Das Gesetz der Vampire
»Aber ich will Macht, und ich will herrschen, und wenn ich wie ihr niederen Kriecher den Gesetzen gehorche, die uns einschränken und schwächen, werde ich nie ein würdiger Herrscher sein.«
»Die Gesetze schwächen uns nicht, sondern sie schützen uns, und zwar in erster Linie vor jenen Menschen, die Angst vor uns haben und uns zu vernichten trachten, nur weil wir sind, was wir sind«, betonte Gwynal. Auch diese Erklärung galt natürlich hauptsächlich den Jägern. »Du hast aus eigenem freien Willen diese Gesetze aufs Sträflichste missachtet, nur wegen deines persönlichen Machtgewinns. Damit hast du die gesamte Gemeinschaft in große Gefahr gebracht. Schlimmer noch: du hast versucht, Menschen und Vampire in einen Krieg gegeneinander zu hetzen, der unzählige Unschuldige auf beiden Seiten das Leben gekostet hätte.«
»Ja«, gestand Phelps, »und ich bedauere zutiefst, dass es euch gelungen ist, meine Pläne zu durchkreuzen. Ihr hättet tot sein sollen! Meine Falle für euch hätte funktionieren müssen. Ich hätte die Herrschaft übernommen, und mein wäre die Macht gewesen!«
Der Vampir stieß einen Schrei so wahnsinniger Wut aus, dass es keinen Zweifel mehr über seinen Geisteszustand gab. Phelps hatte vielleicht noch nicht komplett den Verstand verloren, war in jedem Fall aber psychisch schwer gestört. Er fletschte die Zähne und fauchte die Wächter hasserfüllt an.
»Morton Phelps«, ergriff Sean ruhig wie bisher das Wort, »du wurdest in allen gegen dich vorgebrachten Anklagepunkten für schuldig befunden.« Er und die anderen Wächter des Tribunals richteten ihre Ringe auf ihn und fragten gemeinsam: »Wie lautet das Urteil?«
Die Lichtstrahlen der Rubine trafen Phelps’ Stirn, der nicht mit der Wimper zuckte und hinterließen dort das Symbol des Todes. Niemand war von diesem Urteil überrascht. Lediglich die Jäger, die so etwas noch nie gesehen hatten, bewegten sich unruhig.
»Die Höchsten Mächte haben das Urteil über dich gefällt«, sagte Sean. »Möchtest du noch etwas sagen, bevor es vollstreckt wird?«
»Yassarra wird sich erheben und alle vernichten, die ihr die Gefolgschaft verweigern«, prophezeite Phelps. »Ihr mögt mich hinrichten, aber eure Tage sind dennoch gezählt, Wächter.« Er reckte das Kinn vor und schwieg.
Die Wächter blickten ihn abwartend an, ob er noch etwas zu sagen hatte, was augenscheinlich nicht der Fall war. Sean beriet sich auf die nur den Wächtern mögliche lautlose Weise mit den anderen vier Mitgliedern des Tribunals, ehe er sich Phelps wieder zuwandte. »Trotz der Abscheulichkeit deiner Verbrechen und der Tatsache, dass du dich bis zuletzt unkooperativ gezeigt hast und deine Taten nicht bereust, gewähren wir dir die Gnade eines schnellen Todes. Das Urteil wird sofort vollstreckt.«
Er nickte Stevie und Vivian zu, die bereits ihre Holzmesser in den Händen hielten und sie jetzt gleichzeitig Phelps von hinten ins Herz stießen. Sekunden später war von ihm nur noch Staub und seine jetzt leere Kleidung übrig. Lady Sybilla warf Sean einen fragenden Blick zu. Als er nickte, sprach sie leise einen Zauber aus, und Phelps’ Überreste lösten sich spurlos auf. Eine Weile herrschte Schweigen im Raum. Schließlich erhob sich Sean und signalisierte damit, dass die Verhandlung beendet war.
Die beiden Wächter an der Tür gaben diese wieder frei, und die Vampire von der Zuschauerbank verließen mit ein paar letzten misstrauischen Blicken auf die Jäger den Raum. Nur einige Wenige blieben noch und ließen die Leute von PROTECTOR nicht aus den Augen. Offenbar fürchteten sie, wenn sie alle gleichzeitig gingen, wären die Wächter den Jägern weitgehend schutzlos ausgeliefert.
Sean trat zu Cecil Tremaine. »Nun haben Sie mit eigenen Augen gesehen, wie wir mit den Verbrechern unter uns verfahren, Mr. Tremaine«, sagte er schlicht. »Ich versichere Ihnen, dass uns langfristig noch keiner entkommen ist. Manchmal dauert es wie bei Phelps eine Weile, bis wir einen erwischen. Ich gebe offen zu, dass wir den nur deshalb schon jetzt dingfest machen konnten, weil wir Unterstützung von einer von Lady Sybillas Mitarbeiterinnen hatten, die über besondere Talente verfügt.«
Er zuckte mit den Schultern. »Wir können trotz unserer Fähigkeiten und diesbezüglichen Bemühungen schließlich nicht überall sein. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir Allianzen schließen mit möglichst vielen Leuten, die auf derselben Seite stehen wie wir, ganz gleich zu welcher Spezies sie
Weitere Kostenlose Bücher