Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
so genau. Es ist schon so lange her.«
» Versuchen Sie sich bitte zu erinnern.«
» Es war auch deshalb, weil meine beste Freundin einen Partner gefunden hatte und ich plötzlich das fünfte Rad am Wagen war.«
Bei dieser Aussage klingelte es sofort bei meiner Kollegin und mir. Widerfuhr ihr unmittelbar vor den Bränden ein ähnliches Erlebnis und wollte sie dieses Mal nicht nur sich, sondern auch andere mit in den Tod ziehen? Das würde sehr gut in das Bild einer deprivationsgeschädigten Person passen. Wir versuchten einzuhaken, doch Monika Packer wich mehr aus Instinkt als aus Berechnung aus.
Wie schon oft bei anderen Vernehmungen sehr erfolgreich durchgeführt, spielten wir der Tatverdächtigen einen » Ball« zu und hofften, sie würde ihn auffangen, um ihn als eine Art Rettungsanker zu verwenden. Wenn sie erst einmal nach dem Ball greifen würde, hätten wir einen guten Ansatz, in der Vernehmung weiterzukommen.
» Frau Packer, rauchen Sie?«
Natürlich wussten wir, dass sie rauchte.
» Ja, ich rauche.«
» Welche Marke bevorzugen Sie?«
» Meistens rauche ich Marlboro.«
» Haben Sie geraucht, als Sie die Haustür aufgeschlossen und das Haus betreten haben?«
» Nein, ich glaube nicht.«
Nun flog der » Ball« durch die Luft.
» Könnte es nicht sein, dass Sie geraucht und die Kippe nach dem Betreten des Hauses versehentlich in den Abfalleimer geworfen haben, der rechts hinter der Tür stand?«
Falls Monika Packer tatsächlich den Brand vorsätzlich gelegt hatte, würde sie die Chance jetzt wahrnehmen und sich auf ein Versehen hinausreden. Dessen war ich mir fast sicher. Sie überlegte endlos lange Sekunden.
» Nein, ich habe nicht geraucht«, antwortete sie mit fester Stimme. » Das weiß ich genau, weil ich gar keine Zigaretten mehr hatte.«
Jetzt haben wir sie in der Falle, dachten wir, denn uns lag die glaubhafte Zeugenaussage eines Mannes vor, der behauptete, gesehen zu haben, dass Monika Packer noch zwei Zigaretten und ein Feuerzeug in ihrer Marlboro-Schachtel hatte.
» Frau Packer, Sie lügen! Wir wissen genau, dass Sie noch im Besitz von zwei Zigaretten waren, als Sie das Fest verließen!«
» Ich kann nur noch einmal betonen, dass ich nicht geraucht habe, als ich nach Hause gekommen bin.«
» Was haben Sie mit den beiden Zigaretten gemacht?«
» Ich weiß nicht, was mit den Zigaretten passiert ist.«
» Also hatten Sie noch zwei Zigaretten?«
» Kann sein, aber auch nicht.«
» Frau Packer, ein Brandsachverständiger hat festgestellt, dass das Feuer vermutlich im Papierkorb hinter der Tür entstanden ist. Wenn Sie vielleicht doch geraucht und die Kippe nicht richtig ausgedrückt haben, bevor Sie sie in den Papierkorb warfen, geben Sie es bitte Ihrem verstorbenen Sohn zuliebe zu. Wir denken, dass Sie dafür wahrscheinlich nicht ins Gefängnis müssen.«
Auch diesen zweiten Ball fing Monika Packer nicht auf. Wir warfen ihr noch einen dritten zu.
» Im Abfallkorb wurden die Reste von zwei Zigarettenkippen gefunden. Falls die von Ihnen stammen, können wir Ihnen das mit Hilfe einer DNA-Untersuchung nachweisen. Geben Sie endlich zu, dass Sie bei Ihrer Heimkehr geraucht haben!«
» Nein, ich habe im Treppenhaus nie geraucht. Es kann allerdings sein, dass die Kippen von mir stammen, denn manchmal habe ich abgebrochene Zigaretten in den Abfallkorb geworfen.«
Es war zum Verrücktwerden! Monika Packer hatte eine Mauer um sich gebaut, die so hoch und so dick war, dass sie offensichtlich jedem Angriff standhielt. Doch ihre Aussage untermauerte meine Vermutung, dass sich der Brandsachverständige geirrt hatte. Mehr denn je war ich mir sicher, dass Monika Packer das Feuer absichtlich gelegt hatte. Aus ihrem Verhalten war zu schließen, dass sie genau wusste, dass man ihr mit den aufgefundenen Kippen keinen Strick drehen konnte.
Doris Gengel und ich zogen einen letzten Trumpf. Wir einigten uns darauf, dass ich die Tatverdächtige im Folgenden alleine in die » Mangel« nehme. Damit war keinesfalls gemeint, dass sie irgendeinem Zwang ausgesetzt werden sollte. Die Freiheit der Willensentschließung des Beschuldigten darf auf keinen Fall beeinträchtigt werden. Zwang, Täuschung oder List sind bei polizeilichen Vernehmungen gemäß § 136a der Strafprozessordnung strengstens verboten. Es gibt jedoch genügend legale Mittel, einen Tatverdächtigen zum Reden zu bringen. Ein geschickter Polizeibeamter versteht es, durch entsprechende Fragen seinem Gegenüber ein Geständnis zu entlocken. Ich
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