben Stoff. Es kann sich was ergeben, natürlich.«
Sie seufzte. »Liebling, es macht mir nichts aus, wenn du ihm fünf Dollar leihst, die du nie wiedersehen wirst. Aber für mich ist der dicke Sam kein Guru. Er ist bloß ein Bock und ein Schnorrer.«
»Das ist nicht wahr. Sam und Gigi teilen, was sie haben, Eunice. Und niemand muß mitmachen, wenn getauscht wird. Nie.«
»Theoretisch. Aber die einzige gute Art, einen solchen Kreis zu brechen, ist, gar nicht erst hinzugehen. Hast du zugesagt? Ich könnte die Zähne zusammenbeißen und lächeln, wenn es sein muß.«
»Nein. Ich sagte, daß ich erst mit dir reden wolle. Morgen muß ich ihm Bescheid sagen.«
»Gibt es einen besonderen Grund für dich, daß wir hingehen sollten? Ist ein Kunstkritiker in diesem Kreis? Oder vielleicht ein Käufer?« Er sah sie stirnrunzelnd an. »Was für spießige Ideen sind das? Bin ich ein bürgerlicher Karrierist, der nur hingeht, wo er wichtige Leute treffen kann? Das war nie meine Art.«
Sie seufzte wieder. »Wenn es Gigi ist, die du im Kopf hast, warum fragst du sie dann nicht, ob sie dir untertags mal Modell stehen will, während ich arbeite? Sie wäre sofort hier oben und würde ihren Hintern schwenken – ich
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