Das Gespinst des Bösen

Sycharth klein war, nicht in einer anglizierten Gegend wie Monmouth. Sein Sohn musste es wahrscheinlich lernen – Cynllaith.»
    «Wie alt ist er?»
    «Fünfzehn oder sechzehn.»
    «Cynllaith? Was bedeutet das?»
    «Könnte was mit Milch zu tun haben –
llaith
. Oder – etwas düsterer, meinem Wörterbuch zufolge –
Kampf
oder
Schlacht
.»
    «Sie machen Witze.»
    «Erheben Anspruch auf eine Art Kriegerstatus. Diese Sexrituale – war das nur ein Vorwand?»
    «Für Lord Stourport bestimmt.»
    «Aber dann …» Mrs. Morningwoods Stimme klang härter als zuvor. «… hat einer von denen Mary Roberts geschwängert.»
    «So scheint es zu sein.»
    «Und war damit Fuchsias Vater.»
    «Ja.» Merrily hörte das Telefon läuten und ließ es klingeln. «Daran habe ich auch schon gedacht.»
    «Angenommen, es ist Sycharth?»
    «Das werden wir wahrscheinlich nie erfahren.»
    «Aber weiß
er
es? Und wenn dieses Kind das Ergebnis irgendeines abartigen Rituals war, Mrs. Watkins, was könnte das für Auswirkungen haben? Das frage ich Sie als Pfarrerin.»
    «Als Pfarrerin habe ich keine Antwort darauf.» Merrily starrte ins Feuer. «Psychologisch betrachtet würde ich denken, dass es davon abhängt, ob sie selbst es wusste, meinen Sie nicht?»
    «Wenn sie es wusste, hätte sie dann geglaubt, sie wäre von Geburt an befleckt und verdorben, weil sie unter diesen Umständen gezeugt wurde?»
    «Möglich ist es.»
    «Und
wusste
sie es, was meinen Sie?»
    «Es würde einiges erklären, nicht? Aber wenn sie von ihrer eigenen Verbindung zum Meiserhaus wusste, bevor Felix sein Angebot eingereicht hat, warum hat sie dann erst mitgemacht und ist dann ausgerastet? Wie war sie, als Sie sie zum ersten Mal getroffen haben?», fragte Merrily.
    «Wissbegierig. Hatte viele Fragen.»
    «Zu dem Zeitpunkt hatte sie noch keine Angst, oder?»
    «Darauf deutete nichts hin. Das muss ihr erster Besuch gewesen sein, und sie brannten beide für die Idee, das Haus zu restaurieren. Sie wollte wissen, woran ich mich im Zusammenhang mit dem Meisterhaus erinnere – die Atmosphäre, die Farben der Wände. Es fällt mir schwer, mich detailliert an ihre Fragen zu erinnern, denn ich wusste natürlich sofort, wer sie sein musste, und das hat mich ziemlich umgehauen.»
    «Sie haben
definitiv
nichts gesagt … oder irgendetwas angedeutet? Ich meine, wenn Fuchsia gesehen hat, dass Sie schockiert wirkten …»
    «Ich verrate nur, was ich verraten möchte.»
    «Angenommen, Fuchsia wusste wirklich nicht über Mary und das Meisterhaus Bescheid, bis sie hierherkam. Dann muss etwas passiert sein, damit sie in die Kirche rast und Teddy Murray um eine Segnung und spirituelle Zuflucht bittet.»
    «Der einen Sieben-Kilometer-Spaziergang an der frischen Luft empfohlen haben dürfte», sagte Mrs. Morningwood bitter.
    «Wenn schon jemandem die Ähnlichkeit mit Mary aufgefallen war, so wie Ihnen, und er Fuchsia darauf hingewiesen hatte … dann war die Vorstellung, dass es im Meisterhaus spukt, dass sich unter den Plastikplanen etwas rührt, vielleicht ihr Weg, ihre Gefühle auszudrücken. Oder ist das jetzt Psychogequatsche?»
    «Also soll sich die Vergangenheit erhoben und sie verfolgt haben?»
    «Und sie verehrt M. R. James, und vielleicht hat sie gehört, dass James in Garway war, wo ihm etwas Beunruhigendes passiert ist – und alles zusammen wird zu einer beunruhigenden emotionalen Mischung. Sie hat Angst, dass sie etwas Verdorbenes, Unreines mit sich herumträgt. Sie will gesegnet, gereinigt werden.»
    Wer ist das der da kommt?
    «Vielleicht hat sie zum ersten Mal das Schicksal ihrer Mutter in Frage gestellt», sagte Mrs. Morningwood. «
Ist
Mary noch einmal nach Garway zurückgekommen, nachdem sie mir geschrieben hat und ich nicht geantwortet habe? Konnte Ihr Freund das herausfinden?»
    «Mmm. Ich glaube schon.»
    «Also haben sie vermutlich von dem Baby gewusst. Sycharth und die anderen Clowns.»
    «Anzunehmen.»
    Darauf schwieg Mrs. Morningwood. Merrily hörte Jane mit Roscoe zurückkommen.
    «Sycharth wird wohl kaum einen Bastard gewollt haben», sagte Mrs. Morningwood schließlich.
    «Vielleicht kann ich morgen mit ihm sprechen.»
    «Aber zuerst sollten Sie, denke ich, mit den Grays reden.»
     
    Es war nach Mitternacht, als Merrily die Lampe im Wohnzimmer ausknipste. Mrs. Morningwood war zu Bett gegangen und hatte den Hund mit ins Zimmer genommen. Jane war vor einer Stunde in ihr Apartment auf dem Dachboden verschwunden. Merrily ging ein letztes Mal