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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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Laienschwestern trug.
    «Natürlich.»
    Hanna glaubte nicht, dass irgendjemand sie erkennen würde, trotzdem fürchtete sie sich, befragt zu werden. Doch nichts geschah. Sie sollte nur warten, bis die Männer ihr frommes deutsches Lied gesungen hatten, mit dem sie Gott um Kraft für den Tag baten.
    «Geht mit Gott, Schwester», rief ihr einer der Männer nach. «Bekennt Euch zur neuen Lehre Martin Luthers. Sie wird auch Euer Herz mit Freude erfüllen!»
    «Das entscheidet Priorin von Detwang.»
    «Himmel, macht Euch bloß frei von ihrem Hurenhaus!»
    Statt noch etwas zu sagen, rannte sie los. Der Reisige lachte auf, rief ihr etwas hinterher, das sie nicht verstand. Erst als vom Turm der Schäferkirche nur noch das Ziegeldach zu sehen war, lief sie wieder langsamer und ärgerte sich über ihre plötzliche Angst. Was fürchtest du dich vor ihrem Brustharnisch und ihren Spießen, dachte sie, in Wahrheit sind es gutmütige Bauern. Ihr Gesichter sind lange nicht so hart und versalzen wie die echter Landsknechte. Viel lieber kämpfen sie mit der Pflugschar als mit dem Spieß. Und darum wird es ein böses Erwachenfür sie geben, sollten sie gegen die Truppen der wirklich Mächtigen losschlagen.
    Sie erreichte den Wald, durch den der Weg hinab ins Taubertal führte. Als sie ihn hinter sich gelassen hatte, machte sie an einem Bildstock Rast. Er wurde von einer Linde beschirmt, an deren Stamm eine verfallene Bank lehnte. Hanna holte einen Kanten Brot aus der Schürze und schaute gen Osten auf den Höhenzug des Frankenwaldes. Die aufgehende Sonne tränkte den Himmel hinter der zerrissenen schwarzen Wolkendecke glutrot. Ein Greifvogel querte die Sonnenscheibe, nach einer Weile bohrte sich ein Wolkenzacken ins Gold und verharrte auf der Stelle, bis die Sonne über ihn hinweggestiegen war.
    Hanna seufzte. Was für ein schöner Tag kündigte sich heute an. Bist du schon auf?, rief sie Ulrich zärtlich im Stillen zu. Weißt du, kurz bevor Schwester Mathilde mich ohrfeigte, glaubte ich, Mahut hätte unsere Zukunft niedergestampft. Jetzt aber werde ich um dich kämpfen und mich all denen stellen, die behaupten, du hättest dein Herz einer Hexe geschenkt. Niemand soll dich meinetwegen mehr in Verruf bringen.
    Sie erhob sich und ging weiter. Mit jedem Schritt fühlte sie ein Stück ihrer Verzagtheit schwinden.
    Der Weg führte jetzt oberhalb des Flusses nach Detwang. Feuchtkalte Luft aus dem Taubergrund schlug ihr entgegen. Hanna fröstelte. Als sie aufblickte, schob sich eine tiefdunkle Wolke langsam vor die Sonne. Das Vogelkonzert verlor an Kraft, das frische Grün der die Tauber säumenden Holunderbüsche vergraute, die silbrigen Kätzchen der Weidengehölze wurden stumpf. Hanna fühlte ihre eben noch erstarkte Selbstsicherheit schwinden und wurde langsamer.
    Der monotone Sprechgesang eines Mannes lenkte sie ab. Sie erblickte einen Tauberfischer, der Reusen ins Wasserabseilte, ein Stück weiter sah sie in der Flussmitte einen Mann in einem Boot stehen und angeln. Um nicht von der Strömung fortgetrieben zu werden, hing das Boot an einer langen Leine, die auf der anderen Uferseite an einer Weide festgebunden war.
    Die Wolke hatte sich unterdessen verzogen, und die Sonne brach wieder hervor. Erleichtert atmete Hanna auf. Es war, als käme wieder froher Glanz zurück in die Welt.
     
    In Detwang rauchten die Kamine. Ein Hahn krähte, Hühner gackerten. Frauen und Kinder schleppten Eimer, in denen das Wasser schwappte, ein Koben wurde geöffnet, und die Schweine wurden auf die Suhlwiese getrieben. Hier war nichts vom Heerlager der Aufständischen zu sehen, doch die Rauchsäule, die sich über der Dorfmitte auftürmte, besagte etwas anderes.
    Nicht wie ich will, sondern wie du willst.
    Hanna nahm all ihren Mut zusammen. Zügig trat sie in den Hof des Detwang’schen Guts. Neben der Tür erkannte sie die spitze Bundschuh-Fahne, davor hingen auf langen Stecken die Fahnen Rothenburgs, Ohrenbachs, aber auch die von Neusitz.
    Sie versuchte, nicht mehr zu denken, und ging auf das riesige Lagerfeuer zu. Knechte fütterten es johlend mit Buchenscheiten, ein stiernackiger Reisiger warf die halbe Tür eines zu Kleinholz zerhackten Schranks hinterher. Krachend stoben Funken auf, im nächsten Moment schlug die Tür des Gutshauses gegen den Haken. Reisige schleppten Stühle heran und stellten sie vor das Feuer.
    «Richtig, schüren wir den roten Hahn!», rief einer von ihnen herausfordernd. «Jetzt wird gehandelt.»
    «Genau, fangen wir an, indem wir

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