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Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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kennt das Aussehen, die Gerüche und die Geräusche von Orten, an denen er nie gewesen ist. Und doch beschränkt sich seine Welt weitgehend auf ein einziges Zimmer.
    Die Agenten der Barmherzigkeit nennen diesen Raum sein Quartier, wie bei den Soldaten.
    Im Krieg gegen die Menschheit – einem jetzt noch geheimen Krieg, dem es jedoch nicht bestimmt ist, auf ewig geheim zu bleiben – ist er ein Achtzehnjähriger, der vor vier Monaten zum Leben erweckt worden ist.
    Allem äußeren Anschein nach ist er achtzehn, aber sein Wissen ist umfassender als das der meisten älteren Gelehrten.
    Körperlich ist er in guter Verfassung. Geistig ist er hoch entwickelt.
    Seelisch stimmt etwas nicht mit ihm.
    Er sieht diesen Raum nicht als sein Quartier an. Er sieht ihn als seine Zelle an.
    Er selbst ist sein Gefängnis. Er lebt vorwiegend in seinem eigenen Innern. Er spricht wenig. Er sehnt sich nach der Welt außerhalb dieser Zelle, außerhalb seiner selbst, und doch erschreckt sie ihn.
    Den größten Teil des Tages verbringt er mit Kreuzworträtseln, vertieft in die waagrechten und senkrechten Wortgitter. Die Welt außerhalb seines Quartiers ist verlockend, aber sie ist auch … unordentlich, wenn nicht gar chaotisch. Er kann spüren, wie sie sich gegen die Wände presst und ständig fester zudrückt, und nur, indem er sich auf die Kreuzworträtsel konzentriert, nur dadurch, dass er Ordnung in die leeren Kästchen bringt, indem er sie mit den unzweifelhaft richtigen Buchstaben füllt, kann er die äußere Unordnung davon abhalten, in seinen Raum vorzudringen.
    Neuerdings glaubt er, dass die Welt ihm Angst einjagt, weil Vater ihn darauf programmiert hat, sich vor ihr zu fürchten.
Schließlich hat er von Vater sein Wissen und sein Leben erhalten.
    Diese Möglichkeit verwirrt ihn. Er kann nicht begreifen, weshalb Vater ihn dazu erschaffen haben sollte, nicht … funktionsfähig zu sein. Vater strebt nach Perfektion in allen Dingen.
    Eines gibt ihm jedoch Hoffnung. Draußen in der Welt, und gar nicht mal weit weg, nämlich hier in New Orleans, ist ein anderer, der so ist wie er. Nicht eines von Vaters Geschöpfen, aber von demselben Leiden befallen.
    Randal sechs ist nicht allein. Wenn er doch bloß einen seinesgleichen treffen könnte, dann würde er sich selbst besser verstehen … und frei sein.

7
    Ein schwirrender Ventilator ließ die Dokumente und die Notizen zu dem Fall auf Carsons Schreibtisch rascheln, Unterlagen, die von behelfsmäßigen Briefbeschwerern gehalten wurden. Draußen vor den Fenstern war das Orangerot des Sonnenuntergangs einem dunkleren Rotton gewichen, und der wiederum hatte sich zu Purpur vertieft.
    Michael saß an seinem Schreibtisch in der Mordkommission, der an den von Carson grenzte und mit ziemlich genau demselben Papierkram bedeckt war. Sie wusste, dass er gern nach Hause gegangen wäre, aber im Allgemeinen überließ er es ihr, das Ende des Arbeitstags festzulegen.
    »Hast du kürzlich mal in unsere Dokumentenbox geschaut? «, fragte sie.
    »Vor zehn Minuten«, rief ihr Michael in Erinnerung. »Wenn du mich noch ein einziges Mal dort hinschickst, esse
ich einen von diesen Pilzen, die einen schrumpfen lassen, und bleibe einfach drin liegen, bis der Bericht eintrifft.«
    »Wir hätten den vorläufigen Autopsiebericht über diese Wasserleiche schon vor Stunden bekommen sollen«, klagte sie.
    »Und ich hätte reich geboren werden sollen. Was sagst du dazu?«
    Sie zog die Fotos der anderen Leichen am Fundort zu Rate, während Michael sie im Auge behielt.
    Das erste Opfer, eine junge Krankenschwester namens Shelley Justine, war woanders ermordet und am Kanal am Ende der London Street abgeladen worden. Untersuchungen hatten die chemische Signatur von Chloroform in ihrem Blut nachgewiesen.
    Nachdem der Mörder sie betäubt hatte, hatte er sie mit einem Messerstich ins Herz getötet. Mit erlesener Präzision hatte er ihre Ohren entfernt. Bei einem Peptidprofil war kein erhöhter Endorphinspiegel im Blut festzustellen gewesen, was darauf hinwies, dass der Eingriff nach ihrem Tod vorgenommen worden war. Wäre sie noch am Leben gewesen, dann hätten der Schmerz und das Entsetzen verräterische chemische Spuren hinterlassen.
    Das zweite Opfer, Meg Saville, eine Touristin aus Idaho, war ebenfalls chloroformiert und in bewusstlosem Zustand erstochen worden. Der Chirurg – so hatte ihn die Presse getauft – hatte Meg Savilles Füße säuberlich abgesägt.
    »Wenn er doch bloß immer Füße nehmen würde«, sagte

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