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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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täglich Brot machen muss.
    Tränen der Wut schossen ihr in die Augen. Ihre Müdigkeit war wie weggeblasen. Am liebsten hätte sie sich unverzüglich den aufständischen Bauern angeschlossen.
    Hanna ballte die Fäuste und erging sich in Verwünschungen gegen Frederike. Hexe hat sie mich genannt, dieses Luder. Ich wünsch ihr, dass die Bauern sie in den Backofen stecken. Dann weiß sie, wie es ist, Hexe geschimpft zu werden.
     
    Priorin Agathe von Detwang schimpfte Hanna vor Bernward ein undankbares Stück, das sich schon viel zu lange in diesen Mauern breitgemacht habe. Sie drohte, Hanna unverzüglich aus dem Kloster zu werfen, und beschwor Bernward, ihr dabei zu helfen, Ulrich Hanna auszureden.
    Bernward schüttelte nur den Kopf.
    «Ihr wollt nicht? Ja dann, Hegemeister, was ist so wichtig, dass Ihr einfach unangemeldet hier hereinplatzt? Himmel, ja, Bauern und Häcker verbünden sich, aber was wollen sie tun? Alles kurz und klein schlagen und unsere Güter einäschern?»
    Die Priorin klang schrill und machte ein Gesicht, alswolle sie sagen, alle Aufständischen seien lästiges Pack, dem nur die strenge Hand und eine Tracht Prügel fehlten.
    Bernward verlor allmählich die Geduld. Am liebsten hätte er Agathe geschüttelt. Und wäre Frederike seine Tochter gewesen: Ihr gegenüber wäre ihm die Hand ausgerutscht! Erdreistete sie sich doch, die Nase über ihn zu rümpfen, und das nur, weil er nach seinem Pferd roch, mit dem er seit heute Morgen unterwegs war. Mühsam schluckte er die giftige Bemerkung herunter, die ihm auf der Zunge lag. Stattdessen sagte er ruhig und fest: «Priorin, kurz und klein schlagen und vielleicht mit dem Feuerteufel liebäugeln, genau das werden sie!»
    «Aber das ist doch nicht Euer Ernst!»
    Agathe von Detwangs Engstirnigkeit war beängstigend.
    «Ja, was glaubt Ihr, warum ich hier bin?», blaffte er los, denn er begriff, dass er einen anderen Ton anschlagen musste. «Längst müsste ich dem neuen Kollegium Bericht erstatten.»
    «Was für ein neues Kollegium?»
    «Wollt Ihr mir weismachen, Ihr hättet die letzten Tage tatsächlich in klösterlicher Klausur verbracht? Der alte Rat ist abgesetzt! Das Sagen hat jetzt ein neues Kollegium. Drei Gruppen haben sich zusammengerauft und rangeln um die Macht. Die eine unter Bürgermeister Kumpf kämpft dafür, dass die Stadt lutherisch wird, die andere unter Stephan von Menzingen will allen Forderungen der Bauern nachgeben, und die dritte unter Jacob Aufreiter besteht auf der alten Ordnung.»
    «Ja und?»
    Noch begriffsstutziger als die Priorin war Frederike von Neustett.
    «Das fragt Ihr so gelassen? Himmel, als ginge es umnichts als um neue Klatschgeschichten?» Bernward war nahe dran, allen Anstand zu vergessen. «Liebe Dame von Neustett! Ohne dieses neue Kollegium hätten die Aufständischen die Macht nicht nur an den Stadttoren übernommen. Überall in der Hege rüstet nämlich das Landvolk. Es verbündet sich mit den Armen, Häckern und Bauern unserer Stadt. Turmwächter, Hegereiter, Stadtsoldaten werden bedroht, Hakenbüchsen und Armbrüste werden geraubt, die Türmer an unseren Hegegrenzen können nur zusehen, wie sich immer mehr Menschen zusammentun. Vor wenigen Tagen waren es nur ein paar Dutzend, jetzt aber zählen meine Männer und ich Hunderte, ingesamt aber werden es längst Tausende sein!»
    Bernward war immer lauter geworden, und Frederike schien mit jedem Satz ein Stück mehr zu schrumpfen. Schließlich war sie so eingeschüchtert, dass sie den Kopf senkte und dumpf zu Boden blickte.
    Es wurde still im Zimmer der Priorin. Durch das offene Fenster drang das hohe Pfeifen der Schwalben, und vom heiligen Feld des Kreuzgangs klang das silbrige Lachen zweier Nonnen herauf. Agathe eilte zum Fenster und rief: «So, ihr da unten werdet jetzt bis zur Vespermesse abwechselnd je ein Miserere und ein Ave-Maria beten. Meldet euch auf der Stelle bei Schwester Mathilde. Und wehe, ihr schwatzt im Chor!»
    Unwillig schlug Agathe das Fenster zu. Einen Moment lang verweilte sie kerzengerade davor, schließlich wandte sie sich um. «Entschuldigt unsere Dummheit, Hegemeister. Eines aber verstehe ich wirklich nicht: Warum ist es Euch so wichtig, mir dies alles zu erzählen?»
    «Einfach deswegen, Priorin, weil das Gut Eurer Familie zurzeit in Bauernhand ist.»
    «Das ist nicht wahr!»
    Ulrichs Schwester konnte mit einem Mal nur noch flüstern.Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, hilfesuchend griff sie nach Frederikes Hand. Bernward aber schwieg. Und

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