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Das Gespinst des Bösen

Das Gespinst des Bösen

Titel: Das Gespinst des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Markthalle der graue Lexus. Unter anderen Umständen hätte man sich langsam Sorgen gemacht, was wohl mit dem Fahrer passiert war.
    Es war fast vier Uhr nachmittags, und Merrily wurde bewusst, dass sie heute noch überhaupt nichts gegessen, aber immer noch keinen Hunger hatte – nicht gut. Vor ihrem inneren Auge brannte die Kerze zwischen den Hörnern der Hermaphroditen-Ziege und wollte nicht verlöschen.
    «Das isses vierte Mal, dasse hier draußen sin, Frau Pfarrer.»
    Sie wirbelte herum, und die Flamme der Kerze schien zu flackern.
    «Schätze, Sie beschäfticht irgnwas», sagte Gomer Parry. «Nicht, dassich spioniere – hab nur den Friedhof bisschen aufgeräumt, Fallobst eingesammelt und so.»
    «Entschuldigung, Gomer, ich …»
    «Sie warn in den letzten zwei Tagen gar nich hier, Frau Pfarrer.»
    «Nein. Ich wollte es Ihnen eigentlich sagen … es kam alles ziemlich plötzlich.»
    «Kein Problem. Hab Janey getroffen, und die hat’s erklärt. Bin ein, zwei Mal rausgekommen, um zu sehen, ob ich Sie erwische. Die Sache ist die, Frau Pfarrer … ham Sie kurz Zeit?»
    Gomer nahm ihren Arm, nickte Richtung Markthalle, und sie gingen zwischen zwei Eichensäulen hindurch. Was immer es war, Merrily hatte eigentlich keine Zeit dafür, aber schließlich war es Gomer Parry.
    «Die Sache ist die, Frau Pfarrer, als wir letztes Mal mitnander geredet ham, war ich nich ganz ehrlich mit Ihn’n.»
    Das musste das erste Mal gewesen sein; dieser Mann war geradezu beschämend ehrlich.
    «Tut mir leid, ich bin etwas unkonzentriert. Worum genau geht es, Gomer?»
    «Sie ham mich nach ner bestimmten Frau gefragt.»
    «Oh.»
    «Und ich hab ziemlich um den heißen Brei rumgeredet, wennse sich erinnern.»
    «Na ja, ich dachte –»
    «Das war falsch. So war das zwischen uns ja noch nie.»
    «Nein.»
    «Was ich hätte sagn sollen, wissense, is, dass es Sachen gibt, die ich Ihn’n sagen könnt –
Ihnen
sagen könnte –, die aber niemand anders erfahrn darf. Weils um Sachen geht, die oberflächlich betrachtet ein bisschen … in Ihrm Job würd man wohl sagen
sündhaft
sind.»
    «Das Wort benutze ich eigentlich nicht, aber macht nichts …»
    «Isses aber auch nich. Nich wirklich. Nich … wie soll ich das sagen …? Nich unter den Umständen, unter denen man diese Dinge betrachten muss, so was in der Art.»
    «Nicht im Kontext mit einer bestimmten Situation?»
    «
Kontex!
Das ist das Wort, Frau Pfarrer. In diesm Kontex is Sünde …»
    «Relativ?»
    «Ganz genau.»
    «Und um welchen Kontext geht es?»
    «Garway, Frau Pfarrer. Garway is sein eigener Kontex. S gibt Hereford, s gibt Wales … und s gibt Garway. Und Garway is sein eigener Kontex.»
    «Gomer, Sie
müssen
mir nicht alles sagen. Ich meine, ich bin nicht –»
    «Weißich, Frau Pfarrer.»
    «Allerdings ist inzwischen eine Situation eingetreten, in der ich dieser bestimmten Frau, die Sie meinen, womöglich besser helfen kann, je mehr ich über sie weiß.»
    «Is das wahr?»
    «Deshalb bin ich für alles Schmutzige, was Sie über Mrs. Morningwood zu erzählen haben, bereit.»
    Gomer nickte und zog die Zigarettendose aus seiner Tasche.
    «Geht das hier vor Gesetz als öffentlicher Ort durch, Frau Pfarrer?»
    «Da im Moment kein Markt ist … ich weiß nicht genau.» Merrily holte die Silk Cuts und ihr Feuerzeug heraus. «Aber wen interessiert das schon? Sprechen Sie …»
    «Diese Person. Ich glaub, ich hab Ihnen gesagt, dass diese Person Bauern hilft, so was in der Art.»
    «Mit Formularen und mit der Steuer.»
    «Ja, es sind aber nich nur Bauern. Und auch nich nur in Garway. Kennense zum Beispiel meinen alten Freund Jumbo Humphries, Talgarth?»
    Merrily erinnerte sich an einen Mann, der eine Autowerkstatt in Brecon hatte, Tierfutter verkaufte und nebenbei als Privatdetektiv tätig war.
    «Also, als Jumbo seine Frau weggelaufen is – das is jetzt vertraulich, Frau Pfarrer …»
    «Versteht sich von selbst.»
    «Jumbo war einsam, verstehnse? Nich, dasser keine Angebote gehabt hätt. Aber
die
Frauen, die ihm Angebote gemacht ham, die hatten ein Auge auf sein Geschäft geworfen, dassn bisschen was wert ist. Also, denen gings nich um Jumbo. Und er wusste das.»
    «Das ist traurig, Gomer.» Merrily gab ihm Feuer und trat einen Schritt zurück, als ein Bus vorbeifuhr. «Aber das kommt vor.»
    «Und diese Person … drüben in Garway … diese Person, über die wir hier reden … die hat Jumbo durch seine schwarzen Tage gebracht. Hat ihn versorgt. Mit seiner

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