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Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)

Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)

Titel: Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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halte es immer so, dass ich versuche, dem zu Vernehmenden das Gefühl zu geben, er sei nicht der absolute Verlierer bei der Sache. Das ist der springende Punkt.
    Hierbei ist es auch eminent wichtig, darauf zu achten, dass der Täter nicht sein Gesicht verliert. Das geht am besten, wenn man ihn alleine vernimmt und dabei zu ihm ein Vertrauensverhältnis aufbaut. Einem einzelnen Kriminalbeamten gegenüber ist es für den Täter wesentlich leichter, zuzugeben, Mist gebaut zu haben, als vor zwei oder noch mehr Personen.
    Ich legte mir folgende Taktik zurecht: In erster Linie wollte ich Monika Pacher aus ehrlichem Herzen helfen und genauso wollte ich ihr gegenüber auch erscheinen. Ich empfand tiefstes Mitleid für sie und wollte, dass sie ihr Gewissen erleichtert, damit sie mit ihrer Schuld besser leben kann. Denn eines war klar: Wenn sie das Feuer vorsätzlich gelegt und es nicht fertiggebracht hatte, auch in den Flammen zu sterben, musste eine ungeheuere Last auf ihren Schultern liegen, und es bestand die Gefahr, dass sie noch einmal das Gleiche tut, um endgültig aus dem Leben zu scheiden, und dass sie dabei wiederum andere mit in den Tod reißt.
    Deshalb versuchte ich, mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln Zugang zur Psyche der Tatverdächtigen zu finden. Ich zog sämtliche Register meines Könnens. Dabei legte ich zuallererst den » Mantel« des Kriminalbeamten ab. Danach schlüpfte ich abwechselnd in die Rollen eines guten Freundes, eines alle Sünden vergebenden Priesters und sogar eines verständnisvollen, gütigen Vaters. Manchmal hatte ich das Gefühl, an den Fugen der meterdicken Mauer, mit der sich Monika Packer umgeben hatte, zumindest zu kratzen, um etwas Halt zu bekommen. Doch dann glitt ich wieder an ihr ab, um im Niemandsland zu landen. Ich kam einfach nicht an die Frau ran.
    Als ich mir gar nicht mehr anders zu helfen wusste, schlüpfte ich wieder in den Kriminalbeamten und konfrontierte sie knallhart mit Fakten, die eindeutig für ihre Schuld sprachen. Unter anderem warf ich ihr vor, wir hätten herausbekommen, dass sie bei der Feier in der Brandnacht aus der Geldbörse einer anderen Frau 15 Euro gestohlen habe, dass Zeugen aussagten, sie sei ziemlich frustriert gewesen, weil sie keinen Mann finden würde, und dass sie sich gegenüber anderen Personen geäußert habe, die Scheune und der Schuppen, die in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft abbrannten, seien ein Schandfleck gewesen. Und schließlich warf ich ihr mit aller Schärfe vor, dass sie vor etwa zehn Jahren schon einmal in einem Treppenhaus Feuer gelegt hatte, das nur durch Zufall rechtzeitig entdeckt worden sei.
    Doch all das prallte an Monika Packer ab. Meist unter Tränen wiederholte sie immer und immer wieder, dass sie nicht der Feuerteufel sei und sie niemals ihrem Sohn so etwas hätte antun können.
    Nach fünf Stunden beendete ich völlig erschöpft die Vernehmung. Ich hatte mein Pulver verschossen und in der nicht gerade mit scharfem Intellekt ausgestatteten Monika Packer meinen Meister gefunden. Frustriert wie nie zuvor in meinem Leben, machte ich Feierabend und fuhr nach Hause.
    Obwohl ich todmüde war, machte ich in der folgenden Nacht kaum ein Auge zu. Fiel ich doch einmal in einen Halbschlaf, träumte ich von Feuer. Ich sah Monika Packer, wie sie in einem riesigen Hochhaus gleich an mehreren Stellen zündelte und wie unzählige Frauen und Kinder elend verbrannten. Schweißgebadet wachte ich dann auf.
    Müde und ausgelaugt, fuhr ich am nächsten Morgen verspätet zum Dienst. Kaum hatte ich mir einen Kaffee eingeschenkt, sprach mich der Ermittlungsgruppenleiter an.
    » Wir haben uns die Sache überlegt und sind zu dem Schluss gekommen, dass du die Frau noch einmal in die Mangel nehmen solltest. Vielleicht war sie es gar nicht, aber der Teufel will es, vielleicht dreht sie heute bei. Du solltest es noch einmal versuchen«, sagte er.
    » Ohne mich!«, erwiderte ich. » Ich kann nicht mehr. Habe alles versucht. Ich weiß, dass sie es war, aber die arme Frau ist irre und deshalb kommt man ihr nicht bei. Und das ist auch der Grund, weshalb ich in ihr meinen Meister gefunden habe.«
    » Willst du, dass sie morgen Nacht das Gleiche tut? Könntest du damit leben?«
    Mit dieser Frage traf mich der Ermittlungsgruppenleiter mitten ins Herz. Natürlich könnte ich damit nicht leben. Ich würde mir ewig Vorwürfe machen, wenn Monika Packer wieder von ihrem blinden Zerstörungswahn befallen Feuer legen würde. Nicht auszudenken, wenn dabei

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