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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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übersehen. Die Buchstaben waren gut zwanzig Zentimeter hoch und würden bei Tageslicht blutrot leuchten. Carraro und Barletta: Hundemörder! stand dort in theatralischen Großbuchstaben. Um des Effektes willen hatte sie am Ende noch ein Kreuz aufgesprüht, eines, wie es Barlettas Handrücken zierte, lang gezogen, mit sich verdickenden Enden. Clara nickte zufrieden und machte sich auf den Weg zu ihrem Fahrrad. Selbst wenn Nico Carraro keine Ahnung von Barlettas Machenschaften haben sollte, was Clara zu bezweifeln wagte, Frau Carraro jedenfalls würde den beiden die Hölle heiß machen, so viel stand fest.
     
    Clara schlief lange an diesem Morgen. Gegen halb elf jedoch weckte sie ein hartnäckiges Klingeln an der Wohnungstür. Mit müden Augen und im Schlafanzug schlich sie in den Flur. »Ja, bitte?«, rief sie ungnädig durch die verschlossene Tür und linste durch den Spion. Sie erspähte die verhärmte Gestalt von Frau Manninger. »Was gibt’s denn?«, gähnte Clara, ohne zu öffnen.
    »So machen S’ doch die Tür auf, Frau Niklas, ich bitt Sie!« Frau Manninger klang mehr denn je wie ein aufgeregter Kanarienvogel.
    Clara drehte seufzend den Schlüssel im Schloss und öffnete die Tür einen Spalt breit. »Was ist denn …« Weiter kam sie nicht. Die Tür wurde gewaltsam aufgestoßen, und etwas drückte sich herein und warf Clara um. »Au!« Sie landete hart mit dem Hinterkopf auf dem Holzboden, doch sie kam nicht dazu, sich zu beklagen. Das große Etwas, das sie umgeworfen hatte, war dabei, ihr das Gesicht einzuspeicheln, und gab dabei merkwürdig japsende Töne von sich, die offenbar den höchsten Grad der Verzückung darstellen sollten. Clara vergaß Frau Manninger vor der Tür, sie vergaß, dass sie barfuß im hellblau geblümten Flanellschlafanzug mitten auf dem Flur lag. Sie streckte die Arme aus und umarmte das große, graue Wesen, das seine Pfoten auf ihre Brust gestemmt hatte und ihr inbrünstig das Gesicht abschleckte.
    Sie hörte entfernt, wie Frau Manninger zwitscherte: »Sie war unten angebunden, mit einem Strick, das arme Hunderl, ich hab’s g’sehn heute Morgen, als ich die Mülltonnen rausg’schafft hab. Hab ihr a bissl a Wurst geb’n, mei, sie war ja ganz ausg’hungert, und dann sind wir gleich zu Ihnen rauf, aber Sie ham ja noch so fest g’schlafen, gell, Frau Niklas …«
    »Danke.« Clara gelang es, Elises Kopf für einen kurzen Moment beiseitezuschieben und zu Frau Manninger hochzusehen. »Vielen, vielen Dank!« Dann wurde sie wieder von Elises Wiedersehensfreude überwältigt. Sie hörte noch, wie die Wohnungstür leise zuschnappte, und sie beschloss, Frau Manninger heute Nachmittag einen Blumenstrauß vorbeizubringen. Dann schloss sie die Augen und ließ ihren Tränen freien Lauf.
     
    Den Tag verbrachten Clara und Elise in den Isarauen. Die Dogge konnte gar nicht genug davon bekommen, zwischen den Bäumen, dem Flussbett und um Clara herumzuspringen. Sie war etwas abgemagert, mit ein paar stumpfen Stellen am Fell, wo sie sich offenbar irgendwo gescheuert hatte, ansonsten schien sie jedoch keinen bleibenden Schaden von ihrer Entführung davongetragen zu haben. Am Abend kaufte Clara ihr einen ganzen Eimer frisches Fleisch und bürstete und badete sie gründlich. Letzteres sehr zu Elises Leidwesen, die nicht einsehen konnte, wozu das gut sein sollte. Zurück blieb ein verwüstetes Bad mit Dreckspritzern bis zur Decke und einem Haufen klatschnasser Handtücher in der Ecke. Clara, die nach diesem Gewaltakt ebenfalls eine Dusche nötig gehabt hatte, lag im Bademantel auf dem Sofa, eine duftende, seidig glänzende Dogge im Arm, und sie verspeisten zur Feier des Tages einträchtig die schon längst fällige Packung Karamelleis. Nachdenklich kraulte Clara Elises graue Ohren und sah ihr tief in die braunen Hundeaugen: »Wo hat er dich wohl versteckt, meine Süße, hm? Wenn du es mir nur erzählen könntest. Vielleicht im Keller?«
    Elise richtete ihren Blick ernst auf Clara und gab ein wenig hilfreiches Grunzen von sich. Dann senkte sie ihr weises Haupt und schloss die Augen.
    Clara zuckte mit den Schultern: »Du hast recht, eigentlich vollkommen egal, Hauptsache, du bist wieder da.«
     
    In der Kanzlei war die Freude über Elises Rückkehr ebenfalls groß. Linda ließ es sich nicht nehmen, gleich zweimal mit ihr Gassi zu gehen und jedes Mal einen Stopp beim Metzger einzulegen. Als sie beim zweiten Mal zurückkamen, begann sich Elises abgemagerter Bauch schon wieder merklich zu runden. Nach

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