Das Gesetz der Vampire
Tages an ihrem natürlichen hohen Alter gestorben wäre.
Oder bis Vincent, der niemals alterte, sich eines Tages einer jüngeren, attraktiveren Partnerin zugewandt hätte. Doch an diese Möglichkeit mochte Rebecca nicht einmal denken. Er hatte ihr geschworen, dass er bei ihr bleiben und sie nie verlassen würde, solange sie lebte. Sie klammerte sich an dieses Versprechen. Schließlich war auch der »Highlander« im gleichnamigen Film seiner geliebten Heather treu geblieben bis zu ihrem Tod. Und Vincent war überaus ehrenhaft und stand stets zu seinem Wort.
Doch dieser Mann – Ashton Ryder – hatte alles zunichte gemacht und glaubte auch noch, damit ein gutes Werk getan zu haben. Sie hasste ihn so sehr, dass ihr allein der Gedanke an ihn körperliche Schmerzen verursachte. Sie versuchte sich abzulenken, schaffte es aber nicht. Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu dem Moment zurück, als Vincent in ihren Armen zu Staub zerfallen war und sein Mörder sie berührte. Sie wollte, nein, sie musste ihn dafür büßen lassen, selbst wenn es das Letzte wäre, was sie in ihrem Leben tat. Allein die Vorstellung, ein Leben ohne Vincent zu führen, war entsetzlich.
Rebecca hatte kaum Freunde. Sie war zwar ausgesprochen hübsch, doch sie verbarg diese Schönheit aus Angst, nach einer traumatischen Enttäuschung aus ihrer Jugendzeit noch einmal so sehr verletzt zu werden. Deshalb lebte sie nur für ihren Beruf als Logistikmanagerin. Bis Vincent kam. Er erkannte ihren Schmerz und begann ihn zu heilen, indem er ihr eine Liebe zeigte, von deren Existenz sie in ihren kühnsten Träumen nichts geahnt hatte. Rebecca hatte mit ihm ein Glück erlebt, von dem die meisten Menschen ihr Leben lang träumten. Deshalb hatte es ihr nicht einmal etwas ausgemacht, als sie eines Tages durch Zufall herausfand, dass er ein Vampir war.
Und nun hatte Ashton Ryder ihr Glück zerstört. Rebecca wollte nur noch eines: Rache! Ashton Ryder sollte ebenso leiden wie sie jetzt litt. Mindestens ebenso sehr. Wenn möglich sogar noch sehr viel mehr.
Während Rebecca ansonsten untätig im Bett lag, reifte in ihr langsam ein Plan, und sie würde nicht eher ruhen, bis sie ihn in die Tat umgesetzt hatte.
***
»Miss Morris, ich freue mich, dass es Ihnen wieder besser geht«, sagte die freundliche Polizistin am Tag ihrer Entlassung zu Rebecca. »Ihr Erlebnis muss schrecklich gewesen sein. Können Sie mir sagen, was passiert ist?«
Rebecca öffnete schon den Mund, um Ashton Ryder des Mordes an Vincent anzuklagen. Doch sie konnte die Wahrheit nicht preisgeben, denn die glaubte ihr ohnehin niemand. Für normale Menschen existierten Vampire schließlich nur in Romanen und Filmen. Außerdem gab es keine Leiche, nur einen Haufen Staub, den Wind und Wetter inzwischen wohl von ihrem Balkon entfernt hatten.
Rebecca hätte Ashton Ryder vielleicht wegen versuchter Vergewaltigung anzeigen können oder zumindest wegen Einbruchs. Doch der hätte natürlich alles abgestritten und wäre, da es keine weiteren Zeugen gab, ungeschoren davongekommen. Außerdem wäre das der Rache, die sie an ihm verüben wollte, nicht angemessen gewesen. Um die durchzuführen, brauchte sie ihn in Freiheit.
»Miss Morris?«, fragte die Beamtin sanft. »Wollen Sie es mir erzählen?«
Rebecca tat einen tiefen Atemzug. »Ich saß auf meinem Balkon und habe den Sonnenuntergang betrachtet.« Sie zwang sich zu einem angedeuteten Lächeln. »Ich bin eine unverbesserliche Romantikerin.«
Die Beamtin nickte verständnisvoll. »Was geschah dann?«
»Ich muss wohl für einen Moment eingeschlafen sein. Jedenfalls stand plötzlich ein Mann neben mir und drückte mir die Hand auf den Mund. Ich habe mich gewehrt, ihn geschlagen, glaube ich. Als er mich daraufhin wieder losließ, habe ich geschrieen.«
Die Polizistin machte sich eifrig Notizen. »Ihre Nachbarn haben einen Mann von Ihrem Balkon klettern und weglaufen gesehen. War er das?«
Rebecca nickte nach kurzem Zögern. »Er«, sie schluckte, »er hat versucht, mir noch mal den Mund zuzuhalten. Als das nicht geklappt hat, ist er weggelaufen.«
»Hatte er eine Waffe?«
Natürlich hatte er eine Waffe, und mit der hat er Vincent ermordet! »Ich ...«, Rebecca zuckte mit den Schultern, »ich habe keine gesehen. Ich denke, er hatte keine. Hätte er eine gehabt«, – sie erschauerte gekonnt – »hätte er wohl versucht, mich damit zum Schweigen zu bringen.«
»Mit Sicherheit«, antwortete die Beamtin ernst. »Können Sie den Mann beschreiben?«
»Ich
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