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Das Gespinst des Bösen

Das Gespinst des Bösen

Titel: Das Gespinst des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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ihre Jungs an der Front beteten. Naomi Newton hat Madog Gwilym öffentlich erklärt, dass er kein Mann sei. Muss man sich mal vorstellen.»
    «Was hat er gesagt?»
    «Er soll in tödlichem Schweigen aus der Kirche gegangen sein. Am nächsten Tag war Naomi draußen und hat Eier eingesammelt, und er hat sie abgepasst, und dann hat er so ungefähr gesagt:
Jetzt zeig ich dir, ob ich ein Mann bin oder nicht.
Hat sie in den Wald gezerrt und sich auf sie geworfen.»
    «Sie wurde vergewaltigt?»
    «Er hat es natürlich abgestritten, hat gesagt, sie hätte es auch gewollt, na ja, sagen sie das nicht immer … Obwohl, nein – zuerst hat keiner von den beiden was gesagt. Naomi hat es niemandem erzählt. Ihre Brüder waren im Krieg, der einzige Mann, der da war, war ihr Vater, John, damals schon über sechzig, und er arbeitete Tag und Nacht, um den Hof zu halten, und sie wusste, was er machen würde, wenn er es herausfände, und sie hatte Angst um ihn. Aber dann ist das Schlimmste passiert. Sie hat festgestellt, dass sie schwanger war … und sie ist heimlich, still und leise zu der Frau im Ort gegangen, die sich um so was gekümmert hat.»
    «Müsste das nicht … Mrs. Morningwood gewesen sein?»
    «Oh, das wissen Sie. Dann ist es ja gut. Es wird wohl ihre Großmutter gewesen sein. Sie ist zu Mrs. Morningwoods Großmutter gegangen, um es abtreiben zu lassen. Mrs. Morningwood hat es gemacht … aber dann ist alles furchtbar schiefgegangen. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber Naomi kam nach Hause, wo zu dem Zeitpunkt keiner war, und verlor sehr viel Blut.»
    «Oh Gott. Man konnte ja nicht einfach den Hörer abnehmen und den Notarzt rufen.»
    «Nein. Ob sie versucht hat … also … selbst etwas zu unternehmen, das weiß niemand so genau, aber als meine Urgroßmutter mit Fliss nach Hause kam, haben sie Naomi im großen Zimmer auf dem Boden gefunden, in einer riesigen Blutpfütze, während sie gerade … verblutete. Sie hatten nicht mal gewusst, dass Naomi schwanger war. Sie haben verzweifelt versucht, die Blutung zu stoppen und sie zu stabilisieren … haben ein großes Feuer gemacht und jemanden zu Mrs. Morningwood geschickt, aber es war natürlich zu spät. Mrs. Morningwood hatte schreckliche Gewissensbisse, und meine Großmutter und Fliss, na ja …»
    «Sie müssen schockiert und … wütend gewesen sein.»
    «Es hieß, Mrs. Morningwood hätte sich nie wieder im Meisterhaus blicken lassen dürfen.»
    Etwas machte
Klick
.
    «Tante Fliss», sagte Merrily. «Felicity Newton?»
    «Genau.»
    War das erste Mal, dass ich eine Tote gesehen habe … Das Gesicht fühlte sich an wie die Haut auf kaltem Pudding.
    «Sie ist mit neunundachtzig Jahren gestorben», sagte Roxanne. «Der ganze Ort kam, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Sie haben sie dort aufgebahrt, wo Naomi gestorben war, vor der Kaminecke, und alle sind gekommen.»
    «Sogar die Morningwoods.»
    «Das vermute ich. Wird wohl das erste Mal gewesen sein, dass sie wieder über die Schwelle des Meisterhauses getreten sind, nachdem Naomi gestorben war. War ja nicht ihre Schuld, sie hat nur versucht zu helfen. Aber man hat mir erzählt, dass meine Urgroßmutter und Tante Fliss nie wieder in dem Zimmer sitzen konnten, ohne vor sich zu sehen, wie Naomi versucht, sich auf einen Ellbogen zu stützen … wollen Sie das wirklich wissen? Mir läuft es jetzt noch kalt den Rücken runter.»
    «Nein, möchte ich wahrscheinlich nicht», sagte Merrily. «Andererseits …»
    Sie wollte bloß nichts mit einem Fötus zu tun haben, der im Meisterhaus gezeugt worden war. Nennen Sie es von mir aus Aberglauben.
    Das erklärte noch etwas anderes.
    Roxanne stützte sich auf die Lehne eines Stuhls.
    «Ja, ich weiß, was Sie meinen. Es ist noch etwas, an das Sie denken müssen, wenn Sie da mit Ihrer Bibel und Ihrem Weihwasser reingehen. Meine Mutter hat es mir erst erzählt, als ich achtzehn war. Manchmal wünschte ich, sie hätte es nicht getan.»
    Roxanne setzte sich, goss sich noch mehr von dem starken Kaffee ein und erzählte schnell weiter.
    «Offenbar hat Naomi sich unter dem Laken aufgesetzt, die Beine voller Blut, hinter ihr prasselt das Kaminfeuer, und hat Madog Gwilym verflucht – sie hat ihn im Namen des Großmeisters, Jacques de Molay, verflucht. Es waren … ihre letzten Worte, ehe sie sich wieder hingelegt hat und gestorben ist.»
    «Oh.»
    «Ja.»
    Unpassenderweise durchbrach die Sonne im Südosten die Wolken und erfüllte das Erkerfenster.
    Merrily sagte: «Und

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