Das Gespenst der Nacht
Johnny dachte darüber nach, ob wohl eine Fahndung eingeleitet worden war. Wenn das zutraf, dann war es keine normale, dafür eine stille.
Leider hatte Johnny sein Handy nicht mit, über das man ihn unter Umständen hätte orten können.
So fuhr er weiter.
Melissa Hunter und ihr Opfer verhielten sich ruhig. Johnny warf hin und wieder einen Blick in den Innenspiegel Liane saß bewegungslos auf dem Sitz, nur hin und wieder bewegte sie sich, wenn der Wagen mal durch ein Schlagloch fuhr.
Er sah ihr Gesicht.
Ja, das war gut zu erkennen. Und er sah, dass sich darin nichts bewegte. Es blieb der stoische Ausdruck. Sie schaute starr geradeaus und auf Johnny machte sie wirklich keinen geschwächten oder auch ängstlichen Eindruck.
Sie schien sich mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben.
Seltsam …
Johnny wollte sie nicht darauf ansprechen, nur nichts komplizierter machen, als es ohnehin schon war. Aber er machte sich auch Gedanken über sein Schicksal. Wie würde er aus dieser Lage herauskommen?
Gab es eine Chance?
Würde man sie ihm geben?
Er wusste es nicht. Johnny wusste nur, dass er sich nicht kampflos ergeben würde. Sein Pech war, dass er keine Waffe besaß, sodass er sich auf seine Fäuste verlassen musste.
Die Nacht oder der dunkle Abend wurde von zahlreichen Lichtern aufgehellt. Es gab die Weihnachtsbeleuchtung, die an vielen Gebäuden hing, aber niemandem konnte nach Weihnachten zumute sein, wenn ihm der Tod im Nacken saß.
Johnny hoffte, dass er mit dieser Melissa Hunter auch ohne eine spezielle Waffe fertig wurde. Zudem stand noch Liane Bradford an seiner Seite. Sie würde ihn sicherlich nicht im Stich lassen.
Johnny nahm auch weiterhin den kürzesten Weg. Sie erreichten Notting Hill in einer relativ kurzen Zeit, dann wurde Johnny so dirigiert, dass er den Wagen dort abstellen konnte, wo Melissa Hunter ihren Wohnsitz hatte.
Ein Streifenwagen kam ihnen entgegen. Für einen Moment leuchtete das Scheinwerferlicht in das Innere des Autos, dann war der helle Spuk vorbei.
Der Streifenwagen hielt nicht. Johnny hätte die Insassen auch nicht auf sich aufmerksam gemacht. Vom Rücksitz her hörte er die Stimme der Blutsaugerin.
»Das nächste Haus auf der linken Seite, das ist es.«
»Gut.«
»Du kannst direkt bis vor die Tür fahren, ich habe das Tor unten nicht geschlossen.«
»Auch gut.«
»Dann mach deinen Job.«
»Klar.« Johnny lenkte den Golf auf das Grundstück. Der Belag veränderte sich. Sie rollten nicht mehr auf einer glatten Fläche weiter, sondern auf einer körnigen. Kiesel bildeten die Unterlage.
»Fahr bis zum Haus vor.«
»Hätte ich sowieso getan.«
»Maul halten!«
Johnny hielt seinen Mund. Nur sein Gesicht verkantete sich. Er merkte auch, dass sein Herz schneller schlug.
Viel Zeit bekam er nicht mehr. Aber er sah auch jetzt keine Chance, die Dinge zu verändern. Er stoppte.
»Bleib noch im Wagen«, hörte er die harte Stimme der Frau. »Und lass die Hände am Steuer.«
»Keine Sorge.«
Melissa Hunter lachte. Dann bekam Johnny mit, wie sie ihre Geisel aus dem Fahrzeug schleuderte. Liane stolperte und hielt sich nur mühsam auf den Beinen.
Wäre Johnny jetzt außerhalb des Wagens gewesen, er hätte bestimmt eingegriffen, so aber blieb er im Fahrzeug sitzen und schaute zu, wie Melissa ihre Geisel packte und sie hart auf die Eingangstür zustieß, gegen die sie auch prallte und dort stehen blieb.
Melissa drehte sich um und winkte Johnny. Er verstand das Zeichen. Die andere Seite wollte, dass er nicht länger im Fahrzeug blieb und zu den Frauen kam.
Er stieg aus.
Melissa und Liane ließen ihn nicht aus den Augen. Ihn störte plötzlich etwas, aber er wusste nicht, was es genau war. Irgendetwas war anders geworden und doch auf eine gewisse Art und Weise gleich geblieben.
Die Haustür war bereits aufgeschlossen worden. Die Frauen standen daneben. Die Stimme der Blutsaugerin erreichte ihn.
»Geh rein.«
»Klar.«
Seine Blicke waren auf die Gesichter der beiden Frauen gerichtet, und er sah den verlogenen Ausdruck in Melissa Hunters Gesicht. Zudem hatte sie ihre Hände gegen die Hüften ihrer Geisel gedrückt, aber richtig gefährlich sah das nicht aus.
Johnny ging an den beiden Frauen vorbei, die ihm jetzt wie Wachtposten vorkamen.
Er hatte sie kaum passiert, als er hinter sich eine Bewegung wahrnahm. Oder er hatte mehr das Gefühl. Es konnte auch an dem leichten Windstoß liegen, der ihn erreichte.
Er wollte sich noch umdrehen, doch das schaffte er nicht mehr. Johnny
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