Das Gespinst des Bösen
Priesterloch, da war er noch ein Junge – rund um Garway wurden die Katholiken ja stark verfolgt. Aber es war vollkommen leer, also haben sie es wieder dichtgemacht.»
«Was ist mit der Geschichte des Hauses? Wissen Sie darüber viel?»
«Nur, dass es offenbar mal sehr wichtig war, als die Newtons zum ersten Mal herkamen. Wir haben eine alte … warten Sie, ich zeig es Ihnen. Dauert nur eine Minute.»
Roxanne legte ihren Toast hin und stand auf, strich Krümel von ihrer Fleecejacke und verschwand durch eine Tür. Merrily sah aus dem Erkerfenster. Es war noch dunkel gewesen, als sie aufgebrochen war, und die Morgensonne war immer noch verdeckt. Sie konnte nichts sehen, was sie wiedererkannt hätte, weder die Kirche noch die Spitze des Hügels mit dem Antennenmast. Und schon gar nicht das Meisterhaus.
Es war, als hätten die Newtons sich einen Platz gesucht, an dem die Landschaft keine Besonderheiten aufwies, einen Ort ohne sichtbare Geschichte.
Als Roxanne zurückkam, trug sie einen Keil aus dunklem Holz, über einen Meter lang, und ein Taschenbuch herein. Sie legte das Buch auf den Tisch und hielt den Keil hoch. Es war ein goldumrandetes Schild, auf dem stand:
EHRET DEN MEISTER
ACHTET DIE SITTEN
Roxanne lehnte das Schild gegen den Tisch.
«Als meine Familie dort einzog, gab es eine unverheiratete Tante, die sich auf die Geschichte des Meisterhauses gestürzt hat. Wir haben immer noch eine Kiste mit ihren Unterlagen – uns wird immer wieder gesagt, wir sollten daraus ein Buch machen und es veröffentlichen lassen, das wäre allerdings eine Menge Arbeit. Aber diese Tante – Tante Fliss – sagte, es wäre wichtig, dass die Familie sich klarmacht, dass wir nicht einfach irgendeinen Hof, sondern ein sehr mächtiges Stück Geschichte gekauft hätten, das eines Tages zu seinem Recht kommen würde.»
«Was meinte sie damit?»
«Ich glaube, das wusste sie selbst nicht so genau, aber es ging offensichtlich um die Großmeister der Tempelritter. Die Leute denken, es heißt Meisterhaus, weil es der wichtigste Hof war, aber es geht darauf zurück, dass der Großmeister hier wohnte, als er nach Garway kam. Tante Fliss hat das Teil hier anfertigen und über den Kamin hängen lassen, damit zukünftige Generationen das nicht vergessen. Meine Eltern haben es bei ihrem Auszug mitgenommen. Wir haben es immer noch im Flur hängen. Hat wohl einen gewissen sentimentalen Wert für uns.»
«Aber gibt es denn Beweise dafür, dass de Molay nach Garway gekommen ist?»
«Hier drin.» Roxanne legte Merrily das Buch hin.
Tempelritter und Johanniter in Herefordshire
von Audrey Tapper. «Haben Sie das gelesen?»
«Ich hatte, ehrlich gesagt, noch keine Zeit, viel zu lesen. Es ging alles so schnell.»
Roxanne schlug das Buch auf. «Hier steht es. Das war, als Edward II . angefangen hat, englische Tempelritter einzusperren, nachdem der Orden in Frankreich aufgelöst worden war. Einer von denen hieß John Stoke. Er war nur ungefähr ein Jahr lang Tempelritter gewesen, und er kam nach Garway und hat bekannt, was die von ihm verlangt haben.»
Der Bericht darüber, las Merrily, stammte von der Historischen Gesellschaft St. John, die vermutlich mit den Johannitern zusammenhing, die Garway von den Tempelrittern übernommen hatten.
Er war in Garway, während der Großmeister Jacques de Molay dort zu Besuch weilte. Stokes berichtete, wie er nach der Gefangennahme der Tempelritter in das Schlafgemach des Großmeisters gerufen und dort von zwei fremden Rittern aufgefordert wurde, seinen Gehorsam zu erweisen, indem er sich auf einen niedrigen Schemel am Fuße des großmeisterlichen Bettes setzte.
«Und de Molays Schlafgemach … das war definitiv im Meisterhaus?»
«So wurde es uns erzählt», sagte Roxanne.
De Molay ließ aus der Kirche ein Kruzifix holen, und dann stellten sich zwei andere Tempelritter zu beiden Seiten neben die Tür und kreuzten ihre Schwerter. Stoke sagte, dass er aufgefordert wurde, «Ihn zu leugnen, den das Bild darstellt», aber er antwortete, «Fern liegt es mir, meinen Retter zu leugnen». Der Großmeister forderte ihn abermals dazu auf, denn sonst werde er in einen Sack gesteckt und an einen Ort gebracht, «der ganz und gar nicht angenehm sei». In Todesangst leugnete er Jesus Christus, «aber mit seiner Zunge, nicht mit seinem Herzen».
«Gibt einem zu denken, was?», sagte Roxanne. «Mir gefällt die Stelle, wo dem armen Kerl mit dem Sack gedroht wird. Wahrscheinlich wollten sie ihn in den Monnow
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